Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

durch einen Nativität-Steller war propheceyet
worden: Er würde in Rotterdam erstochen werden,
um nun so wohl diesen Propheten zum Lügner zu
machen, als auch aus einiger Furcht, vor seinen vie-
len Feinden, hatte er seine Geburts-Stadt Rot-
terdam verlassen, und einen grossen Schwur gethan,
selbige gutwillig nimmermehr wieder zu betreten,
allein der elende Mensch konte seinem Verhängnisse
solchergestalt so wenig entgehen, als den Nativität-
Steller auf das mahl zum Lügner machen, denn diese
Vestung auf der Jnsul Celebes, in welcher er ersto-
chen wurde, führete ebenfalls den Nahmen Rotter-
dam.

Es wird leichtlich zu glauben seyn, daß mir diese
klägliche Begebenheit viele Versäumniß, Mühe und
Sorgen zugezogen habe, zumahlen da mich alle mei-
ne übrigen Leute forciren wolten, durchaus ohne Sa-
tisfaction
nicht von dannen zu weichen; Allein es
war nichts zu thun, denn den Thäter wolte oder kon-
te niemand finden, dannenhero gaben mir einige da-
selbst einquartirte redliche Holländer den Rath, ich
solte, um mein Leben selbst nicht in Gefahr zu se-
tzen, in GOttes Nahmen fort reisen, denn die Ma-
casser
wären eingefleischte Teufel, und sehr schwer
zur Raison zu bringen, also kauffte ich den Hollän-
dern noch 4. Sclaven vor eine ziemliche starcke
Summe Geldes ab, und seegelte weit verdrießli-
cher als vormahls, auf die Philippinischen Jnsuln
zu.

Wir waren noch nicht zwey Nacht unter See-
gel gewesen, als mir durch das verdammte Laster
der Geilheit, eine neue Verdrießlichkeit zugezogen

wurde.
l l 3

durch einen Nativitaͤt-Steller war propheceyet
worden: Er wuͤrde in Rotterdam erſtochen werden,
um nun ſo wohl dieſen Propheten zum Luͤgner zu
machen, als auch aus einiger Furcht, vor ſeinen vie-
len Feinden, hatte er ſeine Geburts-Stadt Rot-
terdam verlaſſen, und einen groſſen Schwur gethan,
ſelbige gutwillig nimmermehr wieder zu betreten,
allein der elende Menſch konte ſeinem Verhaͤngniſſe
ſolchergeſtalt ſo wenig entgehen, als den Nativitaͤt-
Steller auf das mahl zum Luͤgner machen, denn dieſe
Veſtung auf der Jnſul Celebes, in welcher er erſto-
chen wurde, fuͤhrete ebenfalls den Nahmen Rotter-
dam.

Es wird leichtlich zu glauben ſeyn, daß mir dieſe
klaͤgliche Begebenheit viele Verſaͤumniß, Muͤhe und
Sorgen zugezogen habe, zumahlen da mich alle mei-
ne uͤbrigen Leute forciren wolten, durchaus ohne Sa-
tisfaction
nicht von dannen zu weichen; Allein es
war nichts zu thun, denn den Thaͤter wolte oder kon-
te niemand finden, dannenhero gaben mir einige da-
ſelbſt einquartirte redliche Hollaͤnder den Rath, ich
ſolte, um mein Leben ſelbſt nicht in Gefahr zu ſe-
tzen, in GOttes Nahmen fort reiſen, denn die Ma-
caſſer
waͤren eingefleiſchte Teufel, und ſehr ſchwer
zur Raiſon zu bringen, alſo kauffte ich den Hollaͤn-
dern noch 4. Sclaven vor eine ziemliche ſtarcke
Summe Geldes ab, und ſeegelte weit verdrießli-
cher als vormahls, auf die Philippiniſchen Jnſuln
zu.

Wir waren noch nicht zwey Nacht unter See-
gel geweſen, als mir durch das verdammte Laſter
der Geilheit, eine neue Verdrießlichkeit zugezogen

wurde.
l l 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0549" n="533"/>
durch einen <hi rendition="#aq">Nativi</hi>ta&#x0364;t-Steller war propheceyet<lb/>
worden: Er wu&#x0364;rde in Rotterdam er&#x017F;tochen werden,<lb/>
um nun &#x017F;o wohl die&#x017F;en Propheten zum Lu&#x0364;gner zu<lb/>
machen, als auch aus einiger Furcht, vor &#x017F;einen vie-<lb/>
len Feinden, hatte er &#x017F;eine Geburts-Stadt Rot-<lb/>
terdam verla&#x017F;&#x017F;en, und einen gro&#x017F;&#x017F;en Schwur gethan,<lb/>
&#x017F;elbige gutwillig nimmermehr wieder zu betreten,<lb/>
allein der elende Men&#x017F;ch konte &#x017F;einem Verha&#x0364;ngni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
&#x017F;olcherge&#x017F;talt &#x017F;o wenig entgehen, als den <hi rendition="#aq">Nativi</hi>ta&#x0364;t-<lb/>
Steller auf das mahl zum Lu&#x0364;gner machen, denn die&#x017F;e<lb/>
Ve&#x017F;tung auf der Jn&#x017F;ul <hi rendition="#aq">Celebes,</hi> in welcher er er&#x017F;to-<lb/>
chen wurde, fu&#x0364;hrete ebenfalls den Nahmen Rotter-<lb/>
dam.</p><lb/>
            <p>Es wird leichtlich zu glauben &#x017F;eyn, daß mir die&#x017F;e<lb/>
kla&#x0364;gliche Begebenheit viele Ver&#x017F;a&#x0364;umniß, Mu&#x0364;he und<lb/>
Sorgen zugezogen habe, zumahlen da mich alle mei-<lb/>
ne u&#x0364;brigen Leute <hi rendition="#aq">forci</hi>ren wolten, durchaus ohne <hi rendition="#aq">Sa-<lb/>
tisfaction</hi> nicht von dannen zu weichen; Allein es<lb/>
war nichts zu thun, denn den Tha&#x0364;ter wolte oder kon-<lb/>
te niemand finden, dannenhero gaben mir einige da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t einquartirte redliche Holla&#x0364;nder den Rath, ich<lb/>
&#x017F;olte, um mein Leben &#x017F;elb&#x017F;t nicht in Gefahr zu &#x017F;e-<lb/>
tzen, in GOttes Nahmen fort rei&#x017F;en, denn die <hi rendition="#aq">Ma-<lb/>
ca&#x017F;&#x017F;er</hi> wa&#x0364;ren eingeflei&#x017F;chte Teufel, und &#x017F;ehr &#x017F;chwer<lb/>
zur <hi rendition="#aq">Rai&#x017F;on</hi> zu bringen, al&#x017F;o kauffte ich den Holla&#x0364;n-<lb/>
dern noch 4. <hi rendition="#aq">Sclav</hi>en vor eine ziemliche &#x017F;tarcke<lb/><hi rendition="#aq">Summe</hi> Geldes ab, und &#x017F;eegelte weit verdrießli-<lb/>
cher als vormahls, auf die <hi rendition="#aq">Philippini</hi>&#x017F;chen Jn&#x017F;uln<lb/>
zu.</p><lb/>
            <p>Wir waren noch nicht zwey Nacht unter See-<lb/>
gel gewe&#x017F;en, als mir durch das verdammte La&#x017F;ter<lb/>
der Geilheit, eine neue Verdrießlichkeit zugezogen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">l l 3</fw><fw place="bottom" type="catch">wurde.</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[533/0549] durch einen Nativitaͤt-Steller war propheceyet worden: Er wuͤrde in Rotterdam erſtochen werden, um nun ſo wohl dieſen Propheten zum Luͤgner zu machen, als auch aus einiger Furcht, vor ſeinen vie- len Feinden, hatte er ſeine Geburts-Stadt Rot- terdam verlaſſen, und einen groſſen Schwur gethan, ſelbige gutwillig nimmermehr wieder zu betreten, allein der elende Menſch konte ſeinem Verhaͤngniſſe ſolchergeſtalt ſo wenig entgehen, als den Nativitaͤt- Steller auf das mahl zum Luͤgner machen, denn dieſe Veſtung auf der Jnſul Celebes, in welcher er erſto- chen wurde, fuͤhrete ebenfalls den Nahmen Rotter- dam. Es wird leichtlich zu glauben ſeyn, daß mir dieſe klaͤgliche Begebenheit viele Verſaͤumniß, Muͤhe und Sorgen zugezogen habe, zumahlen da mich alle mei- ne uͤbrigen Leute forciren wolten, durchaus ohne Sa- tisfaction nicht von dannen zu weichen; Allein es war nichts zu thun, denn den Thaͤter wolte oder kon- te niemand finden, dannenhero gaben mir einige da- ſelbſt einquartirte redliche Hollaͤnder den Rath, ich ſolte, um mein Leben ſelbſt nicht in Gefahr zu ſe- tzen, in GOttes Nahmen fort reiſen, denn die Ma- caſſer waͤren eingefleiſchte Teufel, und ſehr ſchwer zur Raiſon zu bringen, alſo kauffte ich den Hollaͤn- dern noch 4. Sclaven vor eine ziemliche ſtarcke Summe Geldes ab, und ſeegelte weit verdrießli- cher als vormahls, auf die Philippiniſchen Jnſuln zu. Wir waren noch nicht zwey Nacht unter See- gel geweſen, als mir durch das verdammte Laſter der Geilheit, eine neue Verdrießlichkeit zugezogen wurde. l l 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/549
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/549>, abgerufen am 22.11.2024.