daselbst gefundene Zeitungs-Stücke durchzulesen, kam mein, auf dem Spiele gewesener Wiedersacher zu mir, brauchte die gröste Gömplaisance, bedau- rete, daß wir mit einander um eines Bagatells wil- len zerfallen wären, und wünschete, daß, weil er mich vor einen moralisirten Menschen ansähe, wir näher mit einander bekannt werden möchten. Jch erzeigte demselben alle Gegen-Gefälligkeit, nöthigte ihn, den Caffee und Wein mit mir zu verzehren, worzu er sich leicht erbitten ließ, jedoch dabey, seine Neugierigkeit nicht bergen koute, zu wissen, wer ich wäre, und was ich allhier zu verrichten hätte. Es war mir ein leichtes, ihn damit abzufertigen, daß ich ein Kauffmanns-Diener, und nach Engel- land über zugehen gesinnet wäre; dahingegen offen- barete er mir, nnd zwar erstlich, da die andern schon alle hinweg gegangen, und wir beyde nur al- leine beysammen waren, daß sein Nahme Nörgel, und er ein Notarius Publicus wäre, seine Pro- fession ihm aber ein sehr weniges einbringen würde, wenn er nicht dieses Orts die vortrefflichsten Wei- ber-Stipendia zu geniessen hätte.
Nunmehro, da ich diesen Nahmen, in der van Bredal an mich geschriebenen Briefe, gelesen zu ha- ben, mich erinnerte, sperrete ich erstlich beyde Oh- ren auf, ließ sans passion noch ein paar Maaß Wein herein geben, und stellete mich ungemein lu- stig, verdrehete den Discours auf deu itzigen Zustand von Europa, allein, Mons. Nörgel bezeugte zu solchen Sachen eben keinen besondern Appetit, son- dern fing ex abrupto wieder an, von seiner eige- nen Person und Bewunderungs-würdigen. Liebes-
Intri-
daſelbſt gefundene Zeitungs-Stuͤcke durchzuleſen, kam mein, auf dem Spiele geweſener Wiederſacher zu mir, brauchte die groͤſte Gömplaiſance, bedau- rete, daß wir mit einander um eines Bagatells wil- len zerfallen waͤren, und wuͤnſchete, daß, weil er mich vor einen moraliſirten Menſchen anſaͤhe, wir naͤher mit einander bekannt werden moͤchten. Jch erzeigte demſelben alle Gegen-Gefaͤlligkeit, noͤthigte ihn, den Caffée und Wein mit mir zu verzehren, worzu er ſich leicht erbitten ließ, jedoch dabey, ſeine Neugierigkeit nicht bergen koute, zu wiſſen, wer ich waͤre, und was ich allhier zu verrichten haͤtte. Es war mir ein leichtes, ihn damit abzufertigen, daß ich ein Kauffmanns-Diener, und nach Engel- land uͤber zugehen geſinnet waͤre; dahingegen offen- barete er mir, nnd zwar erſtlich, da die andern ſchon alle hinweg gegangen, und wir beyde nur al- leine beyſammen waren, daß ſein Nahme Nörgel, und er ein Notarius Publicus waͤre, ſeine Pro- feſſion ihm aber ein ſehr weniges einbringen wuͤrde, wenn er nicht dieſes Orts die vortrefflichſten Wei- ber-Stipendia zu genieſſen haͤtte.
Nunmehro, da ich dieſen Nahmen, in der van Bredal an mich geſchriebenen Briefe, geleſen zu ha- ben, mich erinnerte, ſperrete ich erſtlich beyde Oh- ren auf, ließ ſans paſſion noch ein paar Maaß Wein herein geben, und ſtellete mich ungemein lu- ſtig, verdrehete den Diſcours auf deu itzigen Zuſtand von Europa, allein, Monſ. Nörgel bezeugte zu ſolchen Sachen eben keinen beſondern Appetit, ſon- dern fing ex abrupto wieder an, von ſeiner eige- nen Perſon und Bewunderungs-wuͤrdigen. Liebes-
Intri-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0208"n="200"/>
daſelbſt gefundene Zeitungs-Stuͤcke durchzuleſen,<lb/>
kam mein, auf dem Spiele geweſener Wiederſacher<lb/>
zu mir, brauchte die groͤſte <hirendition="#aq">Gömplaiſance,</hi> bedau-<lb/>
rete, daß wir mit einander um eines <hirendition="#aq">Bagatells</hi> wil-<lb/>
len zerfallen waͤren, und wuͤnſchete, daß, weil er<lb/>
mich vor einen <hirendition="#aq">moraliſir</hi>ten Menſchen anſaͤhe, wir<lb/>
naͤher mit einander bekannt werden moͤchten. Jch<lb/>
erzeigte demſelben alle Gegen-Gefaͤlligkeit, noͤthigte<lb/>
ihn, den <hirendition="#aq">Caffée</hi> und Wein mit mir zu verzehren,<lb/>
worzu er ſich leicht erbitten ließ, jedoch dabey, ſeine<lb/>
Neugierigkeit nicht bergen koute, zu wiſſen, wer<lb/>
ich waͤre, und was ich allhier zu verrichten haͤtte.<lb/>
Es war mir ein leichtes, ihn damit abzufertigen,<lb/>
daß ich ein Kauffmanns-Diener, und nach Engel-<lb/>
land uͤber zugehen geſinnet waͤre; dahingegen offen-<lb/>
barete er mir, nnd zwar erſtlich, da die andern<lb/>ſchon alle hinweg gegangen, und wir beyde nur al-<lb/>
leine beyſammen waren, daß ſein Nahme <hirendition="#aq">Nörgel,</hi><lb/>
und er ein <hirendition="#aq">Notarius Publicus</hi> waͤre, ſeine <hirendition="#aq">Pro-<lb/>
feſſion</hi> ihm aber ein ſehr weniges einbringen wuͤrde,<lb/>
wenn er nicht dieſes Orts die vortrefflichſten Wei-<lb/>
ber-<hirendition="#aq">Stipendia</hi> zu genieſſen haͤtte.</p><lb/><p>Nunmehro, da ich dieſen Nahmen, in der <hirendition="#aq">van<lb/>
Bredal</hi> an mich geſchriebenen Briefe, geleſen zu ha-<lb/>
ben, mich erinnerte, ſperrete ich erſtlich beyde Oh-<lb/>
ren auf, ließ <hirendition="#aq">ſans paſſion</hi> noch ein paar Maaß<lb/>
Wein herein geben, und ſtellete mich ungemein lu-<lb/>ſtig, verdrehete den <hirendition="#aq">Diſcours</hi> auf deu itzigen Zuſtand<lb/>
von Europa, allein, <hirendition="#aq">Monſ. Nörgel</hi> bezeugte zu<lb/>ſolchen Sachen eben keinen beſondern Appetit, ſon-<lb/>
dern fing <hirendition="#aq">ex abrupto</hi> wieder an, von ſeiner eige-<lb/>
nen Perſon und Bewunderungs-wuͤrdigen. Liebes-<lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq">Intri-</hi></fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[200/0208]
daſelbſt gefundene Zeitungs-Stuͤcke durchzuleſen,
kam mein, auf dem Spiele geweſener Wiederſacher
zu mir, brauchte die groͤſte Gömplaiſance, bedau-
rete, daß wir mit einander um eines Bagatells wil-
len zerfallen waͤren, und wuͤnſchete, daß, weil er
mich vor einen moraliſirten Menſchen anſaͤhe, wir
naͤher mit einander bekannt werden moͤchten. Jch
erzeigte demſelben alle Gegen-Gefaͤlligkeit, noͤthigte
ihn, den Caffée und Wein mit mir zu verzehren,
worzu er ſich leicht erbitten ließ, jedoch dabey, ſeine
Neugierigkeit nicht bergen koute, zu wiſſen, wer
ich waͤre, und was ich allhier zu verrichten haͤtte.
Es war mir ein leichtes, ihn damit abzufertigen,
daß ich ein Kauffmanns-Diener, und nach Engel-
land uͤber zugehen geſinnet waͤre; dahingegen offen-
barete er mir, nnd zwar erſtlich, da die andern
ſchon alle hinweg gegangen, und wir beyde nur al-
leine beyſammen waren, daß ſein Nahme Nörgel,
und er ein Notarius Publicus waͤre, ſeine Pro-
feſſion ihm aber ein ſehr weniges einbringen wuͤrde,
wenn er nicht dieſes Orts die vortrefflichſten Wei-
ber-Stipendia zu genieſſen haͤtte.
Nunmehro, da ich dieſen Nahmen, in der van
Bredal an mich geſchriebenen Briefe, geleſen zu ha-
ben, mich erinnerte, ſperrete ich erſtlich beyde Oh-
ren auf, ließ ſans paſſion noch ein paar Maaß
Wein herein geben, und ſtellete mich ungemein lu-
ſtig, verdrehete den Diſcours auf deu itzigen Zuſtand
von Europa, allein, Monſ. Nörgel bezeugte zu
ſolchen Sachen eben keinen beſondern Appetit, ſon-
dern fing ex abrupto wieder an, von ſeiner eige-
nen Perſon und Bewunderungs-wuͤrdigen. Liebes-
Intri-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/208>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.