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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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pagnons das Durchwischen unmöglich, weil die 3.
Fenster mit eisernen Stäben allzu fest besetzt waren.
Allein hierzu wurde bald Rath, denn ich riß einen
nach dem andern aus der Mauer, und also sprun-
gen wir auch einer nach dem andern zun Fenstern
heraus. Diese waren nun zwar auch mit einer gerin-
gen Mannschafft besetzt, allein ich schlug mich glück-
lich durch, und kam ohnbeschädigt in meinem Logis
an.

Folgenden Morgen besuchte mich einer von den
gestrigen Zechbrüdern, der sich, le Pressoir nennete,
und berichtete, daß la Rosee nebst noch einem an-
dern dennoch von der Wacht attrapirt und ins
Chastelet geführet worden, über dieses wäre auch
der Kerl, welchen ich mit dem Kopffe so hart an die
Mauer gestossen, crepiret, derowegen der beste
Rath, wenn ich mein Quartier veränderte, weil man
mich hier leicht ausforschen und zu dem la Rosee
setzen könte. Demnach ließ ich mich von diesem
Schein-Freunde bereden, mit in sein eigenes Logis
zu ziehen, allwo ich schöne Gelegenheit, aber fast
täglich solche Personen um mich hatte, welche den
Krams-Vögeln gar nicht, den Galgen-Vögeln
aber desto ähnlicher sahen. Le Pressoir brach end-
lich beym Truncke, und | zwar da wir gantz allein bey-
sammen waren, mit dem gantzen Geheimnisse her-
aus, daß nehmlich er und seine Gefährten Cartou-
chianer
,
auf deutsch Mitgesellen der aller berühm-
testen Spitz-Buben-Bande unter allen wären, die
dermahlen auf der gantzen Welt florirten.

Jch erschrack hierüber von Hertzen, und zwar
dermassen, daß mir der kalte Schweiß austrat, denn

im
II. Theil. b b

pagnons das Durchwiſchen unmoͤglich, weil die 3.
Fenſter mit eiſernen Staͤben allzu feſt beſetzt waren.
Allein hierzu wurde bald Rath, denn ich riß einen
nach dem andern aus der Mauer, und alſo ſprun-
gen wir auch einer nach dem andern zun Fenſtern
heraus. Dieſe waren nun zwar auch mit einer gerin-
gen Mannſchafft beſetzt, allein ich ſchlug mich gluͤck-
lich durch, und kam ohnbeſchaͤdigt in meinem Logis
an.

Folgenden Morgen beſuchte mich einer von den
geſtrigen Zechbruͤdern, der ſich, le Preſſoir nennete,
und berichtete, daß la Roſée nebſt noch einem an-
dern dennoch von der Wacht attrapirt und ins
Chaſtelet gefuͤhret worden, uͤber dieſes waͤre auch
der Kerl, welchen ich mit dem Kopffe ſo hart an die
Mauer geſtoſſen, crepiret, derowegen der beſte
Rath, wenn ich mein Quartier veraͤnderte, weil man
mich hier leicht ausforſchen und zu dem la Roſée
ſetzen koͤnte. Demnach ließ ich mich von dieſem
Schein-Freunde bereden, mit in ſein eigenes Logis
zu ziehen, allwo ich ſchoͤne Gelegenheit, aber faſt
taͤglich ſolche Perſonen um mich hatte, welche den
Krams-Voͤgeln gar nicht, den Galgen-Voͤgeln
aber deſto aͤhnlicher ſahen. Le Presſoir brach end-
lich beym Truncke, und | zwar da wir gantz allein bey-
ſammen waren, mit dem gantzen Geheimniſſe her-
aus, daß nehmlich er und ſeine Gefaͤhrten Cartou-
chianer
,
auf deutſch Mitgeſellen der aller beruͤhm-
teſten Spitz-Buben-Bande unter allen waͤren, die
dermahlen auf der gantzen Welt florirten.

Jch erſchrack hieruͤber von Hertzen, und zwar
dermaſſen, daß mir der kalte Schweiß austrat, denn

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II. Theil. b b
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[385/0399] pagnons das Durchwiſchen unmoͤglich, weil die 3. Fenſter mit eiſernen Staͤben allzu feſt beſetzt waren. Allein hierzu wurde bald Rath, denn ich riß einen nach dem andern aus der Mauer, und alſo ſprun- gen wir auch einer nach dem andern zun Fenſtern heraus. Dieſe waren nun zwar auch mit einer gerin- gen Mannſchafft beſetzt, allein ich ſchlug mich gluͤck- lich durch, und kam ohnbeſchaͤdigt in meinem Logis an. Folgenden Morgen beſuchte mich einer von den geſtrigen Zechbruͤdern, der ſich, le Preſſoir nennete, und berichtete, daß la Roſée nebſt noch einem an- dern dennoch von der Wacht attrapirt und ins Chaſtelet gefuͤhret worden, uͤber dieſes waͤre auch der Kerl, welchen ich mit dem Kopffe ſo hart an die Mauer geſtoſſen, crepiret, derowegen der beſte Rath, wenn ich mein Quartier veraͤnderte, weil man mich hier leicht ausforſchen und zu dem la Roſée ſetzen koͤnte. Demnach ließ ich mich von dieſem Schein-Freunde bereden, mit in ſein eigenes Logis zu ziehen, allwo ich ſchoͤne Gelegenheit, aber faſt taͤglich ſolche Perſonen um mich hatte, welche den Krams-Voͤgeln gar nicht, den Galgen-Voͤgeln aber deſto aͤhnlicher ſahen. Le Presſoir brach end- lich beym Truncke, und | zwar da wir gantz allein bey- ſammen waren, mit dem gantzen Geheimniſſe her- aus, daß nehmlich er und ſeine Gefaͤhrten Cartou- chianer, auf deutſch Mitgeſellen der aller beruͤhm- teſten Spitz-Buben-Bande unter allen waͤren, die dermahlen auf der gantzen Welt florirten. Jch erſchrack hieruͤber von Hertzen, und zwar dermaſſen, daß mir der kalte Schweiß austrat, denn im II. Theil. b b

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/399>, abgerufen am 27.11.2024.