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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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sich selbst aufgehn, denn sie hatte den Bindsaden
an ihren Arm gebunden, könte auch so gleich, vermit-
telst eines herab gehenden Eisen-Drats, die Riegel
aufziehen. Jch versprach dem Norgel, alles wohl
zu observiren, und noch vor Tags-Anbruch abgered-
ter massen wieder bey ihm zu seyn, nahm also diß-
mahl Abschied von ihm, und marchirte mit zittern-
den Füssen in den Garten hinnein. So bald ich
vor die Thür des Garten-Hauses kam, durffte ich
nicht einmahl nach dem Bindsaden und der Bley-
Kugel umgreiffen, denn die Thür that sich gleich von
felbsten auf, settwerts inwendig brennete eine klei-
ne Nacht-Lampe, welche doch so viel Schein von
sich gab, daß ich die Treppe, so wohl als oben der
Helenen Schlaff- Cammer- Thür, welche mir
Nörgel genau genung bezeichnet hatte, gantz or-
dentlich finden konte. Jn ihrer Cammer war kein
Licht, derowegen muste mich nur nach dem weni-
gen Scheine des Himmels richten, der durch die
2. Fenster schimmerte, kaum aber war ich in die
Cammer hinnein getreten, als mich Helena also be-
willkommete: Kömst du denn einmahl, du falsches
Teuffels-Kind, ziehe dich nur erstlich aus, ich will
dir einen derben Fickerling geben. Madame! (war
meine gantz fachte und ziemlicher massen nach Nör-
gels
Mund- Art eingerichtete Antwort) ich will
mich bald bey ihr rechtfertigen. Ach, ich höre schon
sagte sie, du hast gesoffen, mache nur fort, und lege
dich her, denn du bist doch nicht besser zu gebrau-
chen, als wenn du einen Rausch hast.

Wer nun Lust zu tantzen gehabt hätte, dem wä-
re genung gepfiffen gewesen, allein, weil ich mich im

Trun-

ſich ſelbſt aufgehn, denn ſie hatte den Bindſaden
an ihren Arm gebunden, koͤnte auch ſo gleich, vermit-
telſt eines herab gehenden Eiſen-Drats, die Riegel
aufziehen. Jch verſprach dem Norgel, alles wohl
zu obſerviren, und noch vor Tags-Anbruch abgered-
ter maſſen wieder bey ihm zu ſeyn, nahm alſo diß-
mahl Abſchied von ihm, und marchirte mit zittern-
den Fuͤſſen in den Garten hinnein. So bald ich
vor die Thuͤr des Garten-Hauſes kam, durffte ich
nicht einmahl nach dem Bindſaden und der Bley-
Kugel umgreiffen, denn die Thuͤr that ſich gleich von
felbſten auf, ſettwerts inwendig brennete eine klei-
ne Nacht-Lampe, welche doch ſo viel Schein von
ſich gab, daß ich die Treppe, ſo wohl als oben der
Helenen Schlaff- Cammer- Thuͤr, welche mir
Nörgel genau genung bezeichnet hatte, gantz or-
dentlich finden konte. Jn ihrer Cammer war kein
Licht, derowegen muſte mich nur nach dem weni-
gen Scheine des Himmels richten, der durch die
2. Fenſter ſchimmerte, kaum aber war ich in die
Cammer hinnein getreten, als mich Helena alſo be-
willkommete: Koͤmſt du denn einmahl, du falſches
Teuffels-Kind, ziehe dich nur erſtlich aus, ich will
dir einen derben Fickerling geben. Madame! (war
meine gantz fachte und ziemlicher maſſen nach Nör-
gels
Mund- Art eingerichtete Antwort) ich will
mich bald bey ihr rechtfertigen. Ach, ich hoͤre ſchon
ſagte ſie, du haſt geſoffen, mache nur fort, und lege
dich her, denn du biſt doch nicht beſſer zu gebrau-
chen, als wenn du einen Rauſch haſt.

Wer nun Luſt zu tantzen gehabt haͤtte, dem waͤ-
re genung gepfiffen geweſen, allein, weil ich mich im

Trun-
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[204/0212] ſich ſelbſt aufgehn, denn ſie hatte den Bindſaden an ihren Arm gebunden, koͤnte auch ſo gleich, vermit- telſt eines herab gehenden Eiſen-Drats, die Riegel aufziehen. Jch verſprach dem Norgel, alles wohl zu obſerviren, und noch vor Tags-Anbruch abgered- ter maſſen wieder bey ihm zu ſeyn, nahm alſo diß- mahl Abſchied von ihm, und marchirte mit zittern- den Fuͤſſen in den Garten hinnein. So bald ich vor die Thuͤr des Garten-Hauſes kam, durffte ich nicht einmahl nach dem Bindſaden und der Bley- Kugel umgreiffen, denn die Thuͤr that ſich gleich von felbſten auf, ſettwerts inwendig brennete eine klei- ne Nacht-Lampe, welche doch ſo viel Schein von ſich gab, daß ich die Treppe, ſo wohl als oben der Helenen Schlaff- Cammer- Thuͤr, welche mir Nörgel genau genung bezeichnet hatte, gantz or- dentlich finden konte. Jn ihrer Cammer war kein Licht, derowegen muſte mich nur nach dem weni- gen Scheine des Himmels richten, der durch die 2. Fenſter ſchimmerte, kaum aber war ich in die Cammer hinnein getreten, als mich Helena alſo be- willkommete: Koͤmſt du denn einmahl, du falſches Teuffels-Kind, ziehe dich nur erſtlich aus, ich will dir einen derben Fickerling geben. Madame! (war meine gantz fachte und ziemlicher maſſen nach Nör- gels Mund- Art eingerichtete Antwort) ich will mich bald bey ihr rechtfertigen. Ach, ich hoͤre ſchon ſagte ſie, du haſt geſoffen, mache nur fort, und lege dich her, denn du biſt doch nicht beſſer zu gebrau- chen, als wenn du einen Rauſch haſt. Wer nun Luſt zu tantzen gehabt haͤtte, dem waͤ- re genung gepfiffen geweſen, allein, weil ich mich im Trun-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/212>, abgerufen am 24.11.2024.