ner Person, Geburts-und Sterbens-Zeit, und end- lich folgenden Biblischen Spruch gesetzt: 1. Cor. 1. "v. 26. - - 29. Nicht viel Weisen nach dem Fleisch, "nicht viel Gewaltige, nicht viel Edele sind berufen, "sondern was thöricht ist vor der Welt, das hat "GOTT erwehlet, daß er die Weisen zu schanden "mache, und was schwach ist vor der Welt, das hat "GOTT erwehlet, daß er zu schanden mache, was "starck ist, und das Unedle vor der Welt, und das "Verachtete hat GOTT erwehlet, und das da "nichts ist, daß er zunichte mache, was etwas ist, auf "daß sich vor ihm kein Fleisch rühme.
Wie gesagt, es hielt gleich anfänglich sehr hart, ehe ich die Erlaubniß bekam, einem so schlechten Manne, wie mein Vater gewesen, dergleichen Eh- ren-Gedächtniß aus kindlicher Liebe zu setzen, nach- dem ich aber dieser wegen 12. Thaler in die Hospi- tals-Kirche gezahlet, bekümmerte sich weiter nie- mand darum. So bald ich nun selbiges mit stand- hafften Farben zierlich ausgemahlet, die Schriff- ten mit feinem Golde verguldet, und das gantze Stück morgens in aller früh, durch einen Schlösser an die Mauer hefften lassen, gab es gleich, noch ehe es Mittag wurde, einen ziemlichen Lermen bey einigen Geistlichen, noch mehr aber bey den vornehmsten Personen in der Stadt, so, daß mich gleich nach der Mahlzeit der Ober-Pfarrer zu sich rufen ließ, und in Gegenwart des regierenden Bürgermeisters, mit auch des Hospital-Vorstehers befragte: Wer mir die Erlaubniß gegeben vor meinen Vater, der zwar ein ehrlicher Mann, jedoch nur ein armer Tage- löhner gewesen, ein so prächtiges und kostbares Epi-
taphium
ner Perſon, Geburts-und Sterbens-Zeit, und end- lich folgenden Bibliſchen Spruch geſetzt: 1. Cor. 1. „v. 26. ‒ ‒ 29. Nicht viel Weiſen nach dem Fleiſch, „nicht viel Gewaltige, nicht viel Edele ſind berufen, „ſondern was thoͤricht iſt vor der Welt, das hat „GOTT erwehlet, daß er die Weiſen zu ſchanden „mache, und was ſchwach iſt vor der Welt, das hat „GOTT erwehlet, daß er zu ſchanden mache, was „ſtarck iſt, und das Unedle vor der Welt, und das „Verachtete hat GOTT erwehlet, und das da „nichts iſt, daß er zunichte mache, was etwas iſt, auf „daß ſich vor ihm kein Fleiſch ruͤhme.
Wie geſagt, es hielt gleich anfaͤnglich ſehr hart, ehe ich die Erlaubniß bekam, einem ſo ſchlechten Manne, wie mein Vater geweſen, dergleichen Eh- ren-Gedaͤchtniß aus kindlicher Liebe zu ſetzen, nach- dem ich aber dieſer wegen 12. Thaler in die Hoſpi- tals-Kirche gezahlet, bekuͤmmerte ſich weiter nie- mand darum. So bald ich nun ſelbiges mit ſtand- hafften Farben zierlich ausgemahlet, die Schriff- ten mit feinem Golde verguldet, und das gantze Stuͤck morgens in aller fruͤh, durch einen Schloͤſſer an die Mauer hefften laſſen, gab es gleich, noch ehe es Mittag wurde, einen ziemlichen Lermen bey einigen Geiſtlichen, noch mehr aber bey den vornehmſten Perſonen in der Stadt, ſo, daß mich gleich nach der Mahlzeit der Ober-Pfarrer zu ſich rufen ließ, und in Gegenwart des regierenden Buͤrgermeiſters, mit auch des Hoſpital-Vorſtehers befragte: Wer mir die Erlaubniß gegeben vor meinen Vater, der zwar ein ehrlicher Mann, jedoch nur ein armer Tage- loͤhner geweſen, ein ſo praͤchtiges und koſtbares Epi-
taphium
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ner Perſon, Geburts-und Sterbens-Zeit, und end-
lich folgenden Bibliſchen Spruch geſetzt: 1. Cor. 1.
„v. 26. ‒ ‒ 29. Nicht viel Weiſen nach dem Fleiſch,
„nicht viel Gewaltige, nicht viel Edele ſind berufen,
„ſondern was thoͤricht iſt vor der Welt, das hat
„GOTT erwehlet, daß er die Weiſen zu ſchanden
„mache, und was ſchwach iſt vor der Welt, das hat
„GOTT erwehlet, daß er zu ſchanden mache, was
„ſtarck iſt, und das Unedle vor der Welt, und das
„Verachtete hat GOTT erwehlet, und das da
„nichts iſt, daß er zunichte mache, was etwas iſt, auf
„daß ſich vor ihm kein Fleiſch ruͤhme.
Wie geſagt, es hielt gleich anfaͤnglich ſehr hart,
ehe ich die Erlaubniß bekam, einem ſo ſchlechten
Manne, wie mein Vater geweſen, dergleichen Eh-
ren-Gedaͤchtniß aus kindlicher Liebe zu ſetzen, nach-
dem ich aber dieſer wegen 12. Thaler in die Hoſpi-
tals-Kirche gezahlet, bekuͤmmerte ſich weiter nie-
mand darum. So bald ich nun ſelbiges mit ſtand-
hafften Farben zierlich ausgemahlet, die Schriff-
ten mit feinem Golde verguldet, und das gantze
Stuͤck morgens in aller fruͤh, durch einen Schloͤſſer
an die Mauer hefften laſſen, gab es gleich, noch ehe es
Mittag wurde, einen ziemlichen Lermen bey einigen
Geiſtlichen, noch mehr aber bey den vornehmſten
Perſonen in der Stadt, ſo, daß mich gleich nach der
Mahlzeit der Ober-Pfarrer zu ſich rufen ließ, und
in Gegenwart des regierenden Buͤrgermeiſters, mit
auch des Hoſpital-Vorſtehers befragte: Wer mir
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/424>, abgerufen am 28.11.2024.
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