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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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Abschnitten und andere Verhindernissen, solcherge-
stalt, daß niemanden, ohne die herabgelassenen leinen
Zug-Brücken, die doch von eines eintzigen Menschen
Händen leicht zu regieren sind, weder herüber, noch
hinüber zu kommen vermögend ist. Jndem nun alle
Seiten und Ecken durch unermüdeten vieljährigen
Fleiß in vollkommen guten Stand gesetzt waren, biß
auf noch etwas weniges an der West-Seite, allwo,
auf des Amias Angeben, noch ein ziemlich Stück
Felsen abgesprengt werden solte, versahe es der red-
liche Mann hierbey dermassen schlimm, daß, da er
sich nicht weit genung entfernet hatte, sein linckes
Bein durch ein grosses fliegendes Stein-Stücke er-
bärmlich gequetscht und zerschmettert wurde, wel-
cher Schade denn in wenig Tagen diesem redlichen
Manne, ohngeacht aller angewandten kräfftigen
Wund-Mittel, die auf unserer Jnsul in grosser Men-
ge anzutreffen sind, und die wir so wohl aus des
Don Cyrillo Anweisung, als aus eigener Erfahrung
ziemlich erkennen gelernet, sein edles Leben, wiewohl
im hohen Alter, doch bey gesunden Kräfften und fri-
chen Hertzen, uns allen aber noch viel zu früh, ver-
kürtzte.

Es war wohl kein eintziger, ausgenommen die
gantz jungen Kinder, auf dieser Jnsul anzutreffen,
der dem guten Robert, als dessen Bruders Sohne
in wehmüthigsten Klagen, wegen dieses unverhoff-
ten Todes-und Unglücks-Falles, nicht eifrige Ge-
sellschafft geleistet hätte, Jacob, Simon und Da-
vid,
die alle drey in der Tischler-Arbeit die geschick-
testen waren, machten ihm einen recht schönen
Sarg nach Teutscher Art, worein wir den zierlich

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Abſchnitten und andere Verhinderniſſen, ſolcherge-
ſtalt, daß niemanden, ohne die herabgelaſſenen leinen
Zug-Bruͤcken, die doch von eines eintzigen Menſchen
Haͤnden leicht zu regieren ſind, weder heruͤber, noch
hinuͤber zu kommen vermoͤgend iſt. Jndem nun alle
Seiten und Ecken durch unermuͤdeten vieljaͤhrigen
Fleiß in vollkommen guten Stand geſetzt waren, biß
auf noch etwas weniges an der Weſt-Seite, allwo,
auf des Amias Angeben, noch ein ziemlich Stuͤck
Felſen abgeſprengt werden ſolte, verſahe es der red-
liche Mann hierbey dermaſſen ſchlimm, daß, da er
ſich nicht weit genung entfernet hatte, ſein linckes
Bein durch ein groſſes fliegendes Stein-Stuͤcke er-
baͤrmlich gequetſcht und zerſchmettert wurde, wel-
cher Schade denn in wenig Tagen dieſem redlichen
Manne, ohngeacht aller angewandten kraͤfftigen
Wund-Mittel, die auf unſerer Jnſul in groſſer Men-
ge anzutreffen ſind, und die wir ſo wohl aus des
Don Cyrillo Anweiſung, als aus eigener Erfahrung
ziemlich erkennen gelernet, ſein edles Leben, wiewohl
im hohen Alter, doch bey geſunden Kraͤfften und fri-
chen Hertzen, uns allen aber noch viel zu fruͤh, ver-
kuͤrtzte.

Es war wohl kein eintziger, ausgenommen die
gantz jungen Kinder, auf dieſer Jnſul anzutreffen,
der dem guten Robert, als deſſen Bruders Sohne
in wehmuͤthigſten Klagen, wegen dieſes unverhoff-
ten Todes-und Ungluͤcks-Falles, nicht eifrige Ge-
ſellſchafft geleiſtet haͤtte, Jacob, Simon und Da-
vid,
die alle drey in der Tiſchler-Arbeit die geſchick-
teſten waren, machten ihm einen recht ſchoͤnen
Sarg nach Teutſcher Art, worein wir den zierlich

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[419/0433] Abſchnitten und andere Verhinderniſſen, ſolcherge- ſtalt, daß niemanden, ohne die herabgelaſſenen leinen Zug-Bruͤcken, die doch von eines eintzigen Menſchen Haͤnden leicht zu regieren ſind, weder heruͤber, noch hinuͤber zu kommen vermoͤgend iſt. Jndem nun alle Seiten und Ecken durch unermuͤdeten vieljaͤhrigen Fleiß in vollkommen guten Stand geſetzt waren, biß auf noch etwas weniges an der Weſt-Seite, allwo, auf des Amias Angeben, noch ein ziemlich Stuͤck Felſen abgeſprengt werden ſolte, verſahe es der red- liche Mann hierbey dermaſſen ſchlimm, daß, da er ſich nicht weit genung entfernet hatte, ſein linckes Bein durch ein groſſes fliegendes Stein-Stuͤcke er- baͤrmlich gequetſcht und zerſchmettert wurde, wel- cher Schade denn in wenig Tagen dieſem redlichen Manne, ohngeacht aller angewandten kraͤfftigen Wund-Mittel, die auf unſerer Jnſul in groſſer Men- ge anzutreffen ſind, und die wir ſo wohl aus des Don Cyrillo Anweiſung, als aus eigener Erfahrung ziemlich erkennen gelernet, ſein edles Leben, wiewohl im hohen Alter, doch bey geſunden Kraͤfften und fri- chen Hertzen, uns allen aber noch viel zu fruͤh, ver- kuͤrtzte. Es war wohl kein eintziger, ausgenommen die gantz jungen Kinder, auf dieſer Jnſul anzutreffen, der dem guten Robert, als deſſen Bruders Sohne in wehmuͤthigſten Klagen, wegen dieſes unverhoff- ten Todes-und Ungluͤcks-Falles, nicht eifrige Ge- ſellſchafft geleiſtet haͤtte, Jacob, Simon und Da- vid, die alle drey in der Tiſchler-Arbeit die geſchick- teſten waren, machten ihm einen recht ſchoͤnen Sarg nach Teutſcher Art, worein wir den zierlich an- D d 2

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/433>, abgerufen am 24.11.2024.