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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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te der Cammerr-Diener) gnädiger Herr, wie wä-
re denn das zugegangen. Jch bin, verfolgte der
Herr seine Rede, Zeit meines Lebens nicht heffti-
ger erschrocken, als heute, werde mich aber auch
Zeit meines Lebens über keine Begebenheit mehr
verwundern, als über die heutige. Jhr habt doch
gesehen, daß mir die Marquise von R.-- heute früh
ein Billet zugeschickt, derowegen begab ich mich
zur Mittags-Mahlzeit zu ihr, denn ihr Mann war,
wie sie mir schrieb, auf etliche Tage verreiset. Jch
kan nicht läugnen, daß ich diese Liebens-würdige Da-
me,
mit der ich gleich anfänglich in Bekandt-
schafft gerathen, sehr liebe, weil ich die stärcksten
Proben habe, daß sie mich vollkommen und ohne
eintziges Interesse liebt, ja ich glaube, wenn ich
es verlangte, ihr gantzes Vermögen mit mir thei-
lete, allein, ich bin damit vergnügt, daß ich ihr gan-
tzes Hertze habe, und so offt es sich nur schicken
will, dasaller angenehmste Liebes-Vergnügen bey
ihr geniessen kan, denn ihre Caressen sind extraor-
dinair delicat.
Heute Nachmittags nun, da wir
beysammen sassen und spieleten, sagte ihr lustiges
Cammer-Mädgen: O! wer wolte doch bey so
überaus angenehmen Wetter im Zimmer sitzen, und
die lumpichte Karte in Händen rum werffen? Wä-
re es nicht besser, wenn man ein wenig in den Gar-
ten hinaus spatziren führe? Es ist auch wohl wahr,
sagte die Marquise, gefällt es euch, mein Herr!
so soll augenblicklich mein Wagen angespannet wer-
den? Jch war damit zufrieden, wir fuhren hinaus
in den Garten, und nahmen zur Bedienung nie-
manden mehr mit, als gemeldtes lustige Cammer-

Mädgen

te der Cammerr-Diener) gnaͤdiger Herr, wie waͤ-
re denn das zugegangen. Jch bin, verfolgte der
Herr ſeine Rede, Zeit meines Lebens nicht heffti-
ger erſchrocken, als heute, werde mich aber auch
Zeit meines Lebens uͤber keine Begebenheit mehr
verwundern, als uͤber die heutige. Jhr habt doch
geſehen, daß mir die Marquiſe von R.-- heute fruͤh
ein Billet zugeſchickt, derowegen begab ich mich
zur Mittags-Mahlzeit zu ihr, denn ihr Mann war,
wie ſie mir ſchrieb, auf etliche Tage verreiſet. Jch
kan nicht laͤugnen, daß ich dieſe Liebens-wuͤrdige Da-
me,
mit der ich gleich anfaͤnglich in Bekandt-
ſchafft gerathen, ſehr liebe, weil ich die ſtaͤrckſten
Proben habe, daß ſie mich vollkommen und ohne
eintziges Intereſſe liebt, ja ich glaube, wenn ich
es verlangte, ihr gantzes Vermoͤgen mit mir thei-
lete, allein, ich bin damit vergnuͤgt, daß ich ihr gan-
tzes Hertze habe, und ſo offt es ſich nur ſchicken
will, dasaller angenehmſte Liebes-Vergnuͤgen bey
ihr genieſſen kan, denn ihre Careſſen ſind extraor-
dinair delicat.
Heute Nachmittags nun, da wir
beyſammen ſaſſen und ſpieleten, ſagte ihr luſtiges
Cammer-Maͤdgen: O! wer wolte doch bey ſo
uͤberaus angenehmen Wetter im Zimmer ſitzen, und
die lumpichte Karte in Haͤnden rum werffen? Waͤ-
re es nicht beſſer, wenn man ein wenig in den Gar-
ten hinaus ſpatziren fuͤhre? Es iſt auch wohl wahr,
ſagte die Marquiſe, gefaͤllt es euch, mein Herr!
ſo ſoll augenblicklich mein Wagen angeſpannet wer-
den? Jch war damit zufrieden, wir fuhren hinaus
in den Garten, und nahmen zur Bedienung nie-
manden mehr mit, als gemeldtes luſtige Cammer-

Maͤdgen
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[392/0400] te der Cammerr-Diener) gnaͤdiger Herr, wie waͤ- re denn das zugegangen. Jch bin, verfolgte der Herr ſeine Rede, Zeit meines Lebens nicht heffti- ger erſchrocken, als heute, werde mich aber auch Zeit meines Lebens uͤber keine Begebenheit mehr verwundern, als uͤber die heutige. Jhr habt doch geſehen, daß mir die Marquiſe von R.-- heute fruͤh ein Billet zugeſchickt, derowegen begab ich mich zur Mittags-Mahlzeit zu ihr, denn ihr Mann war, wie ſie mir ſchrieb, auf etliche Tage verreiſet. Jch kan nicht laͤugnen, daß ich dieſe Liebens-wuͤrdige Da- me, mit der ich gleich anfaͤnglich in Bekandt- ſchafft gerathen, ſehr liebe, weil ich die ſtaͤrckſten Proben habe, daß ſie mich vollkommen und ohne eintziges Intereſſe liebt, ja ich glaube, wenn ich es verlangte, ihr gantzes Vermoͤgen mit mir thei- lete, allein, ich bin damit vergnuͤgt, daß ich ihr gan- tzes Hertze habe, und ſo offt es ſich nur ſchicken will, dasaller angenehmſte Liebes-Vergnuͤgen bey ihr genieſſen kan, denn ihre Careſſen ſind extraor- dinair delicat. Heute Nachmittags nun, da wir beyſammen ſaſſen und ſpieleten, ſagte ihr luſtiges Cammer-Maͤdgen: O! wer wolte doch bey ſo uͤberaus angenehmen Wetter im Zimmer ſitzen, und die lumpichte Karte in Haͤnden rum werffen? Waͤ- re es nicht beſſer, wenn man ein wenig in den Gar- ten hinaus ſpatziren fuͤhre? Es iſt auch wohl wahr, ſagte die Marquiſe, gefaͤllt es euch, mein Herr! ſo ſoll augenblicklich mein Wagen angeſpannet wer- den? Jch war damit zufrieden, wir fuhren hinaus in den Garten, und nahmen zur Bedienung nie- manden mehr mit, als gemeldtes luſtige Cammer- Maͤdgen

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/400>, abgerufen am 17.06.2024.