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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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müste in dem Hafen zu Lissabon einlauffen, und da-
selbst erstlich noch eine bestellte starcke Ladung ein-
nehmen. Jedoch auf mein Zureden, daß, da wir
nehmlich seithero in der grösten Gefährlichkeit so
viel Gedult gehabt, wir dieselbe nunmehro in gu-
ter Sicherheit auch nicht gäntzlich fahren lassen mü-
sten, gab sie sich zufrieden, und so bald wir im Ha-
fen zu Lissabon angelanget, ließ sie es sich gefallen,
auch mit den Boot überzugehen, und diese Betrach-
tens-würdige Stadt in Augenschein zu nehmen, denn
es praesentirte sich dieselbe von aussen dergestalt
prächtig, daß man glauben konte, wie sie inwen-
dig ebenfalls nicht elend beschaffen seyn müste.
Weil es nun eben ein sehr angenehmes Wetter
war, und unser Patron sagte, daß wir aufs we-
nigste binnen 14 Tagen oder 3. Wochen nicht von
dannen seegeln würden, nahm ich einen Führer an,
welcher meiner Landsmännin und mir die Haupt-
Merckwürdigkeiten zeigen solte, brachten auch die
Zeit vom Morgen biß Abend damit zu, doch weil
ihr das Gehen beschwerlicher als die Betrachtung
der Curiositäten fallen wolte, nahmen wir in sol-
genden Tagen eine Chaise, um die allzuweit ab-
gelegenen Merckwürdigkeiten zu besichtige. Jndem
wir nun eines Tages auf einem grossen Platze stille
hielten, um eine daselbst aufgerichtete kostbare Bild-
Säule in genauen Augenschein zu nehmen, indem
sich bereits viele Personen, die wie Ausländer aus-
sahen, dabey befanden, vermerckte ich, daß eine
Manns-Person von näher 30. Jahren beständig
ihre Augen auf meine Landsmännin gerichtet hat-
te, auch da sie die besondern Figuren und Inscriptio-

nes

muͤſte in dem Hafen zu Liſſabon einlauffen, und da-
ſelbſt erſtlich noch eine beſtellte ſtarcke Ladung ein-
nehmen. Jedoch auf mein Zureden, daß, da wir
nehmlich ſeithero in der groͤſten Gefaͤhrlichkeit ſo
viel Gedult gehabt, wir dieſelbe nunmehro in gu-
ter Sicherheit auch nicht gaͤntzlich fahren laſſen muͤ-
ſten, gab ſie ſich zufrieden, und ſo bald wir im Ha-
fen zu Liſſabon angelanget, ließ ſie es ſich gefallen,
auch mit den Boot uͤberzugehen, und dieſe Betrach-
tens-wuͤrdige Stadt in Augenſchein zu nehmen, denn
es præſentirte ſich dieſelbe von auſſen dergeſtalt
praͤchtig, daß man glauben konte, wie ſie inwen-
dig ebenfalls nicht elend beſchaffen ſeyn muͤſte.
Weil es nun eben ein ſehr angenehmes Wetter
war, und unſer Patron ſagte, daß wir aufs we-
nigſte binnen 14 Tagen oder 3. Wochen nicht von
dannen ſeegeln wuͤrden, nahm ich einen Fuͤhrer an,
welcher meiner Landsmaͤnnin und mir die Haupt-
Merckwuͤrdigkeiten zeigen ſolte, brachten auch die
Zeit vom Morgen biß Abend damit zu, doch weil
ihr das Gehen beſchwerlicher als die Betrachtung
der Curiositaͤten fallen wolte, nahmen wir in ſol-
genden Tagen eine Chaiſe, um die allzuweit ab-
gelegenen Merckwuͤrdigkeiten zu beſichtige. Jndem
wir nun eines Tages auf einem groſſen Platze ſtille
hielten, um eine daſelbſt aufgerichtete koſtbare Bild-
Saͤule in genauen Augenſchein zu nehmen, indem
ſich bereits viele Perſonen, die wie Auslaͤnder aus-
ſahen, dabey befanden, vermerckte ich, daß eine
Manns-Perſon von naͤher 30. Jahren beſtaͤndig
ihre Augen auf meine Landsmaͤnnin gerichtet hat-
te, auch da ſie die beſondern Figuren und Inſcriptio-

nes
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[136/0144] muͤſte in dem Hafen zu Liſſabon einlauffen, und da- ſelbſt erſtlich noch eine beſtellte ſtarcke Ladung ein- nehmen. Jedoch auf mein Zureden, daß, da wir nehmlich ſeithero in der groͤſten Gefaͤhrlichkeit ſo viel Gedult gehabt, wir dieſelbe nunmehro in gu- ter Sicherheit auch nicht gaͤntzlich fahren laſſen muͤ- ſten, gab ſie ſich zufrieden, und ſo bald wir im Ha- fen zu Liſſabon angelanget, ließ ſie es ſich gefallen, auch mit den Boot uͤberzugehen, und dieſe Betrach- tens-wuͤrdige Stadt in Augenſchein zu nehmen, denn es præſentirte ſich dieſelbe von auſſen dergeſtalt praͤchtig, daß man glauben konte, wie ſie inwen- dig ebenfalls nicht elend beſchaffen ſeyn muͤſte. Weil es nun eben ein ſehr angenehmes Wetter war, und unſer Patron ſagte, daß wir aufs we- nigſte binnen 14 Tagen oder 3. Wochen nicht von dannen ſeegeln wuͤrden, nahm ich einen Fuͤhrer an, welcher meiner Landsmaͤnnin und mir die Haupt- Merckwuͤrdigkeiten zeigen ſolte, brachten auch die Zeit vom Morgen biß Abend damit zu, doch weil ihr das Gehen beſchwerlicher als die Betrachtung der Curiositaͤten fallen wolte, nahmen wir in ſol- genden Tagen eine Chaiſe, um die allzuweit ab- gelegenen Merckwuͤrdigkeiten zu beſichtige. Jndem wir nun eines Tages auf einem groſſen Platze ſtille hielten, um eine daſelbſt aufgerichtete koſtbare Bild- Saͤule in genauen Augenſchein zu nehmen, indem ſich bereits viele Perſonen, die wie Auslaͤnder aus- ſahen, dabey befanden, vermerckte ich, daß eine Manns-Perſon von naͤher 30. Jahren beſtaͤndig ihre Augen auf meine Landsmaͤnnin gerichtet hat- te, auch da ſie die beſondern Figuren und Inſcriptio- nes

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/144>, abgerufen am 21.11.2024.