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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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vor einen Spion an, ohngeacht ich endlich meldete,
daß ich ein naher Anverwandter von ihrer Herr-
schafft wäre. Kurtz, es war bey dem entweder all-
zugetreuen oder allzueigensinnigen Haus-Gesinde
nicht das geringste auszulocken, weßwegen ich mich
mit nicht geringern Verdruß in das fast gegen über
liegende Wirths-Haus begab, und daselbst allerley
Calender machte.

Es war mir höchst verdrießlich, daß ich die Schwe-
dische Sprache nicht selbst reden und verstehen kon-
te, sondern alles durch einen Dolmetscher, welchen
ich, nebst zweyen von des Capitain Horn Jndiani-
schen Sclaven, aus Holland mitgenommen, ab-
handeln mußte, jedoch eben dieser Dolmetscher, wel-
cher der Ausbund eines verschlagenen Kopfs war,
brachte mir noch selbigen Abend das gantze Ge-
heimniß, nebst dessen völliger Erklärung zu Ohren,
indem er sich mit einer jungen Magd in ein ver-
trauliches Gespräch eingelassen, und nachdem er ver-
merckt, daß ihr so wohl meiner Schwester, als der
Anverwandten Wirthschafft und gantzes Wesen
sehr genau bewußt, sie durch gute Worte und Ge-
schencke dahin gebracht, daß sie ihm den Ort gemel-
det, wohin man meine Schwester geführet, welche
sich daselbst mit einem reichen Kauffmanne verlo-
ben solte, dem das gantze Unter-Maul vor einiger
Zeit abgehauen worden. Von meinem Vater hatte
dieses junge Mensch zwar nichts gewisses zu melden
gewußt, als dieses, daß sich gleichfalls vor einiger
Zeit ein kräncklicher Mann in dem Hause meiner
Baase aufgehalten, von dem gesagt worden, daß

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vor einen Spion an, ohngeacht ich endlich meldete,
daß ich ein naher Anverwandter von ihrer Herr-
ſchafft waͤre. Kurtz, es war bey dem entweder all-
zugetreuen oder allzueigenſinnigen Haus-Geſinde
nicht das geringſte auszulocken, weßwegen ich mich
mit nicht geringern Verdruß in das faſt gegen uͤber
liegende Wirths-Haus begab, und daſelbſt allerley
Calender machte.

Es war mir hoͤchſt verdrießlich, daß ich die Schwe-
diſche Sprache nicht ſelbſt reden und verſtehen kon-
te, ſondern alles durch einen Dolmetſcher, welchen
ich, nebſt zweyen von des Capitain Horn Jndiani-
ſchen Sclaven, aus Holland mitgenommen, ab-
handeln mußte, jedoch eben dieſer Dolmetſcher, wel-
cher der Ausbund eines verſchlagenen Kopfs war,
brachte mir noch ſelbigen Abend das gantze Ge-
heimniß, nebſt deſſen voͤlliger Erklaͤrung zu Ohren,
indem er ſich mit einer jungen Magd in ein ver-
trauliches Geſpraͤch eingelaſſen, und nachdem er ver-
merckt, daß ihr ſo wohl meiner Schweſter, als der
Anverwandten Wirthſchafft und gantzes Weſen
ſehr genau bewußt, ſie durch gute Worte und Ge-
ſchencke dahin gebracht, daß ſie ihm den Ort gemel-
det, wohin man meine Schweſter gefuͤhret, welche
ſich daſelbſt mit einem reichen Kauffmanne verlo-
ben ſolte, dem das gantze Unter-Maul vor einiger
Zeit abgehauen worden. Von meinem Vater hatte
dieſes junge Menſch zwar nichts gewiſſes zu melden
gewußt, als dieſes, daß ſich gleichfalls vor einiger
Zeit ein kraͤncklicher Mann in dem Hauſe meiner
Baaſe aufgehalten, von dem geſagt worden, daß

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[583/0599] vor einen Spion an, ohngeacht ich endlich meldete, daß ich ein naher Anverwandter von ihrer Herr- ſchafft waͤre. Kurtz, es war bey dem entweder all- zugetreuen oder allzueigenſinnigen Haus-Geſinde nicht das geringſte auszulocken, weßwegen ich mich mit nicht geringern Verdruß in das faſt gegen uͤber liegende Wirths-Haus begab, und daſelbſt allerley Calender machte. Es war mir hoͤchſt verdrießlich, daß ich die Schwe- diſche Sprache nicht ſelbſt reden und verſtehen kon- te, ſondern alles durch einen Dolmetſcher, welchen ich, nebſt zweyen von des Capitain Horn Jndiani- ſchen Sclaven, aus Holland mitgenommen, ab- handeln mußte, jedoch eben dieſer Dolmetſcher, wel- cher der Ausbund eines verſchlagenen Kopfs war, brachte mir noch ſelbigen Abend das gantze Ge- heimniß, nebſt deſſen voͤlliger Erklaͤrung zu Ohren, indem er ſich mit einer jungen Magd in ein ver- trauliches Geſpraͤch eingelaſſen, und nachdem er ver- merckt, daß ihr ſo wohl meiner Schweſter, als der Anverwandten Wirthſchafft und gantzes Weſen ſehr genau bewußt, ſie durch gute Worte und Ge- ſchencke dahin gebracht, daß ſie ihm den Ort gemel- det, wohin man meine Schweſter gefuͤhret, welche ſich daſelbſt mit einem reichen Kauffmanne verlo- ben ſolte, dem das gantze Unter-Maul vor einiger Zeit abgehauen worden. Von meinem Vater hatte dieſes junge Menſch zwar nichts gewiſſes zu melden gewußt, als dieſes, daß ſich gleichfalls vor einiger Zeit ein kraͤncklicher Mann in dem Hauſe meiner Baaſe aufgehalten, von dem geſagt worden, daß er o o 4

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 583. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/599>, abgerufen am 24.11.2024.