Ob nun schon der Capitain dieses Unternehmen anfangs vor allzu verwegen und gefährlich erkannte, so sahe er sich doch letzlich fast gezwungen, dem eif- srigen Verlangen der verliebten Venus-Brüder ein Genüge zu thun, und zwey Schiffe hierzu auszurü- sten deren eines ich als Unter-Hauptmann comman- dirte. Wir lieffen aus, und kamen auf Hispa- niola glücklich an Land. Es erreichten auch die Verliebten ihren erwünschten Zweck, indem sie etli- che 30. junge Weibes-Personen zu Schiffe brach- ten, ich aber, der ich hierbey die Arrier-Guarde füh- rete, war so unglücklich, von den nachsetzenden Spa- niern einen gefährlichen Schuß in die rechte Seite, und den andern durch die lincke Wade zu bekom- men, weßwegen ich nebst noch zweyen der Unsern, von den Spaniern erhascht, gefangen genommen, und zu ihrem Gouverneur gebracht wurde.
Ein grosses Glück war es bey unserm Unglück, daß uns derselbe in der ersten Furie nicht gleich auff- hencken ließ, weil er ein verzweiffelt hitziger Mann war. Jedoch wurden wir nach völlig erlangter Ge- sundheit wenig besser, ja fast eben so schlimm als die Türckischen Sclaven tractiret. Am allerschlimm- sten war dieses, daß ich nicht die geringste Gelegen- heit finden konte, meinem redlichen Capitain Nach- richt von meinem wiewohl elenden Leben zu geben, weil ich versichert war, daß er nichts sparen würde, mich zu befreyen. Nachdem ich aber 3 Jahr in solchen fämmerlichen Zustande hingebracht, erhielt ich die Zeitung, daß mein redlicher Capitain nebst meinen besten Freunden die Jnsul Bonatry, (oder Bon Ay- res auch Bon air, wie sie andere nennen,) verlassen,
und
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Ob nun ſchon der Capitain dieſes Unternehmen anfangs vor allzu verwegen und gefaͤhrlich erkannte, ſo ſahe er ſich doch letzlich faſt gezwungen, dem eif- ſrigen Verlangen der verliebten Venus-Bruͤder ein Genuͤge zu thun, und zwey Schiffe hierzu auszuruͤ- ſten deren eines ich als Unter-Hauptmann comman- dirte. Wir lieffen aus, und kamen auf Hiſpa- niola gluͤcklich an Land. Es erreichten auch die Verliebten ihren erwuͤnſchten Zweck, indem ſie etli- che 30. junge Weibes-Perſonen zu Schiffe brach- ten, ich aber, der ich hierbey die Arrier-Guarde fuͤh- rete, war ſo ungluͤcklich, von den nachſetzenden Spa- niern einen gefaͤhrlichen Schuß in die rechte Seite, und den andern durch die lincke Wade zu bekom- men, weßwegen ich nebſt noch zweyen der Unſern, von den Spaniern erhaſcht, gefangen genommen, und zu ihrem Gouverneur gebracht wurde.
Ein groſſes Gluͤck war es bey unſerm Ungluͤck, daß uns derſelbe in der erſten Furie nicht gleich auff- hencken ließ, weil er ein verzweiffelt hitziger Mann war. Jedoch wurden wir nach voͤllig erlangter Ge- ſundheit wenig beſſer, ja faſt eben ſo ſchlimm als die Tuͤrckiſchen Sclaven tractiret. Am allerſchlimm- ſten war dieſes, daß ich nicht die geringſte Gelegen- heit finden konte, meinem redlichen Capitain Nach- richt von meinem wiewohl elenden Leben zu geben, weil ich verſichert war, daß er nichts ſparen wuͤrde, mich zu befreyen. Nachdem ich aber 3 Jahr in ſolchen faͤmmerlichen Zuſtande hingebracht, erhielt ich die Zeitung, daß mein redlicher Capitain nebſt meinen beſten Freunden die Jnſul Bonatry, (oder Bon Ay- res auch Bon air, wie ſie andere nennen,) verlaſſen,
und
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Ob nun ſchon der Capitain dieſes Unternehmen
anfangs vor allzu verwegen und gefaͤhrlich erkannte,
ſo ſahe er ſich doch letzlich faſt gezwungen, dem eif-
ſrigen Verlangen der verliebten Venus-Bruͤder ein
Genuͤge zu thun, und zwey Schiffe hierzu auszuruͤ-
ſten deren eines ich als Unter-Hauptmann comman-
dirte. Wir lieffen aus, und kamen auf Hiſpa-
niola gluͤcklich an Land. Es erreichten auch die
Verliebten ihren erwuͤnſchten Zweck, indem ſie etli-
che 30. junge Weibes-Perſonen zu Schiffe brach-
ten, ich aber, der ich hierbey die Arrier-Guarde fuͤh-
rete, war ſo ungluͤcklich, von den nachſetzenden Spa-
niern einen gefaͤhrlichen Schuß in die rechte Seite,
und den andern durch die lincke Wade zu bekom-
men, weßwegen ich nebſt noch zweyen der Unſern,
von den Spaniern erhaſcht, gefangen genommen,
und zu ihrem Gouverneur gebracht wurde.
Ein groſſes Gluͤck war es bey unſerm Ungluͤck,
daß uns derſelbe in der erſten Furie nicht gleich auff-
hencken ließ, weil er ein verzweiffelt hitziger Mann
war. Jedoch wurden wir nach voͤllig erlangter Ge-
ſundheit wenig beſſer, ja faſt eben ſo ſchlimm als die
Tuͤrckiſchen Sclaven tractiret. Am allerſchlimm-
ſten war dieſes, daß ich nicht die geringſte Gelegen-
heit finden konte, meinem redlichen Capitain Nach-
richt von meinem wiewohl elenden Leben zu geben,
weil ich verſichert war, daß er nichts ſparen wuͤrde,
mich zu befreyen. Nachdem ich aber 3 Jahr in ſolchen
faͤmmerlichen Zuſtande hingebracht, erhielt ich die
Zeitung, daß mein redlicher Capitain nebſt meinen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/83>, abgerufen am 25.11.2024.
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