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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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Zeug ist, hoffe aber, daß sie sich keine böse Vor-
bedeutung daraus machen werden, denn da das
Ober-Haupt dieser Jnsuln vor wenig Tagen ge-
storben, und wir sämmtlichen Einwohner in der
tieffsten Trauer begriffen sind, werden sie sich als
eine Anverwandtin von uns allen, ebenfalls nicht
weigern, auf die behörige Zeit die Trauer anzulegen.
Sie brachte ihre Danckbarkeit und Willfahrung
mit wohl gosetzten Worten vor, worauf wir sie
in einer Hütten alleine und ihr das Auslesen un-
ter den Kleidern liessen; es verging aber keine
Stunde, da sie sich in dem reinlichsten und zierlich-
sten Putze wiederum bey uns einstellete. Ein jeder
bewunderte ihre besonders schöne Gesichts-Bil-
dung, und muste nunmehro gestehen, daß selbige
durch den Kochs-Habit ungemein verdunckelt wor-
den. Mons. van Blac war vor Freuden gantz
ausser sich selbst, und mir wolte selbst Zeit und
Weile lang werden, ehe wir dieses schöne Bild un-
ter unser Frauenzimmer auf Groß-Felsenburg
brächten, derowegen wurde nur eine kurtze Mahl-
zeit gehalten, und wir versprachen denen, so auf
Klein-Felsenburg bleiben musten, ihnen nicht al-
lein alles was sie nöthig hätten von Zeit zu Zeit zu-
zusenden, sondern sie auch ehestens wieder zu
besuchen, nahmen darauf vor dieses mahl Ab-
schied, ruderten fort, und kamen ein paar Stunden
über Mittag in Groß-Felsenburg an. Alles un-
ser Frauenzimmer kam diesem schönen Gaste, wel-
cher von Mons. van Blac und mir in der Mitten
voran geführet wurde, entgegen, und empfingen die-
selbe mit der grösten Zärtlichkeit, allein, die Ver-

wunde-

Zeug iſt, hoffe aber, daß ſie ſich keine boͤſe Vor-
bedeutung daraus machen werden, denn da das
Ober-Haupt dieſer Jnſuln vor wenig Tagen ge-
ſtorben, und wir ſaͤmmtlichen Einwohner in der
tieffſten Trauer begriffen ſind, werden ſie ſich als
eine Anverwandtin von uns allen, ebenfalls nicht
weigern, auf die behoͤrige Zeit die Trauer anzulegen.
Sie brachte ihre Danckbarkeit und Willfahrung
mit wohl goſetzten Worten vor, worauf wir ſie
in einer Huͤtten alleine und ihr das Ausleſen un-
ter den Kleidern lieſſen; es verging aber keine
Stunde, da ſie ſich in dem reinlichſten und zierlich-
ſten Putze wiederum bey uns einſtellete. Ein jeder
bewunderte ihre beſonders ſchoͤne Geſichts-Bil-
dung, und muſte nunmehro geſtehen, daß ſelbige
durch den Kochs-Habit ungemein verdunckelt wor-
den. Monſ. van Blac war vor Freuden gantz
auſſer ſich ſelbſt, und mir wolte ſelbſt Zeit und
Weile lang werden, ehe wir dieſes ſchoͤne Bild un-
ter unſer Frauenzimmer auf Groß-Felſenburg
braͤchten, derowegen wurde nur eine kurtze Mahl-
zeit gehalten, und wir verſprachen denen, ſo auf
Klein-Felſenburg bleiben muſten, ihnen nicht al-
lein alles was ſie noͤthig haͤtten von Zeit zu Zeit zu-
zuſenden, ſondern ſie auch eheſtens wieder zu
beſuchen, nahmen darauf vor dieſes mahl Ab-
ſchied, ruderten fort, und kamen ein paar Stunden
uͤber Mittag in Groß-Felſenburg an. Alles un-
ſer Frauenzimmer kam dieſem ſchoͤnen Gaſte, wel-
cher von Monſ. van Blac und mir in der Mitten
voran gefuͤhret wurde, entgegen, und empfingen die-
ſelbe mit der groͤſten Zaͤrtlichkeit, allein, die Ver-

wunde-
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[267/0275] Zeug iſt, hoffe aber, daß ſie ſich keine boͤſe Vor- bedeutung daraus machen werden, denn da das Ober-Haupt dieſer Jnſuln vor wenig Tagen ge- ſtorben, und wir ſaͤmmtlichen Einwohner in der tieffſten Trauer begriffen ſind, werden ſie ſich als eine Anverwandtin von uns allen, ebenfalls nicht weigern, auf die behoͤrige Zeit die Trauer anzulegen. Sie brachte ihre Danckbarkeit und Willfahrung mit wohl goſetzten Worten vor, worauf wir ſie in einer Huͤtten alleine und ihr das Ausleſen un- ter den Kleidern lieſſen; es verging aber keine Stunde, da ſie ſich in dem reinlichſten und zierlich- ſten Putze wiederum bey uns einſtellete. Ein jeder bewunderte ihre beſonders ſchoͤne Geſichts-Bil- dung, und muſte nunmehro geſtehen, daß ſelbige durch den Kochs-Habit ungemein verdunckelt wor- den. Monſ. van Blac war vor Freuden gantz auſſer ſich ſelbſt, und mir wolte ſelbſt Zeit und Weile lang werden, ehe wir dieſes ſchoͤne Bild un- ter unſer Frauenzimmer auf Groß-Felſenburg braͤchten, derowegen wurde nur eine kurtze Mahl- zeit gehalten, und wir verſprachen denen, ſo auf Klein-Felſenburg bleiben muſten, ihnen nicht al- lein alles was ſie noͤthig haͤtten von Zeit zu Zeit zu- zuſenden, ſondern ſie auch eheſtens wieder zu beſuchen, nahmen darauf vor dieſes mahl Ab- ſchied, ruderten fort, und kamen ein paar Stunden uͤber Mittag in Groß-Felſenburg an. Alles un- ſer Frauenzimmer kam dieſem ſchoͤnen Gaſte, wel- cher von Monſ. van Blac und mir in der Mitten voran gefuͤhret wurde, entgegen, und empfingen die- ſelbe mit der groͤſten Zaͤrtlichkeit, allein, die Ver- wunde-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/275>, abgerufen am 17.06.2024.