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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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wie geschwind griff ich nach meiner Büchse, wor-
innen die vortreffliche Salbe verwahret war, wo-
durch man sich in der Geschwindigkeit zum halben
Zigeuner machen konte. Jch folgete dem Posti-
lion
in den Stall, und beschmierete mich unver-
merckt, so viel als nöthig war, an Gesicht und Hän-
den, ließ geschwind meinen Coffre abpacken, zohe
ein fahles Kleid an, setzte eine braune gute Peruqve
auf, und ging eiligst auf dem Marckte herum spa-
zi
ren, allwo mir nach einer halben Stunde mein
Fräulein Charlotte unter etlichen andern adelichen
Dames in die Augen fiel. Vor Freude und Be-
kümmerniß war ich fast halb todt, iedoch, da sie
bald hernach in ein grosses Gast-Haus gingen, vor
welchen ihre Carossen unangespannet stunden,
schlich ich mich gegen über in ein Wein-Haus, for-
derte Feder und Dinte, hatte immer ein Auge aufs
Fenster, das andere aber aufs Papier gerichtet,
und schrieb in der Geschwindigkeit ohngefehr fol-
gende Zeilen:

Allerschönstes Fräulein.

Euer allergetreuster Verehrer F. L. ist all-
hier zugegen, und hat bereits das Glück
gehabt, euch als eine Sonne unter andern
blassen Sternen von ferne zu sehen. Lasset
ihm wissen, ob er sich noch den Eurigen nen-
nen darff, oder ob derjenige Sturm, welchen
seine Seele auch entfernet, ebenfalls em-
pfunden, die Wurtzel der zu ihm getragenen
Gunst aus Eurem Hertzen gerissen hat. Jch
muß selbiges zwar nicht ohne Ursache be-
fürchten, kan es aber fast unmöglich glau-

ben,
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wie geſchwind griff ich nach meiner Buͤchſe, wor-
innen die vortreffliche Salbe verwahret war, wo-
durch man ſich in der Geſchwindigkeit zum halben
Zigeuner machen konte. Jch folgete dem Poſti-
lion
in den Stall, und beſchmierete mich unver-
merckt, ſo viel als noͤthig war, an Geſicht und Haͤn-
den, ließ geſchwind meinen Coffre abpacken, zohe
ein fahles Kleid an, ſetzte eine braune gute Peruqve
auf, und ging eiligſt auf dem Marckte herum ſpa-
zi
ren, allwo mir nach einer halben Stunde mein
Fraͤulein Charlotte unter etlichen andern adelichen
Dames in die Augen fiel. Vor Freude und Be-
kuͤmmerniß war ich faſt halb todt, iedoch, da ſie
bald hernach in ein groſſes Gaſt-Haus gingen, vor
welchen ihre Caroſſen unangeſpannet ſtunden,
ſchlich ich mich gegen uͤber in ein Wein-Haus, for-
derte Feder und Dinte, hatte immer ein Auge aufs
Fenſter, das andere aber aufs Papier gerichtet,
und ſchrieb in der Geſchwindigkeit ohngefehr fol-
gende Zeilen:

Allerſchoͤnſtes Fraͤulein.

Euer allergetreuſter Verehrer F. L. iſt all-
hier zugegen, und hat bereits das Gluͤck
gehabt, euch als eine Sonne unter andern
blaſſen Sternen von ferne zu ſehen. Laſſet
ihm wiſſen, ob er ſich noch den Eurigen nen-
nen darff, oder ob derjenige Sturm, welchen
ſeine Seele auch entfernet, ebenfalls em-
pfunden, die Wurtzel der zu ihm getragenen
Gunſt aus Eurem Hertzen geriſſen hat. Jch
muß ſelbiges zwar nicht ohne Urſache be-
fuͤrchten, kan es aber faſt unmoͤglich glau-

ben,
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[137/0151] wie geſchwind griff ich nach meiner Buͤchſe, wor- innen die vortreffliche Salbe verwahret war, wo- durch man ſich in der Geſchwindigkeit zum halben Zigeuner machen konte. Jch folgete dem Poſti- lion in den Stall, und beſchmierete mich unver- merckt, ſo viel als noͤthig war, an Geſicht und Haͤn- den, ließ geſchwind meinen Coffre abpacken, zohe ein fahles Kleid an, ſetzte eine braune gute Peruqve auf, und ging eiligſt auf dem Marckte herum ſpa- ziren, allwo mir nach einer halben Stunde mein Fraͤulein Charlotte unter etlichen andern adelichen Dames in die Augen fiel. Vor Freude und Be- kuͤmmerniß war ich faſt halb todt, iedoch, da ſie bald hernach in ein groſſes Gaſt-Haus gingen, vor welchen ihre Caroſſen unangeſpannet ſtunden, ſchlich ich mich gegen uͤber in ein Wein-Haus, for- derte Feder und Dinte, hatte immer ein Auge aufs Fenſter, das andere aber aufs Papier gerichtet, und ſchrieb in der Geſchwindigkeit ohngefehr fol- gende Zeilen: Allerſchoͤnſtes Fraͤulein. Euer allergetreuſter Verehrer F. L. iſt all- hier zugegen, und hat bereits das Gluͤck gehabt, euch als eine Sonne unter andern blaſſen Sternen von ferne zu ſehen. Laſſet ihm wiſſen, ob er ſich noch den Eurigen nen- nen darff, oder ob derjenige Sturm, welchen ſeine Seele auch entfernet, ebenfalls em- pfunden, die Wurtzel der zu ihm getragenen Gunſt aus Eurem Hertzen geriſſen hat. Jch muß ſelbiges zwar nicht ohne Urſache be- fuͤrchten, kan es aber faſt unmoͤglich glau- ben, i 5

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/151>, abgerufen am 23.11.2024.