bey mir die meiste Lust fände, also wurde meinem ei- genen Triebe gewillfahret, und ich bey einem Drechßler aufgedungen, weil der Bildhauer vors erste allzuviel Lehr-Geld forderte, vors andere aber zu verstehen gab, daß er, als ein betagter Mann, keine besondere Lust mehr hätte, Jungens anzunehmen, in- dem er schwerlich glaubte, noch 5. Jahre, als so lan- ge ich stehen solte, zu überleben. Zum Lehr-Gelde und Bette durfften meine Eltern nicht eines Hellers werth Beytrag thun, denn mein gutthätiger Re- ctor, legte in aller Stille, unter einigen, so wohl ein- heimischen als auswärtigen guten Freunden, eine kleine Lotterie zum Lust-Spiele an, worbey die Einlage 3. Ggr. der beste Gewinnst aber 12. Thlr. war, und von diesem Spiele tröpfelte also so viel ab, jedoch mit Vorbewußt aller Interessenten, denen die richtige Eintheilung vorgelegt wurde, daß mein völliges Lehr-Geld heraus kam. Jch gewann mit 2. Loosen selbst 2. Thlr. 16. Ggr. darbey, bekam auch von einigen Wohlthätern so viel geschenckt, daß davon, in den ersten 2. Jahren, nothdürfftige Kleidung und Wäsche anschaffen konte.
Nachdem meine Lehr-Jahre verflossen, und ich noch etwas Zeit darüber, bey dem Lehr-Meister ge- blieben, anbey im Standewar, hinführo meinen Lohn in der Fremde redlich zu verdienen, begab ich mich endlich aufs reisen, und war binnen 11. Jahren im- mer so glücklich, bey den besten Meistern Arbeit zu bekommen, sonderlich aber die künstlichen Sachen aus Elffenbein und Meßing drehen zu lernen, über alles dieses, hing ich meiner ehemahligen Lust zur Bildhauerey annoch sehr nach, und machte bey
müßigen
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bey mir die meiſte Luſt faͤnde, alſo wurde meinem ei- genen Triebe gewillfahret, und ich bey einem Drechßler aufgedungen, weil der Bildhauer vors erſte allzuviel Lehr-Geld forderte, vors andere aber zu verſtehen gab, daß er, als ein betagter Mann, keine beſondere Luſt mehr haͤtte, Jungens anzunehmen, in- dem er ſchwerlich glaubte, noch 5. Jahre, als ſo lan- ge ich ſtehen ſolte, zu uͤberleben. Zum Lehr-Gelde und Bette durfften meine Eltern nicht eines Hellers werth Beytrag thun, denn mein gutthaͤtiger Re- ctor, legte in aller Stille, unter einigen, ſo wohl ein- heimiſchen als auswaͤrtigen guten Freunden, eine kleine Lotterie zum Luſt-Spiele an, worbey die Einlage 3. Ggr. der beſte Gewinnſt aber 12. Thlr. war, und von dieſem Spiele troͤpfelte alſo ſo viel ab, jedoch mit Vorbewußt aller Intereſſenten, denen die richtige Eintheilung vorgelegt wurde, daß mein voͤlliges Lehr-Geld heraus kam. Jch gewann mit 2. Looſen ſelbſt 2. Thlr. 16. Ggr. darbey, bekam auch von einigen Wohlthaͤtern ſo viel geſchenckt, daß davon, in den erſten 2. Jahren, nothduͤrfftige Kleidung und Waͤſche anſchaffen konte.
Nachdem meine Lehr-Jahre verfloſſen, und ich noch etwas Zeit daruͤber, bey dem Lehr-Meiſter ge- blieben, anbey im Standewar, hinfuͤhro meinen Lohn in der Fremde redlich zu verdienen, begab ich mich endlich aufs reiſen, und war binnen 11. Jahren im- mer ſo gluͤcklich, bey den beſten Meiſtern Arbeit zu bekommen, ſonderlich aber die kuͤnſtlichen Sachen aus Elffenbein und Meßing drehen zu lernen, uͤber alles dieſes, hing ich meiner ehemahligen Luſt zur Bildhauerey annoch ſehr nach, und machte bey
muͤßigen
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bey mir die meiſte Luſt faͤnde, alſo wurde meinem ei-
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Drechßler aufgedungen, weil der Bildhauer vors
erſte allzuviel Lehr-Geld forderte, vors andere aber
zu verſtehen gab, daß er, als ein betagter Mann, keine
beſondere Luſt mehr haͤtte, Jungens anzunehmen, in-
dem er ſchwerlich glaubte, noch 5. Jahre, als ſo lan-
ge ich ſtehen ſolte, zu uͤberleben. Zum Lehr-Gelde
und Bette durfften meine Eltern nicht eines Hellers
werth Beytrag thun, denn mein gutthaͤtiger Re-
ctor, legte in aller Stille, unter einigen, ſo wohl ein-
heimiſchen als auswaͤrtigen guten Freunden, eine
kleine Lotterie zum Luſt-Spiele an, worbey die
Einlage 3. Ggr. der beſte Gewinnſt aber 12. Thlr.
war, und von dieſem Spiele troͤpfelte alſo ſo viel
ab, jedoch mit Vorbewußt aller Intereſſenten, denen
die richtige Eintheilung vorgelegt wurde, daß mein
voͤlliges Lehr-Geld heraus kam. Jch gewann mit 2.
Looſen ſelbſt 2. Thlr. 16. Ggr. darbey, bekam auch von
einigen Wohlthaͤtern ſo viel geſchenckt, daß davon,
in den erſten 2. Jahren, nothduͤrfftige Kleidung und
Waͤſche anſchaffen konte.
Nachdem meine Lehr-Jahre verfloſſen, und ich
noch etwas Zeit daruͤber, bey dem Lehr-Meiſter ge-
blieben, anbey im Standewar, hinfuͤhro meinen Lohn
in der Fremde redlich zu verdienen, begab ich mich
endlich aufs reiſen, und war binnen 11. Jahren im-
mer ſo gluͤcklich, bey den beſten Meiſtern Arbeit zu
bekommen, ſonderlich aber die kuͤnſtlichen Sachen
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/421>, abgerufen am 29.11.2024.
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