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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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taphium zu setzen? Jch gab hierauf zur Antwort,
daß damit nicht der geringste Pracht, sondern nur
eine Marque meiner kindlichen Liebe, und nechst die-
sen meiner wenigen erlangten Geschicklichkeit, ge-
sucht würde, die Kostbarkeit wäre sehr geringe, in-
dem ich nicht mehr als etwa 20. Ggr. vor Farben und
Gold dran gewendet, die Arbeit aber vor gar nichts
rechnete, über dieses, da mein Vater nach Aussage
seines Beicht-Vaters, und zwar in Erwegung des-
sen, daß er kein Schrifft gelehrter gewesen, ein beson-
deres löbliches Ende genommen, als ein frommer
Christ auf das Verdienst Christi gestorben, auch ih-
rem eigenen Zeugnisse nach als ein redlicher Mann
gelebt, so sähe ich nicht, warum man ihm und mir
dergleichen Ehren-Gedächtniß nicht gönnen wolle.
Sie fertigten mich hierauf mit dem Bescheide ab:
Die Sache käme ihnen etwas spitzig und verdächtig
vor, erforderte also fernere Uberlegung und Unter-
suchung, ich solte inzwischen gehen und weitere Ver-
ordnung gewärtig seyn. Wenig Tage hernach,
schickte mir der Bürgermeister einen schrifftlichen
Befehl zu, des Jnhalts: Jch solte ohne ferneres
Einwenden, und zwar bey 10. Thlr. Strafe, bin-
nen 24. Stunden, das väterliche Epitaphium
selbst herunter nehmen, alldieweilen selbiges, bey ein
und andern Leuten, viele anzügliche Reden und An-
merckungen, nebst diesen noch andere Bedencklich-
keiten verursachte, oder gewärtig seyn, daß solches,
auf den Verweigerungs-Fall, durch andere Perso-
nen abgeworffen würde. Jch konte mich gantz und
gar nicht darein finden, was die eigensinnigen Leute
darunter suchten, zog derohalben nicht allein mei-

nen

taphium zu ſetzen? Jch gab hierauf zur Antwort,
daß damit nicht der geringſte Pracht, ſondern nur
eine Marque meiner kindlichen Liebe, und nechſt die-
ſen meiner wenigen erlangten Geſchicklichkeit, ge-
ſucht wuͤrde, die Koſtbarkeit waͤre ſehr geringe, in-
dem ich nicht mehr als etwa 20. Ggr. vor Farben und
Gold dran gewendet, die Arbeit aber vor gar nichts
rechnete, uͤber dieſes, da mein Vater nach Auſſage
ſeines Beicht-Vaters, und zwar in Erwegung deſ-
ſen, daß er kein Schrifft gelehrter geweſen, ein beſon-
deres loͤbliches Ende genommen, als ein frommer
Chriſt auf das Verdienſt Chriſti geſtorben, auch ih-
rem eigenen Zeugniſſe nach als ein redlicher Mann
gelebt, ſo ſaͤhe ich nicht, warum man ihm und mir
dergleichen Ehren-Gedaͤchtniß nicht goͤnnen wolle.
Sie fertigten mich hierauf mit dem Beſcheide ab:
Die Sache kaͤme ihnen etwas ſpitzig und verdaͤchtig
vor, erfordeꝛte alſo fernere Uberlegung und Unter-
ſuchung, ich ſolte inzwiſchen gehen und weitere Ver-
ordnung gewaͤrtig ſeyn. Wenig Tage hernach,
ſchickte mir der Buͤrgermeiſter einen ſchrifftlichen
Befehl zu, des Jnhalts: Jch ſolte ohne ferneres
Einwenden, und zwar bey 10. Thlr. Strafe, bin-
nen 24. Stunden, das vaͤterliche Epitaphium
ſelbſt herunter nehmen, alldieweilen ſelbiges, bey ein
und andern Leuten, viele anzuͤgliche Reden und An-
merckungen, nebſt dieſen noch andere Bedencklich-
keiten verurſachte, oder gewaͤrtig ſeyn, daß ſolches,
auf den Verweigerungs-Fall, durch andere Perſo-
nen abgeworffen wuͤrde. Jch konte mich gantz und
gar nicht darein finden, was die eigenſinnigen Leute
darunter ſuchten, zog derohalben nicht allein mei-

nen
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[411/0425] taphium zu ſetzen? Jch gab hierauf zur Antwort, daß damit nicht der geringſte Pracht, ſondern nur eine Marque meiner kindlichen Liebe, und nechſt die- ſen meiner wenigen erlangten Geſchicklichkeit, ge- ſucht wuͤrde, die Koſtbarkeit waͤre ſehr geringe, in- dem ich nicht mehr als etwa 20. Ggr. vor Farben und Gold dran gewendet, die Arbeit aber vor gar nichts rechnete, uͤber dieſes, da mein Vater nach Auſſage ſeines Beicht-Vaters, und zwar in Erwegung deſ- ſen, daß er kein Schrifft gelehrter geweſen, ein beſon- deres loͤbliches Ende genommen, als ein frommer Chriſt auf das Verdienſt Chriſti geſtorben, auch ih- rem eigenen Zeugniſſe nach als ein redlicher Mann gelebt, ſo ſaͤhe ich nicht, warum man ihm und mir dergleichen Ehren-Gedaͤchtniß nicht goͤnnen wolle. Sie fertigten mich hierauf mit dem Beſcheide ab: Die Sache kaͤme ihnen etwas ſpitzig und verdaͤchtig vor, erfordeꝛte alſo fernere Uberlegung und Unter- ſuchung, ich ſolte inzwiſchen gehen und weitere Ver- ordnung gewaͤrtig ſeyn. Wenig Tage hernach, ſchickte mir der Buͤrgermeiſter einen ſchrifftlichen Befehl zu, des Jnhalts: Jch ſolte ohne ferneres Einwenden, und zwar bey 10. Thlr. Strafe, bin- nen 24. Stunden, das vaͤterliche Epitaphium ſelbſt herunter nehmen, alldieweilen ſelbiges, bey ein und andern Leuten, viele anzuͤgliche Reden und An- merckungen, nebſt dieſen noch andere Bedencklich- keiten verurſachte, oder gewaͤrtig ſeyn, daß ſolches, auf den Verweigerungs-Fall, durch andere Perſo- nen abgeworffen wuͤrde. Jch konte mich gantz und gar nicht darein finden, was die eigenſinnigen Leute darunter ſuchten, zog derohalben nicht allein mei- nen

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/425>, abgerufen am 28.11.2024.