Es ist nichts ungewöhnliches, replicirte die Dame, daß Menschen in der Fremde, Berg und Thal aber desto seltener zusammen kommen; allein, können sie mir nicht sagen, ob meine Eltern noch leben, und ob mein Liebster wieder aus der Sclaverey zurück nach Leuwarden gekommen ist. Nein, Madame! gab Rackhuysen zur Antwort, davon kan ich keine Nachricht geben, weil ich bereits über drittehalb Jahr aus Holland abwesend, und nur vor etlichen Tagen aus Ost-Jndien bis hieher gekommen bin; Herr Dostart aber wird ihnen vielleicht die Wahr- heit sagen können, weiln er nur vor wenig Wo- chen von Leuwarden abgegangen. Sie wandten hierauf ihre Augen auf den Alten Dostart, welcher sie, nachdem er mir ein höflich Compliment ge- macht, etliche Schritte von uns hinweg und einen ziemlich langen | heimlichen Discours mit ihr führete. Mitlerweile sprach Rackhuysen zu mir: Monsieur! sie werden vielleicht ein Befreunder von dieser Da- me, seyn? Nein, mein Herr, gab ich zur Antwort, ich habe sie sonsten in Holland niemahls gesehen, denn ich bin von Antwerpen, sie aber von Leu- warden gebürtig, doch mache mir das gröste Ver- gnügen daraus, daß sie durch meine schlechte Per- son, listiger Weise aus der Barbarischen Sclaverey, und so gar aus des Maroccanischen Kaysers Mu- ley Ismaels Seraglio befreyet worden. Das ge- stehe ich! war seine Verwunderungs-volle Gegen- Rede, worauf er eine lange Zeit in tieffen Gedan- cken stehen blieb, endlich aber noch ein und anderes von mir ausfragen wolte, allein ich drehete das Ge- spräch auf eine listige Art herum, und fragte selbst
na
Es iſt nichts ungewoͤhnliches, replicirte die Dame, daß Menſchen in der Fremde, Berg und Thal aber deſto ſeltener zuſammen kommen; allein, koͤnnen ſie mir nicht ſagen, ob meine Eltern noch leben, und ob mein Liebſter wieder aus der Sclaverey zuruͤck nach Leuwarden gekommen iſt. Nein, Madame! gab Rackhuyſen zur Antwort, davon kan ich keine Nachricht geben, weil ich bereits uͤber drittehalb Jahr aus Holland abweſend, und nur vor etlichen Tagen aus Oſt-Jndien bis hieher gekommen bin; Herr Doſtart aber wird ihnen vielleicht die Wahr- heit ſagen koͤnnen, weiln er nur vor wenig Wo- chen von Leuwarden abgegangen. Sie wandten hierauf ihre Augen auf den Alten Doſtart, welcher ſie, nachdem er mir ein hoͤflich Compliment ge- macht, etliche Schritte von uns hinweg und einen ziemlich langen | heimlichen Diſcours mit ihr fuͤhrete. Mitlerweile ſprach Rackhuyſen zu mir: Monsieur! ſie werden vielleicht ein Befreunder von dieſer Da- me, ſeyn? Nein, mein Herr, gab ich zur Antwort, ich habe ſie ſonſten in Holland niemahls geſehen, denn ich bin von Antwerpen, ſie aber von Leu- warden gebuͤrtig, doch mache mir das groͤſte Ver- gnuͤgen daraus, daß ſie durch meine ſchlechte Per- ſon, liſtiger Weiſe aus der Barbariſchen Sclaverey, und ſo gar aus des Maroccaniſchen Kayſers Mu- ley Iſmaels Seraglio befreyet worden. Das ge- ſtehe ich! war ſeine Verwunderungs-volle Gegen- Rede, worauf er eine lange Zeit in tieffen Gedan- cken ſtehen blieb, endlich aber noch ein und anderes von mir ausfragen wolte, allein ich drehete das Ge- ſpraͤch auf eine liſtige Art herum, und fragte ſelbſt
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Es iſt nichts ungewoͤhnliches, replicirte die Dame,
daß Menſchen in der Fremde, Berg und Thal aber
deſto ſeltener zuſammen kommen; allein, koͤnnen ſie
mir nicht ſagen, ob meine Eltern noch leben, und ob
mein Liebſter wieder aus der Sclaverey zuruͤck nach
Leuwarden gekommen iſt. Nein, Madame! gab
Rackhuyſen zur Antwort, davon kan ich keine
Nachricht geben, weil ich bereits uͤber drittehalb
Jahr aus Holland abweſend, und nur vor etlichen
Tagen aus Oſt-Jndien bis hieher gekommen bin;
Herr Doſtart aber wird ihnen vielleicht die Wahr-
heit ſagen koͤnnen, weiln er nur vor wenig Wo-
chen von Leuwarden abgegangen. Sie wandten
hierauf ihre Augen auf den Alten Doſtart, welcher
ſie, nachdem er mir ein hoͤflich Compliment ge-
macht, etliche Schritte von uns hinweg und einen
ziemlich langen | heimlichen Diſcours mit ihr fuͤhrete.
Mitlerweile ſprach Rackhuyſen zu mir: Monsieur!
ſie werden vielleicht ein Befreunder von dieſer Da-
me, ſeyn? Nein, mein Herr, gab ich zur Antwort,
ich habe ſie ſonſten in Holland niemahls geſehen,
denn ich bin von Antwerpen, ſie aber von Leu-
warden gebuͤrtig, doch mache mir das groͤſte Ver-
gnuͤgen daraus, daß ſie durch meine ſchlechte Per-
ſon, liſtiger Weiſe aus der Barbariſchen Sclaverey,
und ſo gar aus des Maroccaniſchen Kayſers Mu-
ley Iſmaels Seraglio befreyet worden. Das ge-
ſtehe ich! war ſeine Verwunderungs-volle Gegen-
Rede, worauf er eine lange Zeit in tieffen Gedan-
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von mir ausfragen wolte, allein ich drehete das Ge-
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/147>, abgerufen am 24.11.2024.
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