NIcht dieLucretia,sondern ich selbst habe euch bestellet, um mich zu rächen, einen Dolch in euer lasterhafftes und meineydiges Hertze zu stossen, bin aber, wie ich mercke, zu schwach gewesen, diesem Werckzeuge meiner gerechten Rache, gnugsamen Nach- druck zu geben. Jedoch ich gerröste mich dessen, daß bald eine stärckere Faust über euch kommen soll, denn es wird nicht eher wieder vergnügr leben, biß da weiß, daß ihr in die andere Welt geschickt seyd,
Die deren getreuer Liebe ihr niemahls würdig gewesen.
Nun ist es Zeit, (sprach mein Herr, nachdem er diese Zeilen gelesen, zu dem Cammer-Diener,) daß ich Paris verlasse, machet derowegen Anstalt, daß wir je ehe je lieber nach dem Turinischen Hofe auf- brechen. Der Cammer-Diener, welcher nun- mehro mit Mißvergnügen sahe, daß seine Prophe- ceyung mehr als zu zeitig eingetroffen, ließ an seinem Fleisse nichts ermangeln, derowegen brachen wir, nachdem mein Herr von seinen besten Freunden, unter einem gantz andern Vorwande, kurtzen Ab- schied genommen, eiligst auf, und nahmen unsern Weg mit kurtzen Tage-Reisen auf Troyes zu, all- wo wir die Bagage noch antraffen, dieselbe aber voraus gehen liessen, weil mein Herr gesonnen war/ einige Tage hieselbst auszuruhen; allein, seine Ruhe währete nicht lange, den gleich andern Tages ge-
gen
(C c 5)
Ungetreuer!
NIcht dieLucretia,ſondern ich ſelbſt habe euch beſtellet, um mich zu raͤchen, einen Dolch in euer laſterhafftes und meineydiges Hertze zu ſtoſſen, bin aber, wie ich mercke, zu ſchwach geweſen, dieſem Werckzeuge meiner gerechten Rache, gnugſamen Nach- druck zu geben. Jedoch ich gerroͤſte mich deſſen, daß bald eine ſtaͤrckere Fauſt uͤber euch kommen ſoll, denn es wird nicht eher wieder vergnuͤgr leben, biß da weiß, daß ihr in die andere Welt geſchickt ſeyd,
Die deren getreuer Liebe ihr niemahls wuͤrdig geweſen.
Nun iſt es Zeit, (ſprach mein Herr, nachdem er dieſe Zeilen geleſen, zu dem Cammer-Diener,) daß ich Paris verlaſſe, machet derowegen Anſtalt, daß wir je ehe je lieber nach dem Turiniſchen Hofe auf- brechen. Der Cammer-Diener, welcher nun- mehro mit Mißvergnuͤgen ſahe, daß ſeine Prophe- ceyung mehr als zu zeitig eingetroffen, ließ an ſeinem Fleiſſe nichts ermangeln, derowegen brachen wir, nachdem mein Herr von ſeinen beſten Freunden, unter einem gantz andern Vorwande, kurtzen Ab- ſchied genommen, eiligſt auf, und nahmen unſern Weg mit kurtzen Tage-Reiſen auf Troyes zu, all- wo wir die Bagage noch antraffen, dieſelbe aber voraus gehen lieſſen, weil mein Herr geſonnen war/ einige Tage hieſelbſt auszuruhen; allein, ſeine Ruhe waͤhrete nicht lange, den gleich andern Tages ge-
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(C c 5)
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Ungetreuer!
NIcht die Lucretia, ſondern ich ſelbſt habe
euch beſtellet, um mich zu raͤchen, einen
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Hertze zu ſtoſſen, bin aber, wie ich mercke,
zu ſchwach geweſen, dieſem Werckzeuge
meiner gerechten Rache, gnugſamen Nach-
druck zu geben. Jedoch ich gerroͤſte mich
deſſen, daß bald eine ſtaͤrckere Fauſt uͤber euch
kommen ſoll, denn es wird nicht eher wieder
vergnuͤgr leben, biß da weiß, daß ihr in die
andere Welt geſchickt ſeyd,
Die
deren getreuer Liebe ihr niemahls
wuͤrdig geweſen.
Nun iſt es Zeit, (ſprach mein Herr, nachdem
er dieſe Zeilen geleſen, zu dem Cammer-Diener,) daß
ich Paris verlaſſe, machet derowegen Anſtalt, daß
wir je ehe je lieber nach dem Turiniſchen Hofe auf-
brechen. Der Cammer-Diener, welcher nun-
mehro mit Mißvergnuͤgen ſahe, daß ſeine Prophe-
ceyung mehr als zu zeitig eingetroffen, ließ an ſeinem
Fleiſſe nichts ermangeln, derowegen brachen wir,
nachdem mein Herr von ſeinen beſten Freunden,
unter einem gantz andern Vorwande, kurtzen Ab-
ſchied genommen, eiligſt auf, und nahmen unſern
Weg mit kurtzen Tage-Reiſen auf Troyes zu, all-
wo wir die Bagage noch antraffen, dieſelbe aber
voraus gehen lieſſen, weil mein Herr geſonnen war/
einige Tage hieſelbſt auszuruhen; allein, ſeine Ruhe
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/417>, abgerufen am 24.11.2024.
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