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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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men, kam anfänglich zwischen West und Nord eine
dicke blaß-feurige Pyramide aus der See am Him-
mel herauf gestiegen, welche sich, zumahlen an denje-
nigen Stellen, wo etwas dicke Wolcken waren, recht
gräßlich ansehen ließ. Bald kamen sehr viel Strah-
len oder Pfeile, auf die Art, wie die Donner-Pfeile
gemahlet zu werden pflegen, heraus geschossen, bald
aber sprungen einzelne groß und kleine hell leuchten-
de Funcken heraus, dergleichen man in den Feuer-
Essen der Schmiede siehet. Binnen einer Stunde
verlohr sich die Pyramiden-Gestalt, hergegen zohe
sich eine Streiffe, die ohngefehr 5. oder 6. mahl brei-
ter, als ein gewöhnlicher Regenbogen zu seyn schien,
erstlich gantz bis an den Polar-Stern hinauf, zerthei-
lete sich so dann der Länge nach in etliche schmählere
Streiffen, die da ingesamt gegen Osten zu, wieder
bis in die See reichten, und sich gantz wunderbar un-
ter einander verzogen. Hierbey sahe man unter die-
sen lichten Streiffen ein öffteres Zucken, ungewöhn-
liches Blitzen, und Flammen, welches aber doch nicht
also in die Augen fiel, als ein ordentliches Wetter-
leuchten und Blitzen, so vor dem Donner herzuge-
hen pfleget. Um Mitternachts-Zeit erhub sich ein
mittelmäßiger Wind, der die Streiffen aus einander
trieb, an deren Stelle sich fast am gantzen Himmel
sehr wunderbare Figuren zeigten, die aber nicht gar
lange in einerley Stellung blieben, worbey das Zu-
cken, Flammen oder Blitzen beständig fort daurete,
je näher aber der Tag heran ruckte, je blasser begunn-
ten die feurigen Strahlen und andere Figuren zu
werden, bis endlich mit anbrechenden Tage das gan-
tze Gesichte verschwand.

Wie

men, kam anfaͤnglich zwiſchen Weſt und Nord eine
dicke blaß-feurige Pyramide aus der See am Him-
mel herauf geſtiegen, welche ſich, zumahlen an denje-
nigen Stellen, wo etwas dicke Wolcken waren, recht
graͤßlich anſehen ließ. Bald kamen ſehr viel Strah-
len oder Pfeile, auf die Art, wie die Donner-Pfeile
gemahlet zu werden pflegen, heraus geſchoſſen, bald
aber ſprungen einzelne groß und kleine hell leuchten-
de Funcken heraus, dergleichen man in den Feuer-
Eſſen der Schmiede ſiehet. Binnen einer Stunde
verlohr ſich die Pyramiden-Geſtalt, hergegen zohe
ſich eine Streiffe, die ohngefehr 5. oder 6. mahl brei-
ter, als ein gewoͤhnlicher Regenbogen zu ſeyn ſchien,
erſtlich gantz bis an den Polar-Stern hinauf, zerthei-
lete ſich ſo dann der Laͤnge nach in etliche ſchmaͤhlere
Streiffen, die da ingeſamt gegen Oſten zu, wieder
bis in die See reichten, und ſich gantz wunderbar un-
ter einander verzogen. Hierbey ſahe man unter die-
ſen lichten Streiffen ein oͤffteres Zucken, ungewoͤhn-
liches Blitzen, und Flammen, welches aber doch nicht
alſo in die Augen fiel, als ein ordentliches Wetter-
leuchten und Blitzen, ſo vor dem Donner herzuge-
hen pfleget. Um Mitternachts-Zeit erhub ſich ein
mittelmaͤßiger Wind, der die Streiffen aus einander
trieb, an deren Stelle ſich faſt am gantzen Himmel
ſehr wunderbare Figuren zeigten, die aber nicht gar
lange in einerley Stellung blieben, worbey das Zu-
cken, Flammen oder Blitzen beſtaͤndig fort daurete,
je naͤher aber der Tag heran ruckte, je blaſſer begunn-
ten die feurigen Strahlen und andere Figuren zu
werden, bis endlich mit anbrechenden Tage das gan-
tze Geſichte verſchwand.

Wie
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[511/0527] men, kam anfaͤnglich zwiſchen Weſt und Nord eine dicke blaß-feurige Pyramide aus der See am Him- mel herauf geſtiegen, welche ſich, zumahlen an denje- nigen Stellen, wo etwas dicke Wolcken waren, recht graͤßlich anſehen ließ. Bald kamen ſehr viel Strah- len oder Pfeile, auf die Art, wie die Donner-Pfeile gemahlet zu werden pflegen, heraus geſchoſſen, bald aber ſprungen einzelne groß und kleine hell leuchten- de Funcken heraus, dergleichen man in den Feuer- Eſſen der Schmiede ſiehet. Binnen einer Stunde verlohr ſich die Pyramiden-Geſtalt, hergegen zohe ſich eine Streiffe, die ohngefehr 5. oder 6. mahl brei- ter, als ein gewoͤhnlicher Regenbogen zu ſeyn ſchien, erſtlich gantz bis an den Polar-Stern hinauf, zerthei- lete ſich ſo dann der Laͤnge nach in etliche ſchmaͤhlere Streiffen, die da ingeſamt gegen Oſten zu, wieder bis in die See reichten, und ſich gantz wunderbar un- ter einander verzogen. Hierbey ſahe man unter die- ſen lichten Streiffen ein oͤffteres Zucken, ungewoͤhn- liches Blitzen, und Flammen, welches aber doch nicht alſo in die Augen fiel, als ein ordentliches Wetter- leuchten und Blitzen, ſo vor dem Donner herzuge- hen pfleget. Um Mitternachts-Zeit erhub ſich ein mittelmaͤßiger Wind, der die Streiffen aus einander trieb, an deren Stelle ſich faſt am gantzen Himmel ſehr wunderbare Figuren zeigten, die aber nicht gar lange in einerley Stellung blieben, worbey das Zu- cken, Flammen oder Blitzen beſtaͤndig fort daurete, je naͤher aber der Tag heran ruckte, je blaſſer begunn- ten die feurigen Strahlen und andere Figuren zu werden, bis endlich mit anbrechenden Tage das gan- tze Geſichte verſchwand. Wie

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/527>, abgerufen am 21.11.2024.