Kopfe und im Leben hätte, zu dancken schuldig, so versprach er dagegen meinen alten Vater, wo- chentlich 3. Tage von seinem Tische zu speisen, auch ihm, wie bishero schon geschehen, alle Sonntage ein Nössel Wein zur Stärckung, und zwar auf Lebens- Zeit zu reichen. Allein, mein lieber alter Vater starb etwa 8. Wochen hernach, ich aber erhielt mit grosser Mühe die Erlaubniß, ihm auf dem Hospitals Kirch- Hofe eine Gedächtniß-Tafel, die ich mit eigener Hand so künstlich, als mir möglich war, verfertigte, aufzurichten. Selbige Tafel war 2. Ellen hoch, fast eine Elle breit, und zeigete in einer ausgeschnitz- ten Devise das Bildniß Christi, vor welchem mein Vater, nach allen seinen Lineamenten abgebildet, auf den Knien lag, und mit den Händen 4. Gewicht- Stücken, auf deren jeden das Zeichen 1. Centn. be- merckt, an ihren Rincken hielt. Von seinem Mun- de an, waren in zweyen Zeilen folgende Worte aus- geschnitzt: HErr! du hast mir zween Centner gethan, siehe da, ich habe mit denselben zwe- en andere gewonnen. Aus dem Munde des Welt-Heylandes aber, der in seiner rechten Hand einen Oel-Zweig, und in der lincken einen Reichs- Apfel hielt, flossen diese Worte: Ey! du frommer und getreuer Knecht, du bist über wenig ge- treu gewesen, ich will dich über viel setzen, gehe ein zu deines HERRN Freude. Zu oberst hatte ich die himmlische Glorie, unten auf der Erden herum aber, meines Vaters Hand-wercks- Zeug, nemlich einen Bothen-Spies, Grabscheit, Schauffel, Hacke, Schubkarn und dergleichen, sehr sauber ausgeschnitzt, ferner einige Nachricht von sei-
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Kopfe und im Leben haͤtte, zu dancken ſchuldig, ſo verſprach er dagegen meinen alten Vater, wo- chentlich 3. Tage von ſeinem Tiſche zu ſpeiſen, auch ihm, wie bishero ſchon geſchehen, alle Sonntage ein Noͤſſel Wein zur Staͤrckung, und zwar auf Lebens- Zeit zu reichen. Allein, mein lieber alter Vater ſtarb etwa 8. Wochen hernach, ich aber erhielt mit groſſer Muͤhe die Erlaubniß, ihm auf dem Hoſpitals Kirch- Hofe eine Gedaͤchtniß-Tafel, die ich mit eigener Hand ſo kuͤnſtlich, als mir moͤglich war, verfertigte, aufzurichten. Selbige Tafel war 2. Ellen hoch, faſt eine Elle breit, und zeigete in einer ausgeſchnitz- ten Deviſe das Bildniß Chriſti, vor welchem mein Vater, nach allen ſeinen Lineamenten abgebildet, auf den Knien lag, und mit den Haͤnden 4. Gewicht- Stuͤcken, auf deren jeden das Zeichen 1. Centn. be- merckt, an ihren Rincken hielt. Von ſeinem Mun- de an, waren in zweyen Zeilen folgende Worte aus- geſchnitzt: HErr! du haſt mir zween Centner gethan, ſiehe da, ich habe mit denſelben zwe- en andere gewonnen. Aus dem Munde des Welt-Heylandes aber, der in ſeiner rechten Hand einen Oel-Zweig, und in der lincken einen Reichs- Apfel hielt, floſſen dieſe Worte: Ey! du frommer und getreuer Knecht, du biſt uͤber wenig ge- treu geweſen, ich will dich uͤber viel ſetzen, gehe ein zu deines HERRN Freude. Zu oberſt hatte ich die himmliſche Glorie, unten auf der Erden herum aber, meines Vaters Hand-wercks- Zeug, nemlich einen Bothen-Spies, Grabſcheit, Schauffel, Hacke, Schubkarn und dergleichen, ſehr ſauber ausgeſchnitzt, ferner einige Nachricht von ſei-
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Kopfe und im Leben haͤtte, zu dancken ſchuldig, ſo
verſprach er dagegen meinen alten Vater, wo-
chentlich 3. Tage von ſeinem Tiſche zu ſpeiſen, auch
ihm, wie bishero ſchon geſchehen, alle Sonntage ein
Noͤſſel Wein zur Staͤrckung, und zwar auf Lebens-
Zeit zu reichen. Allein, mein lieber alter Vater ſtarb
etwa 8. Wochen hernach, ich aber erhielt mit groſſer
Muͤhe die Erlaubniß, ihm auf dem Hoſpitals Kirch-
Hofe eine Gedaͤchtniß-Tafel, die ich mit eigener
Hand ſo kuͤnſtlich, als mir moͤglich war, verfertigte,
aufzurichten. Selbige Tafel war 2. Ellen hoch,
faſt eine Elle breit, und zeigete in einer ausgeſchnitz-
ten Deviſe das Bildniß Chriſti, vor welchem mein
Vater, nach allen ſeinen Lineamenten abgebildet,
auf den Knien lag, und mit den Haͤnden 4. Gewicht-
Stuͤcken, auf deren jeden das Zeichen 1. Centn. be-
merckt, an ihren Rincken hielt. Von ſeinem Mun-
de an, waren in zweyen Zeilen folgende Worte aus-
geſchnitzt: HErr! du haſt mir zween Centner
gethan, ſiehe da, ich habe mit denſelben zwe-
en andere gewonnen. Aus dem Munde des
Welt-Heylandes aber, der in ſeiner rechten Hand
einen Oel-Zweig, und in der lincken einen Reichs-
Apfel hielt, floſſen dieſe Worte: Ey! du frommer
und getreuer Knecht, du biſt uͤber wenig ge-
treu geweſen, ich will dich uͤber viel ſetzen,
gehe ein zu deines HERRN Freude. Zu
oberſt hatte ich die himmliſche Glorie, unten auf der
Erden herum aber, meines Vaters Hand-wercks-
Zeug, nemlich einen Bothen-Spies, Grabſcheit,
Schauffel, Hacke, Schubkarn und dergleichen, ſehr
ſauber ausgeſchnitzt, ferner einige Nachricht von ſei-
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/423>, abgerufen am 28.11.2024.
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