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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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Holländisches Aufwarte-Mägden trug, sich aber
gleich wieder fort machte, und ich meine wertheste
Landsmännin hefftig weinend antraff, konte ich
mich nicht enthalten, aus besondern Mitleyden zu
fragen: Madame! ist mir erlaubt, nach der Ursa-
che Dero hefftigen Betrübnisses zu fragen, so bitte
dabey, mir selbige zu entdecken, kan ich Jhnen
gleich nicht vollkommen helffen, so ist doch vielleicht
ein guter Rath und Trost nicht gäntzlich zu ver-
werffen. Ach mein werther van Blac, sagte sie, ich
bin und bleibe eine unglück selige Person auf dieser
Welt. Der Himmel hat geholffen, daß meine
Ehre, Leben und Gesundheit in und aus der Bar-
barey glücklich erhalten und errettet worden; allein,
in meinem Vaterlande werde ich vielleicht alles
mit einander einbüssen müssen. Das wolte der
Himmel nicht, replicirte ich, wie kommen Sie
auf solche Gedancken? Ach! verfolgte sie ihre Re-
de, meine alten Eltern sind beyde gestorben; Mein
Mann hat schon seit einem Jahre wieder gehey-
rathet, und zwar eine solche Person, mit welcher
er von vielen Jahren her ein geheimes Liebes-Ver-
ständniß gehabt, sich auch verlauten lassen, daß
er mich nicht wieder annehmen wolte, und wenn ich
auch ein gantzes Orlogs-Schiff voll Diamanten,
Perlen und Gold-Klumpen mitbrächte, weil ihm
eine von den Barbarn geschändte Person kein Ver-
gnügen geben könte; Aber, o dn gerechter Himmel,
du allein weist meine Unschuld und Ehre, und hast
dieselbe wunderbar auch unter den Barbarn zu er-
halten gewust, bist auch der beste Zeuge, daß ich
Zeit meines Lebens mit niemanden, als mit mei-

nem

Hollaͤndiſches Aufwarte-Maͤgden trug, ſich aber
gleich wieder fort machte, und ich meine wertheſte
Landsmaͤnnin hefftig weinend antraff, konte ich
mich nicht enthalten, aus beſondern Mitleyden zu
fragen: Madame! iſt mir erlaubt, nach der Urſa-
che Dero hefftigen Betruͤbniſſes zu fragen, ſo bitte
dabey, mir ſelbige zu entdecken, kan ich Jhnen
gleich nicht vollkommen helffen, ſo iſt doch vielleicht
ein guter Rath und Troſt nicht gaͤntzlich zu ver-
werffen. Ach mein werther van Blac, ſagte ſie, ich
bin und bleibe eine ungluͤck ſelige Perſon auf dieſer
Welt. Der Himmel hat geholffen, daß meine
Ehre, Leben und Geſundheit in und aus der Bar-
barey gluͤcklich erhalten und errettet worden; allein,
in meinem Vaterlande werde ich vielleicht alles
mit einander einbuͤſſen muͤſſen. Das wolte der
Himmel nicht, replicirte ich, wie kommen Sie
auf ſolche Gedancken? Ach! verfolgte ſie ihre Re-
de, meine alten Eltern ſind beyde geſtorben; Mein
Mann hat ſchon ſeit einem Jahre wieder gehey-
rathet, und zwar eine ſolche Perſon, mit welcher
er von vielen Jahren her ein geheimes Liebes-Ver-
ſtaͤndniß gehabt, ſich auch verlauten laſſen, daß
er mich nicht wieder annehmen wolte, und wenn ich
auch ein gantzes Orlogs-Schiff voll Diamanten,
Perlen und Gold-Klumpen mitbraͤchte, weil ihm
eine von den Barbarn geſchaͤndte Perſon kein Ver-
gnuͤgen geben koͤnte; Aber, o dn gerechter Himmel,
du allein weiſt meine Unſchuld und Ehre, und haſt
dieſelbe wunderbar auch unter den Barbarn zu er-
halten gewuſt, biſt auch der beſte Zeuge, daß ich
Zeit meines Lebens mit niemanden, als mit mei-

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[141/0149] Hollaͤndiſches Aufwarte-Maͤgden trug, ſich aber gleich wieder fort machte, und ich meine wertheſte Landsmaͤnnin hefftig weinend antraff, konte ich mich nicht enthalten, aus beſondern Mitleyden zu fragen: Madame! iſt mir erlaubt, nach der Urſa- che Dero hefftigen Betruͤbniſſes zu fragen, ſo bitte dabey, mir ſelbige zu entdecken, kan ich Jhnen gleich nicht vollkommen helffen, ſo iſt doch vielleicht ein guter Rath und Troſt nicht gaͤntzlich zu ver- werffen. Ach mein werther van Blac, ſagte ſie, ich bin und bleibe eine ungluͤck ſelige Perſon auf dieſer Welt. Der Himmel hat geholffen, daß meine Ehre, Leben und Geſundheit in und aus der Bar- barey gluͤcklich erhalten und errettet worden; allein, in meinem Vaterlande werde ich vielleicht alles mit einander einbuͤſſen muͤſſen. Das wolte der Himmel nicht, replicirte ich, wie kommen Sie auf ſolche Gedancken? Ach! verfolgte ſie ihre Re- de, meine alten Eltern ſind beyde geſtorben; Mein Mann hat ſchon ſeit einem Jahre wieder gehey- rathet, und zwar eine ſolche Perſon, mit welcher er von vielen Jahren her ein geheimes Liebes-Ver- ſtaͤndniß gehabt, ſich auch verlauten laſſen, daß er mich nicht wieder annehmen wolte, und wenn ich auch ein gantzes Orlogs-Schiff voll Diamanten, Perlen und Gold-Klumpen mitbraͤchte, weil ihm eine von den Barbarn geſchaͤndte Perſon kein Ver- gnuͤgen geben koͤnte; Aber, o dn gerechter Himmel, du allein weiſt meine Unſchuld und Ehre, und haſt dieſelbe wunderbar auch unter den Barbarn zu er- halten gewuſt, biſt auch der beſte Zeuge, daß ich Zeit meines Lebens mit niemanden, als mit mei- nem

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/149>, abgerufen am 24.11.2024.