in meinem Hertzen nicht die geringste Furcht vor dem Tode, sondern brachte meine Antwort in folgen- den freymüthigen Maroccanischen Worten vor:
Gröster Kayser! Dich hat GOtt der Aller- höchste zu einem Gott auf Erden gemacht weßwegen ich mich schuldig erkenne, den Staub zu deinen Füssen aufzulecken; Dein Reichthum ist unschätzbar, und deine Macht unaussprechlich, bey dem allen aber pflegst du mehr zugeben als zu nehmen. Erwe- ge demnach selbst, warum du itzo so begie- rig bist, mir den Christlichen Glauben aus dem Hertzen, und das, was mir GOtt und die Natur geschenckt, aus dem Leibe reissen zu lassen. Jch bin zwar durch ein besonde- res Schickfal unter deine Gewalt gebracht, jedoch wegen der unverdient genossenen Gnaden bewogen worden, dir Zeit-Lebens getreu und redlich zu dienen, so weit sich meine Wissenschafft und Vermögen er- strecket. Gröster Kayser, glaube mir, daß derjenige, welcher an seinem GOTT und Glauben ungetreu wird, auch seinem Herrn niemahls getreu seyn kan, und wo will ein solcher, welcher mit Gewalt verstümmelt und verschnitten wird, die Lust hernehmen, sein ihme aufgetragenes Amt mit behöriger Freudigkeit und ohne heimlichen Kummer und Widerwillen zu verrichten. Jch elen- de Creatur versichere deine Majestät, daß ich als ein Christ viel lieber ein ewiger Scla- ve bleiben, als ein verstümmelter Mamme-
lucke
in meinem Hertzen nicht die geringſte Furcht vor dem Tode, ſondern brachte meine Antwort in folgen- den freymuͤthigen Maroccaniſchen Worten vor:
Groͤſter Kayſer! Dich hat GOtt der Aller- hoͤchſte zu einem Gott auf Erden gemacht weßwegen ich mich ſchuldig erkenne, den Staub zu deinen Fuͤſſen aufzulecken; Dein Reichthum iſt unſchaͤtzbar, und deine Macht unausſprechlich, bey dem allen aber pflegſt du mehr zugeben als zu nehmen. Erwe- ge demnach ſelbſt, warum du itzo ſo begie- rig biſt, mir den Chriſtlichen Glauben aus dem Hertzen, und das, was mir GOtt und die Natur geſchenckt, aus dem Leibe reiſſen zu laſſen. Jch bin zwar durch ein beſonde- res Schickfal unter deine Gewalt gebracht, jedoch wegen der unverdient genoſſenen Gnaden bewogen worden, dir Zeit-Lebens getreu und redlich zu dienen, ſo weit ſich meine Wiſſenſchafft und Vermoͤgen er- ſtrecket. Groͤſter Kayſer, glaube mir, daß derjenige, welcher an ſeinem GOTT und Glauben ungetreu wird, auch ſeinem Herrn niemahls getreu ſeyn kan, und wo will ein ſolcher, welcher mit Gewalt verſtuͤmmelt und verſchnitten wird, die Luſt hernehmen, ſein ihme aufgetragenes Amt mit behoͤriger Freudigkeit und ohne heimlichen Kummer und Widerwillen zu verrichten. Jch elen- de Creatur verſichere deine Majeſtaͤt, daß ich als ein Chriſt viel lieber ein ewiger Scla- ve bleiben, als ein verſtuͤmmelter Mamme-
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in meinem Hertzen nicht die geringſte Furcht vor
dem Tode, ſondern brachte meine Antwort in folgen-
den freymuͤthigen Maroccaniſchen Worten vor:
Groͤſter Kayſer! Dich hat GOtt der Aller-
hoͤchſte zu einem Gott auf Erden gemacht
weßwegen ich mich ſchuldig erkenne, den
Staub zu deinen Fuͤſſen aufzulecken; Dein
Reichthum iſt unſchaͤtzbar, und deine Macht
unausſprechlich, bey dem allen aber pflegſt
du mehr zugeben als zu nehmen. Erwe-
ge demnach ſelbſt, warum du itzo ſo begie-
rig biſt, mir den Chriſtlichen Glauben aus
dem Hertzen, und das, was mir GOtt und
die Natur geſchenckt, aus dem Leibe reiſſen
zu laſſen. Jch bin zwar durch ein beſonde-
res Schickfal unter deine Gewalt gebracht,
jedoch wegen der unverdient genoſſenen
Gnaden bewogen worden, dir Zeit-Lebens
getreu und redlich zu dienen, ſo weit ſich
meine Wiſſenſchafft und Vermoͤgen er-
ſtrecket. Groͤſter Kayſer, glaube mir, daß
derjenige, welcher an ſeinem GOTT und
Glauben ungetreu wird, auch ſeinem Herrn
niemahls getreu ſeyn kan, und wo will ein
ſolcher, welcher mit Gewalt verſtuͤmmelt
und verſchnitten wird, die Luſt hernehmen,
ſein ihme aufgetragenes Amt mit behoͤriger
Freudigkeit und ohne heimlichen Kummer
und Widerwillen zu verrichten. Jch elen-
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/114>, abgerufen am 24.11.2024.
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