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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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wir 4. Capitains uns einmüthig verschworen, alle
diese Sachen in die See werffen zu lassen, weilen
wir ausser diesem dennoch gnugsamen Vorrath be-
halten.

Als der Gouverneur unsern harten Ernst sahe,
sagte er: Gebt euch zu frieden, meine Brüder! und
ärgert euch nicht, ich will Morgen früh alles abholen
lassen, aber unter keiner andern Condition als
dieser, daß ihr mir mit Hand und Munde ver-
sprecht, nur wenigstens noch 4. Monathe bey mir auf
meinem Schlosse zu bleiben, da ich euch denn nach
meinem besten Vermögen will warten und pfle-
gen lassen, auch eure Leute sollen keine Noth leiden,
denn meine Wälder stehen ihnen offen, da können
sie so viel Wildpret schiessen, als sie verzehren kön-
nen. Jch glaube nicht, daß sie das Wildpret ver-
tilgen werden, weil dessen in gröster Menge vorhan-
den ist. Auch stehen ihnen alle Teiche, Flüsse und
Bäche offen, worinnen sie fischen können, und ich
glaube auch nicht, daß sie die Fische auf dieser Jn-
sul vertilgen werden, zumahlen, da im Haafen
und in der See alles von Fischen wimmelt. Anbey
können sie sich eine Lust machen, und am Ufer und
an den Sand-Bäncken Schildkröten fangen, aus
deren Eyern und ihrem Fleische ich mir eine besonde-
re Delicatesse mache, so wohl als aus den See-
Krebsen, ingleichen See-Kälbern, die allhier um
dieser Jnsul herum in erstaunlicher Grösse und
Menge anzutreffen sind. Uber dieses alles soll eu-
ren Leuten alle 3. Tage eine proportionirliche
Menge von Rind-Schöpß- und Schweine-Vieh
zu getrieben werden, welches sie selbst schlachten

mö-
IV. Theil. (i)

wir 4. Capitains uns einmuͤthig verſchworen, alle
dieſe Sachen in die See werffen zu laſſen, weilen
wir auſſer dieſem dennoch gnugſamen Vorrath be-
halten.

Als der Gouverneur unſern harten Ernſt ſahe,
ſagte er: Gebt euch zu frieden, meine Bruͤder! und
aͤrgert euch nicht, ich will Morgen fruͤh alles abholen
laſſen, aber unter keiner andern Condition als
dieſer, daß ihr mir mit Hand und Munde ver-
ſprecht, nur wenigſtens noch 4. Monathe bey mir auf
meinem Schloſſe zu bleiben, da ich euch denn nach
meinem beſten Vermoͤgen will warten und pfle-
gen laſſen, auch eure Leute ſollen keine Noth leiden,
denn meine Waͤlder ſtehen ihnen offen, da koͤnnen
ſie ſo viel Wildpret ſchieſſen, als ſie verzehren koͤn-
nen. Jch glaube nicht, daß ſie das Wildpret ver-
tilgen werden, weil deſſen in groͤſter Menge vorhan-
den iſt. Auch ſtehen ihnen alle Teiche, Fluͤſſe und
Baͤche offen, worinnen ſie fiſchen koͤnnen, und ich
glaube auch nicht, daß ſie die Fiſche auf dieſer Jn-
ſul vertilgen werden, zumahlen, da im Haafen
und in der See alles von Fiſchen wimmelt. Anbey
koͤnnen ſie ſich eine Luſt machen, und am Ufer und
an den Sand-Baͤncken Schildkroͤten fangen, aus
deren Eyern und ihrem Fleiſche ich mir eine beſonde-
re Delicateſſe mache, ſo wohl als aus den See-
Krebſen, ingleichen See-Kaͤlbern, die allhier um
dieſer Jnſul herum in erſtaunlicher Groͤſſe und
Menge anzutreffen ſind. Uber dieſes alles ſoll eu-
ren Leuten alle 3. Tage eine proportionirliche
Menge von Rind-Schoͤpß- und Schweine-Vieh
zu getrieben werden, welches ſie ſelbſt ſchlachten

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IV. Theil. (i)
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[129/0139] wir 4. Capitains uns einmuͤthig verſchworen, alle dieſe Sachen in die See werffen zu laſſen, weilen wir auſſer dieſem dennoch gnugſamen Vorrath be- halten. Als der Gouverneur unſern harten Ernſt ſahe, ſagte er: Gebt euch zu frieden, meine Bruͤder! und aͤrgert euch nicht, ich will Morgen fruͤh alles abholen laſſen, aber unter keiner andern Condition als dieſer, daß ihr mir mit Hand und Munde ver- ſprecht, nur wenigſtens noch 4. Monathe bey mir auf meinem Schloſſe zu bleiben, da ich euch denn nach meinem beſten Vermoͤgen will warten und pfle- gen laſſen, auch eure Leute ſollen keine Noth leiden, denn meine Waͤlder ſtehen ihnen offen, da koͤnnen ſie ſo viel Wildpret ſchieſſen, als ſie verzehren koͤn- nen. Jch glaube nicht, daß ſie das Wildpret ver- tilgen werden, weil deſſen in groͤſter Menge vorhan- den iſt. Auch ſtehen ihnen alle Teiche, Fluͤſſe und Baͤche offen, worinnen ſie fiſchen koͤnnen, und ich glaube auch nicht, daß ſie die Fiſche auf dieſer Jn- ſul vertilgen werden, zumahlen, da im Haafen und in der See alles von Fiſchen wimmelt. Anbey koͤnnen ſie ſich eine Luſt machen, und am Ufer und an den Sand-Baͤncken Schildkroͤten fangen, aus deren Eyern und ihrem Fleiſche ich mir eine beſonde- re Delicateſſe mache, ſo wohl als aus den See- Krebſen, ingleichen See-Kaͤlbern, die allhier um dieſer Jnſul herum in erſtaunlicher Groͤſſe und Menge anzutreffen ſind. Uber dieſes alles ſoll eu- ren Leuten alle 3. Tage eine proportionirliche Menge von Rind-Schoͤpß- und Schweine-Vieh zu getrieben werden, welches ſie ſelbſt ſchlachten moͤ- IV. Theil. (i)

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/139>, abgerufen am 17.05.2024.