ein ungemein schönes Bild/ voller Feuer, und be- zahlt dennoch sehr reichlich dasjenige, was ich ihr gern umsonst thäte. Sie sind glücklich, mein Herr! gab ich darauf, und ich dürffte fast wünschen, nur an einem Orte einmahl ihre Stelle zu vertreten. Jch bin nicht neidisch, war seine Antwort, und wo sie, mein Herr, nur die Kleider allhier mit mir verwech- seln und meiner Anführung folgen wollen, so kön- nen sie heunte Nacht die Madame van Steen nach ihrem Plaisir bedienen, denn sie hat unvergleichliche Anstalten darzu gemacht, wird auch den Betrug nicht mercken, nur bitte mir aus, mit anbrechenden Tage wieder alhier zu seyn, damit ein jeder sein Kleid wieder anziehen kan, und wir einander von al- lem Nachricht geben können, denn es ist mir bey der van Steen nur um den Profit zu thun, aus ihren Ca- ressen aber mache ich mir nicht das geringste.
Jch hatte, wie leicht zu erachten, verzweiffelte Streiche im Kopffe, stellete mich derowegen über Nörgels Treuhertzigkeit sehr vergnügt an, und dieser führete mich, so bald wir die Kleider und Peruquen mit einander verwechselt hatten, durch etliche schma- le Gassen, die ich wohl bemerckte, biß vor der van Steen Hinter-Thür des Gartens, befahl mir, die Garten-Thür mit den Nach-Schlüssel, den er mir gab, nur zu eröffnen, und getrost auf das Garten- Hauß, allwo sie in der obersten Etage schlieffe, zu- zugehen, so dann würde ich rechter Hand oben an dem Gesimse eine Bley-Kugel, woran ein Bindsa- den besestiget wäre, antreffen, mit selbigem solte ich nur einige Züge thun, so würde die Thür gleich von
sich
ein ungemein ſchoͤnes Bild/ voller Feuer, und be- zahlt dennoch ſehr reichlich dasjenige, was ich ihr gern umſonſt thaͤte. Sie ſind gluͤcklich, mein Herr! gab ich darauf, und ich duͤrffte faſt wuͤnſchen, nur an einem Orte einmahl ihre Stelle zu vertreten. Jch bin nicht neidiſch, war ſeine Antwort, und wo ſie, mein Herr, nur die Kleider allhier mit mir verwech- ſeln und meiner Anfuͤhrung folgen wollen, ſo koͤn- nen ſie heunte Nacht die Madame van Steen nach ihrem Plaiſir bedienen, denn ſie hat unvergleichliche Anſtalten darzu gemacht, wird auch den Betrug nicht mercken, nur bitte mir aus, mit anbrechenden Tage wieder alhier zu ſeyn, damit ein jeder ſein Kleid wieder anziehen kan, und wir einander von al- lem Nachricht geben koͤnnen, denn es iſt mir bey der van Steen nur um den Profit zu thun, aus ihren Ca- reſſen aber mache ich mir nicht das geringſte.
Jch hatte, wie leicht zu erachten, verzweiffelte Streiche im Kopffe, ſtellete mich derowegen uͤber Noͤrgels Treuhertzigkeit ſehr vergnuͤgt an, und dieſer fuͤhrete mich, ſo bald wir die Kleider und Peruquen mit einander verwechſelt hatten, durch etliche ſchma- le Gaſſen, die ich wohl bemerckte, biß vor der van Steen Hinter-Thuͤr des Gartens, befahl mir, die Garten-Thuͤr mit den Nach-Schluͤſſel, den er mir gab, nur zu eroͤffnen, und getroſt auf das Garten- Hauß, allwo ſie in der oberſten Etage ſchlieffe, zu- zugehen, ſo dann wuͤrde ich rechter Hand oben an dem Geſimſe eine Bley-Kugel, woran ein Bindſa- den beſeſtiget waͤre, antreffen, mit ſelbigem ſolte ich nur einige Zuͤge thun, ſo wuͤrde die Thuͤr gleich von
ſich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0211"n="203"/>
ein ungemein ſchoͤnes Bild/ voller Feuer, und be-<lb/>
zahlt dennoch ſehr reichlich dasjenige, was ich ihr<lb/>
gern umſonſt thaͤte. Sie ſind gluͤcklich, mein Herr!<lb/>
gab ich darauf, und ich duͤrffte faſt wuͤnſchen, nur<lb/>
an einem Orte einmahl ihre Stelle zu vertreten. Jch<lb/>
bin nicht neidiſch, war ſeine Antwort, und wo ſie,<lb/>
mein Herr, nur die Kleider allhier mit mir verwech-<lb/>ſeln und meiner Anfuͤhrung folgen wollen, ſo koͤn-<lb/>
nen ſie heunte Nacht die <hirendition="#aq">Madame van Steen</hi> nach<lb/>
ihrem <hirendition="#aq">Plaiſir</hi> bedienen, denn ſie hat unvergleichliche<lb/>
Anſtalten darzu gemacht, wird auch den Betrug<lb/>
nicht mercken, nur bitte mir aus, mit anbrechenden<lb/>
Tage wieder alhier zu ſeyn, damit ein jeder ſein<lb/>
Kleid wieder anziehen kan, und wir einander von al-<lb/>
lem Nachricht geben koͤnnen, denn es iſt mir bey der<lb/><hirendition="#aq">van Steen</hi> nur um den <hirendition="#aq">Profit</hi> zu thun, aus ihren <hirendition="#aq">Ca-<lb/>
reſſen</hi> aber mache ich mir nicht das geringſte.</p><lb/><p>Jch hatte, wie leicht zu erachten, verzweiffelte<lb/>
Streiche im Kopffe, ſtellete mich derowegen uͤber<lb/>
Noͤrgels Treuhertzigkeit ſehr vergnuͤgt an, und dieſer<lb/>
fuͤhrete mich, ſo bald wir die Kleider und Peruquen<lb/>
mit einander verwechſelt hatten, durch etliche ſchma-<lb/>
le Gaſſen, die ich wohl bemerckte, biß vor der <hirendition="#aq">van<lb/>
Steen</hi> Hinter-Thuͤr des Gartens, befahl mir, die<lb/>
Garten-Thuͤr mit den Nach-Schluͤſſel, den er mir<lb/>
gab, nur zu eroͤffnen, und getroſt auf das Garten-<lb/>
Hauß, allwo ſie in der oberſten <hirendition="#aq">Etage</hi>ſchlieffe, zu-<lb/>
zugehen, ſo dann wuͤrde ich rechter Hand oben an<lb/>
dem Geſimſe eine Bley-Kugel, woran ein Bindſa-<lb/>
den beſeſtiget waͤre, antreffen, mit ſelbigem ſolte ich<lb/>
nur einige Zuͤge thun, ſo wuͤrde die Thuͤr gleich von<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſich</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[203/0211]
ein ungemein ſchoͤnes Bild/ voller Feuer, und be-
zahlt dennoch ſehr reichlich dasjenige, was ich ihr
gern umſonſt thaͤte. Sie ſind gluͤcklich, mein Herr!
gab ich darauf, und ich duͤrffte faſt wuͤnſchen, nur
an einem Orte einmahl ihre Stelle zu vertreten. Jch
bin nicht neidiſch, war ſeine Antwort, und wo ſie,
mein Herr, nur die Kleider allhier mit mir verwech-
ſeln und meiner Anfuͤhrung folgen wollen, ſo koͤn-
nen ſie heunte Nacht die Madame van Steen nach
ihrem Plaiſir bedienen, denn ſie hat unvergleichliche
Anſtalten darzu gemacht, wird auch den Betrug
nicht mercken, nur bitte mir aus, mit anbrechenden
Tage wieder alhier zu ſeyn, damit ein jeder ſein
Kleid wieder anziehen kan, und wir einander von al-
lem Nachricht geben koͤnnen, denn es iſt mir bey der
van Steen nur um den Profit zu thun, aus ihren Ca-
reſſen aber mache ich mir nicht das geringſte.
Jch hatte, wie leicht zu erachten, verzweiffelte
Streiche im Kopffe, ſtellete mich derowegen uͤber
Noͤrgels Treuhertzigkeit ſehr vergnuͤgt an, und dieſer
fuͤhrete mich, ſo bald wir die Kleider und Peruquen
mit einander verwechſelt hatten, durch etliche ſchma-
le Gaſſen, die ich wohl bemerckte, biß vor der van
Steen Hinter-Thuͤr des Gartens, befahl mir, die
Garten-Thuͤr mit den Nach-Schluͤſſel, den er mir
gab, nur zu eroͤffnen, und getroſt auf das Garten-
Hauß, allwo ſie in der oberſten Etage ſchlieffe, zu-
zugehen, ſo dann wuͤrde ich rechter Hand oben an
dem Geſimſe eine Bley-Kugel, woran ein Bindſa-
den beſeſtiget waͤre, antreffen, mit ſelbigem ſolte ich
nur einige Zuͤge thun, ſo wuͤrde die Thuͤr gleich von
ſich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/211>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.