Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

bekandte Sachen lassen sich um so viel desto leichter
in meinem ohnedem sehr guten Gedächtnisse erhal-
ten. Hierauf veränderte er das Gespräch, iedoch
nur in etwas, und gab mir vortreffliche Lehren, die
jenige Arbeit, welche ich unter Händen hatte, mit
Renommee zu absolviren. Auf Befragen aber, wie
ich mich in der Haupt-Sache zu verhalten hätte,
sprach er: Seyd nicht so ungestüm, mein Herr, son-
dern erwartet die Zeit. Morgen früh werde ich
euch noch einige gefällige Dienste erzeigen, voritzo
aber erlaubet mir einige Stunden zu schlafen.

Es wäre eine Grobheit gewesen, den Gast wei-
ter zu incommodiren, derowegen legten wir uns in
zwey besondere Betten nieder, ich kunte vor Freude,
Furcht und Warten der Dinge, die kommen solten
kein Auge zu thun, bis mein Gast, so bald der Him-
mel grauete, aufstund, mich gleichfalls weckte, und
sich ankleidete. Nachdem verrichtete er sein Morgen-
Gebet kniend sehr stille am Cammer-Fenster, mitt-
lerweile hatte ich einen glüenden Wein bereitet, von
welchem er 4. oder 5. Tassen zu sich nahm, und mich
nachhero bat mit ihm ins Feld zu spatziren. Jch
fragte: Ob er denn vielleicht schon Abschied von mir
nehmen, und nicht noch einen Tag und Nacht aus-
ruhen wolte? Seine Antwort war: Jch kan nicht
länger bleiben, mein Freund, habt Danck vor euren
guten Willen, unterwegs auf freyen Felde werde
noch etwas weniges von eurem Vergnügen spre-
chen. Solchergestalt sahe mich betrübter weise
gezwungen, ihm zu gehorsamen, und auf den Weg
zu begleiten, unterwegs offenbarete er mir noch ver-
schiedene chymische treffliche Vortheile, allein we-

gen

bekandte Sachen laſſen ſich um ſo viel deſto leichter
in meinem ohnedem ſehr guten Gedaͤchtniſſe erhal-
ten. Hierauf veraͤnderte er das Geſpraͤch, iedoch
nur in etwas, und gab mir vortreffliche Lehren, die
jenige Arbeit, welche ich unter Haͤnden hatte, mit
Renommee zu abſolviren. Auf Befragen aber, wie
ich mich in der Haupt-Sache zu verhalten haͤtte,
ſprach er: Seyd nicht ſo ungeſtuͤm, mein Herr, ſon-
dern erwartet die Zeit. Morgen fruͤh werde ich
euch noch einige gefaͤllige Dienſte erzeigen, voritzo
aber erlaubet mir einige Stunden zu ſchlafen.

Es waͤre eine Grobheit geweſen, den Gaſt wei-
ter zu incommodiren, derowegen legten wir uns in
zwey beſondere Betten nieder, ich kunte vor Freude,
Furcht und Warten der Dinge, die kommen ſolten
kein Auge zu thun, bis mein Gaſt, ſo bald der Him-
mel grauete, aufſtund, mich gleichfalls weckte, und
ſich ankleidete. Nachdem verrichtete er ſein Morgen-
Gebet kniend ſehr ſtille am Cammer-Fenſter, mitt-
lerweile hatte ich einen gluͤenden Wein bereitet, von
welchem er 4. oder 5. Taſſen zu ſich nahm, und mich
nachhero bat mit ihm ins Feld zu ſpatziren. Jch
fragte: Ob er denn vielleicht ſchon Abſchied von mir
nehmen, und nicht noch einen Tag und Nacht aus-
ruhen wolte? Seine Antwort war: Jch kan nicht
laͤnger bleiben, mein Freund, habt Danck vor euren
guten Willen, unterwegs auf freyen Felde werde
noch etwas weniges von eurem Vergnuͤgen ſpre-
chen. Solchergeſtalt ſahe mich betruͤbter weiſe
gezwungen, ihm zu gehorſamen, und auf den Weg
zu begleiten, unterwegs offenbarete er mir noch ver-
ſchiedene chymiſche treffliche Vortheile, allein we-

gen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0317" n="303"/>
bekandte Sachen la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich um &#x017F;o viel de&#x017F;to leichter<lb/>
in meinem ohnedem &#x017F;ehr guten Geda&#x0364;chtni&#x017F;&#x017F;e erhal-<lb/>
ten. Hierauf vera&#x0364;nderte er das Ge&#x017F;pra&#x0364;ch, iedoch<lb/>
nur in etwas, und gab mir vortreffliche Lehren, die<lb/>
jenige Arbeit, welche ich unter Ha&#x0364;nden hatte, mit<lb/><hi rendition="#aq">Renommee</hi> zu <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olvir</hi>en. Auf Befragen aber, wie<lb/>
ich mich in der Haupt-Sache zu verhalten ha&#x0364;tte,<lb/>
&#x017F;prach er: Seyd nicht &#x017F;o unge&#x017F;tu&#x0364;m, mein Herr, &#x017F;on-<lb/>
dern erwartet die Zeit. Morgen fru&#x0364;h werde ich<lb/>
euch noch einige gefa&#x0364;llige Dien&#x017F;te erzeigen, voritzo<lb/>
aber erlaubet mir einige Stunden zu &#x017F;chlafen.</p><lb/>
          <p>Es wa&#x0364;re eine Grobheit gewe&#x017F;en, den Ga&#x017F;t wei-<lb/>
ter zu <hi rendition="#aq">incommodi</hi>ren, derowegen legten wir uns in<lb/>
zwey be&#x017F;ondere Betten nieder, ich kunte vor Freude,<lb/>
Furcht und Warten der Dinge, die kommen &#x017F;olten<lb/>
kein Auge zu thun, bis mein Ga&#x017F;t, &#x017F;o bald der Him-<lb/>
mel grauete, auf&#x017F;tund, mich gleichfalls weckte, und<lb/>
&#x017F;ich ankleidete. Nachdem verrichtete er &#x017F;ein Morgen-<lb/>
Gebet kniend &#x017F;ehr &#x017F;tille am Cammer-Fen&#x017F;ter, mitt-<lb/>
lerweile hatte ich einen glu&#x0364;enden Wein bereitet, von<lb/>
welchem er 4. oder 5. <hi rendition="#aq">Ta&#x017F;&#x017F;en</hi> zu &#x017F;ich nahm, und mich<lb/>
nachhero bat mit ihm ins Feld zu &#x017F;patziren. Jch<lb/>
fragte: Ob er denn vielleicht &#x017F;chon Ab&#x017F;chied von mir<lb/>
nehmen, und nicht noch einen Tag und Nacht aus-<lb/>
ruhen wolte? Seine Antwort war: Jch kan nicht<lb/>
la&#x0364;nger bleiben, mein Freund, habt Danck vor euren<lb/>
guten Willen, unterwegs auf freyen Felde werde<lb/>
noch etwas weniges von eurem Vergnu&#x0364;gen &#x017F;pre-<lb/>
chen. Solcherge&#x017F;talt &#x017F;ahe mich betru&#x0364;bter wei&#x017F;e<lb/>
gezwungen, ihm zu gehor&#x017F;amen, und auf den Weg<lb/>
zu begleiten, unterwegs offenbarete er mir noch ver-<lb/>
&#x017F;chiedene <hi rendition="#aq">chymi</hi>&#x017F;che treffliche Vortheile, allein we-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[303/0317] bekandte Sachen laſſen ſich um ſo viel deſto leichter in meinem ohnedem ſehr guten Gedaͤchtniſſe erhal- ten. Hierauf veraͤnderte er das Geſpraͤch, iedoch nur in etwas, und gab mir vortreffliche Lehren, die jenige Arbeit, welche ich unter Haͤnden hatte, mit Renommee zu abſolviren. Auf Befragen aber, wie ich mich in der Haupt-Sache zu verhalten haͤtte, ſprach er: Seyd nicht ſo ungeſtuͤm, mein Herr, ſon- dern erwartet die Zeit. Morgen fruͤh werde ich euch noch einige gefaͤllige Dienſte erzeigen, voritzo aber erlaubet mir einige Stunden zu ſchlafen. Es waͤre eine Grobheit geweſen, den Gaſt wei- ter zu incommodiren, derowegen legten wir uns in zwey beſondere Betten nieder, ich kunte vor Freude, Furcht und Warten der Dinge, die kommen ſolten kein Auge zu thun, bis mein Gaſt, ſo bald der Him- mel grauete, aufſtund, mich gleichfalls weckte, und ſich ankleidete. Nachdem verrichtete er ſein Morgen- Gebet kniend ſehr ſtille am Cammer-Fenſter, mitt- lerweile hatte ich einen gluͤenden Wein bereitet, von welchem er 4. oder 5. Taſſen zu ſich nahm, und mich nachhero bat mit ihm ins Feld zu ſpatziren. Jch fragte: Ob er denn vielleicht ſchon Abſchied von mir nehmen, und nicht noch einen Tag und Nacht aus- ruhen wolte? Seine Antwort war: Jch kan nicht laͤnger bleiben, mein Freund, habt Danck vor euren guten Willen, unterwegs auf freyen Felde werde noch etwas weniges von eurem Vergnuͤgen ſpre- chen. Solchergeſtalt ſahe mich betruͤbter weiſe gezwungen, ihm zu gehorſamen, und auf den Weg zu begleiten, unterwegs offenbarete er mir noch ver- ſchiedene chymiſche treffliche Vortheile, allein we- gen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/317
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/317>, abgerufen am 22.11.2024.