noch eine gute Zeit fort, endlich aber, da sie aufgehö- ret und einer alten Frauen etwas ins Ohr gesagt hatte; kam die letztere auf mich zu, und sagte auf ziemlich gut Holländisch: Wohl mein Herr! ihr habt ohne gebethene Erlaubniß euch die Freyheit genommen, meiner gnädigen Frauen im Tantze zu- zusehen, derowegen verlangt sie zu wissen, wer ihr seyd, nächst dem, daß ihr deroselben den Tantz be- zahlen sollet. Liebe Mutter, gab ich zur Antwort, ver- meldet eurer gnädigen Frauen meinen unterthänig- sten Respect, nächst dem, daß ich ein Unter-Officier von den hier am Cap liegenden Holländischen Schiffen sey, und das Vergnügen, so mir dieselbe mit ihrem zierlichen Tantzen erweckt, hertzlich gerne bezahlen will, wenn nur die Forderung mein Ver- mögen nicht übersteiget.
Die Alte hatte ihren Rapport kaum abgestattet, als sie mir, auf Befehl der Täntzerin näher zu kom- men, winckte. Jch gehorsamete, und muste mit in eine dick belaubte Hütte von, Wein-Reben eintre- ten, auch so gleich bey der gnadigen Frau Täntzerin Platz nehmen. Der nicht weniger recht wohl ge- bildete Tambour, so zum Tantze aufgetrummelt hatte, führte sich von selbsten ab, war also niemand bey uns als die alte Frau, in deren Gegenwart mich die gnädige Täntzerin mit der allerfreundlichsten Mine auf geradebrecht Holländisch anredete, und bath, ich möchte die Gnade haben und ihr selbsten er- zehlen, wer? woher? was ich sey? und wohin ich zu reisen gedächte, ich beantwortete alles, so wie es mir in die Gedancken kam, weil ich wohl wuste, daß ihr ein wahrhafftes Bekäntniß eben so viel gelten
konte,
noch eine gute Zeit fort, endlich aber, da ſie aufgehoͤ- ret und einer alten Frauen etwas ins Ohr geſagt hatte; kam die letztere auf mich zu, und ſagte auf ziemlich gut Hollaͤndiſch: Wohl mein Herr! ihr habt ohne gebethene Erlaubniß euch die Freyheit genommen, meiner gnaͤdigen Frauen im Tantze zu- zuſehen, derowegen verlangt ſie zu wiſſen, wer ihr ſeyd, naͤchſt dem, daß ihr deroſelben den Tantz be- zahlen ſollet. Liebe Mutter, gab ich zur Antwort, ver- meldet eurer gnaͤdigen Frauen meinen unterthaͤnig- ſten Reſpect, naͤchſt dem, daß ich ein Unter-Officier von den hier am Cap liegenden Hollaͤndiſchen Schiffen ſey, und das Vergnuͤgen, ſo mir dieſelbe mit ihrem zierlichen Tantzen erweckt, hertzlich gerne bezahlen will, wenn nur die Forderung mein Ver- moͤgen nicht uͤberſteiget.
Die Alte hatte ihren Rapport kaum abgeſtattet, als ſie mir, auf Befehl der Taͤntzerin naͤher zu kom- men, winckte. Jch gehorſamete, und muſte mit in eine dick belaubte Huͤtte von, Wein-Reben eintre- ten, auch ſo gleich bey der gnadigen Frau Taͤntzerin Platz nehmen. Der nicht weniger recht wohl ge- bildete Tambour, ſo zum Tantze aufgetrummelt hatte, fuͤhrte ſich von ſelbſten ab, war alſo niemand bey uns als die alte Frau, in deren Gegenwart mich die gnaͤdige Taͤntzerin mit der allerfreundlichſten Mine auf geradebrecht Hollaͤndiſch anredete, und bath, ich moͤchte die Gnade haben und ihr ſelbſten er- zehlen, wer? woher? was ich ſey? und wohin ich zu reiſen gedaͤchte, ich beantwortete alles, ſo wie es mir in die Gedancken kam, weil ich wohl wuſte, daß ihr ein wahrhafftes Bekaͤntniß eben ſo viel gelten
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noch eine gute Zeit fort, endlich aber, da ſie aufgehoͤ-
ret und einer alten Frauen etwas ins Ohr geſagt
hatte; kam die letztere auf mich zu, und ſagte auf
ziemlich gut Hollaͤndiſch: Wohl mein Herr! ihr
habt ohne gebethene Erlaubniß euch die Freyheit
genommen, meiner gnaͤdigen Frauen im Tantze zu-
zuſehen, derowegen verlangt ſie zu wiſſen, wer ihr
ſeyd, naͤchſt dem, daß ihr deroſelben den Tantz be-
zahlen ſollet. Liebe Mutter, gab ich zur Antwort, ver-
meldet eurer gnaͤdigen Frauen meinen unterthaͤnig-
ſten Reſpect, naͤchſt dem, daß ich ein Unter-Officier
von den hier am Cap liegenden Hollaͤndiſchen
Schiffen ſey, und das Vergnuͤgen, ſo mir dieſelbe
mit ihrem zierlichen Tantzen erweckt, hertzlich gerne
bezahlen will, wenn nur die Forderung mein Ver-
moͤgen nicht uͤberſteiget.
Die Alte hatte ihren Rapport kaum abgeſtattet,
als ſie mir, auf Befehl der Taͤntzerin naͤher zu kom-
men, winckte. Jch gehorſamete, und muſte mit in
eine dick belaubte Huͤtte von, Wein-Reben eintre-
ten, auch ſo gleich bey der gnadigen Frau Taͤntzerin
Platz nehmen. Der nicht weniger recht wohl ge-
bildete Tambour, ſo zum Tantze aufgetrummelt
hatte, fuͤhrte ſich von ſelbſten ab, war alſo niemand
bey uns als die alte Frau, in deren Gegenwart mich
die gnaͤdige Taͤntzerin mit der allerfreundlichſten
Mine auf geradebrecht Hollaͤndiſch anredete, und
bath, ich moͤchte die Gnade haben und ihr ſelbſten er-
zehlen, wer? woher? was ich ſey? und wohin ich zu
reiſen gedaͤchte, ich beantwortete alles, ſo wie es mir
in die Gedancken kam, weil ich wohl wuſte, daß ihr
ein wahrhafftes Bekaͤntniß eben ſo viel gelten
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/48>, abgerufen am 21.11.2024.
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