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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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werck ein, und zwar bey der Gelegenheit, da unsers
Pfarrherrns Bruder, als ein berühmter Meister, in
dasiger Kirche einen neuen Altar, Cantzel, Tauffstein
und Orgel bauen halff.

Anfänglich wolte zwar, so wohl bey dem Pfarr-
herrn, als bey dem Meister, ein Zweifel entstehen,
ob ich wegen ausgestandener gefährlichen Kranck-
heit, der, mit diesem Handwercke verknüpften
schweren Arbeit gewachsen seyn möchte, jedoch ich
befand mich innerlich und äusserlich dermassen wohl
auscurirt, daß ich ihnen diesen Zweifel mit gutem
Recht ausreden konte, und also wurde ich um ein
billiges Lehr-Geld, welches der Pfarrer zur Helffte
aus seinem Beutel bezahlete, meinem Vater zum
ziemlichen Verdruß, in die Lehre genommen, kan
auch nicht anders gedencken, als daß dergleichen Re-
solution
dem Himmel gefällig gewesen, weil ich seit
der Zeit nicht den geringsten Anfall von einer inner-
lichen Kranckheit gehabt habe. Mein Meister war,
wie gesagt, ein sehr künstlicher Mann, sonderlich im
fourniren und anderer subtiler und künstlicher
Tischer-Arbeit, ausserdem nahm er wenig andere als
Kirchen-Arbeit an, von gemeinen und groben Sa-
chen aber gar nichts. Jch fand mich währender
Lehrzeit in dem allermeisten nach seinem Wunsche,
nachdem ich aber ausgelernet, blieb ich noch zwey
Jahr um halbes Lohn bey ihm, und zwar darum, weil
er sich keiner Mühe verdriessen ließ, mich in den Haupt-
Stücken der Architectur zu unterrichten, als welche
er sehr wohl verstund.

Mittlerweile war mein Vater gestorben, die
Mutter abgebrannt, also hatten wir Kinder, ein

iedes

werck ein, und zwar bey der Gelegenheit, da unſers
Pfarrherrns Bruder, als ein beruͤhmter Meiſter, in
daſiger Kirche einen neuen Altar, Cantzel, Tauffſtein
und Orgel bauen halff.

Anfaͤnglich wolte zwar, ſo wohl bey dem Pfarr-
herrn, als bey dem Meiſter, ein Zweifel entſtehen,
ob ich wegen ausgeſtandener gefaͤhrlichen Kranck-
heit, der, mit dieſem Handwercke verknuͤpften
ſchweren Arbeit gewachſen ſeyn moͤchte, jedoch ich
befand mich innerlich und aͤuſſerlich dermaſſen wohl
auscurirt, daß ich ihnen dieſen Zweifel mit gutem
Recht ausreden konte, und alſo wurde ich um ein
billiges Lehr-Geld, welches der Pfarrer zur Helffte
aus ſeinem Beutel bezahlete, meinem Vater zum
ziemlichen Verdruß, in die Lehre genommen, kan
auch nicht anders gedencken, als daß dergleichen Re-
ſolution
dem Himmel gefaͤllig geweſen, weil ich ſeit
der Zeit nicht den geringſten Anfall von einer inner-
lichen Kranckheit gehabt habe. Mein Meiſter war,
wie geſagt, ein ſehr kuͤnſtlicher Mann, ſonderlich im
fourniren und anderer ſubtiler und kuͤnſtlicher
Tiſcher-Arbeit, auſſerdem nahm er wenig andere als
Kirchen-Arbeit an, von gemeinen und groben Sa-
chen aber gar nichts. Jch fand mich waͤhrender
Lehrzeit in dem allermeiſten nach ſeinem Wunſche,
nachdem ich aber ausgelernet, blieb ich noch zwey
Jahr um halbes Lohn bey ihm, und zwar darum, weil
er ſich keiner Muͤhe verdrieſſen ließ, mich in den Haupt-
Stuͤcken der Architectur zu unterrichten, als welche
er ſehr wohl verſtund.

Mittlerweile war mein Vater geſtorben, die
Mutter abgebrannt, alſo hatten wir Kinder, ein

iedes
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[331/0345] werck ein, und zwar bey der Gelegenheit, da unſers Pfarrherrns Bruder, als ein beruͤhmter Meiſter, in daſiger Kirche einen neuen Altar, Cantzel, Tauffſtein und Orgel bauen halff. Anfaͤnglich wolte zwar, ſo wohl bey dem Pfarr- herrn, als bey dem Meiſter, ein Zweifel entſtehen, ob ich wegen ausgeſtandener gefaͤhrlichen Kranck- heit, der, mit dieſem Handwercke verknuͤpften ſchweren Arbeit gewachſen ſeyn moͤchte, jedoch ich befand mich innerlich und aͤuſſerlich dermaſſen wohl auscurirt, daß ich ihnen dieſen Zweifel mit gutem Recht ausreden konte, und alſo wurde ich um ein billiges Lehr-Geld, welches der Pfarrer zur Helffte aus ſeinem Beutel bezahlete, meinem Vater zum ziemlichen Verdruß, in die Lehre genommen, kan auch nicht anders gedencken, als daß dergleichen Re- ſolution dem Himmel gefaͤllig geweſen, weil ich ſeit der Zeit nicht den geringſten Anfall von einer inner- lichen Kranckheit gehabt habe. Mein Meiſter war, wie geſagt, ein ſehr kuͤnſtlicher Mann, ſonderlich im fourniren und anderer ſubtiler und kuͤnſtlicher Tiſcher-Arbeit, auſſerdem nahm er wenig andere als Kirchen-Arbeit an, von gemeinen und groben Sa- chen aber gar nichts. Jch fand mich waͤhrender Lehrzeit in dem allermeiſten nach ſeinem Wunſche, nachdem ich aber ausgelernet, blieb ich noch zwey Jahr um halbes Lohn bey ihm, und zwar darum, weil er ſich keiner Muͤhe verdrieſſen ließ, mich in den Haupt- Stuͤcken der Architectur zu unterrichten, als welche er ſehr wohl verſtund. Mittlerweile war mein Vater geſtorben, die Mutter abgebrannt, alſo hatten wir Kinder, ein iedes

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/345>, abgerufen am 22.11.2024.