Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

men, und zwar in einem mitten im Walde gelegnen
grossen Jagd-Hause, verlangte sie mit aller Gewalt,
daß ich bey ihr bleiben solte; ob ich nun zwar vor-
schützte: wie ich eine Frau wäre, die wohl einen
Mann, aber doch niemahls ein Kind gehabt hätte,
mich also zu dergleichen Begebenheiten gantz und gar
nicht schickte, so muste doch der Fürstin Wille erfüllet
werden, und ich fast gezwungener Weise, um nicht
etwa die Ungnade des Fürsten zu verdienen, bey der
Fürstin bleiben, welche gantz heimlicher Weise nach
dem Jacob und seiner Frau schickte, und dieselben zu
sich beruffen ließ. Nachdem nun Jacob nebst seiner
Frauen in denen Mitternachts-Stunden sich bey ihr
eingestellet, ließ sie diese beyden sogleich zu sich in ihr
Zimmer kommen, als in welchem ich mich gantz allein
zu ihrer Aufwartung befand, nahm das kaum vor
48. Stunden glücklich zur Welt gebohrne Kind
aus der Wiege heraus, gab es mir auf die Arme,
und sprach: Jch beschwere euch alle 3. Perso-
nen bey dem allmächtigen GOtte und der
gantzen Hochheiligen Dreyfaltigkeit, daß ihr
drey Personen mir dieses mein neugebohrnes
Kind, auf Christi Blut und Gerechtigkeit,
nach Christlicher Art und Weise tauffen sollet,
und dessen Tauff-Zeugen werden wollet, in-
dem ich durchaus nicht haben will, daß diese
meine Tochter als eine Anbetherin des Feu-
ers, der Sonne, Mond, Sterne, oder anderer
Götzen soll auferzogen werden.

Hierauf nahm ich die kleine Mirzamanda mit
uns in ein kleines Neben-Zimmer, allwo sie Jacob

nach

men, und zwar in einem mitten im Walde gelegnen
groſſen Jagd-Hauſe, verlangte ſie mit aller Gewalt,
daß ich bey ihr bleiben ſolte; ob ich nun zwar vor-
ſchuͤtzte: wie ich eine Frau waͤre, die wohl einen
Mann, aber doch niemahls ein Kind gehabt haͤtte,
mich alſo zu dergleichen Begebenheiten gantz und gaꝛ
nicht ſchickte, ſo muſte doch der Fuͤrſtin Wille erfuͤllet
werden, und ich faſt gezwungener Weiſe, um nicht
etwa die Ungnade des Fuͤrſten zu verdienen, bey der
Fuͤrſtin bleiben, welche gantz heimlicher Weiſe nach
dem Jacob und ſeiner Frau ſchickte, und dieſelben zu
ſich beruffen ließ. Nachdem nun Jacob nebſt ſeiner
Frauen in denen Mitternachts-Stunden ſich bey ihr
eingeſtellet, ließ ſie dieſe beyden ſogleich zu ſich in ihr
Zimmer kommen, als in welchem ich mich gantz allein
zu ihrer Aufwartung befand, nahm das kaum vor
48. Stunden gluͤcklich zur Welt gebohrne Kind
aus der Wiege heraus, gab es mir auf die Arme,
und ſprach: Jch beſchwere euch alle 3. Perſo-
nen bey dem allmaͤchtigen GOtte und der
gantzen Hochheiligen Dreyfaltigkeit, daß ihr
drey Perſonen mir dieſes mein neugebohrnes
Kind, auf Chriſti Blut und Gerechtigkeit,
nach Chriſtlicher Art und Weiſe tauffen ſollet,
und deſſen Tauff-Zeugen werden wollet, in-
dem ich durchaus nicht haben will, daß dieſe
meine Tochter als eine Anbetherin des Feu-
ers, der Sonne, Mond, Sterne, oder anderer
Goͤtzen ſoll auferzogen werden.

Hierauf nahm ich die kleine Mirzamanda mit
uns in ein kleines Neben-Zimmer, allwo ſie Jacob

nach
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div>
              <p><pb facs="#f0462" n="452"/>
men, und zwar in einem mitten im Walde gelegnen<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Jagd-Hau&#x017F;e, verlangte &#x017F;ie mit aller Gewalt,<lb/>
daß ich bey ihr bleiben &#x017F;olte; ob ich nun zwar vor-<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;tzte: wie ich eine Frau wa&#x0364;re, die wohl einen<lb/>
Mann, aber doch niemahls ein Kind gehabt ha&#x0364;tte,<lb/>
mich al&#x017F;o zu dergleichen Begebenheiten gantz und ga&#xA75B;<lb/>
nicht &#x017F;chickte, &#x017F;o mu&#x017F;te doch der Fu&#x0364;r&#x017F;tin Wille erfu&#x0364;llet<lb/>
werden, und ich fa&#x017F;t gezwungener Wei&#x017F;e, um nicht<lb/>
etwa die Ungnade des Fu&#x0364;r&#x017F;ten zu verdienen, bey der<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;tin bleiben, welche gantz heimlicher Wei&#x017F;e nach<lb/>
dem Jacob und &#x017F;einer Frau &#x017F;chickte, und die&#x017F;elben zu<lb/>
&#x017F;ich beruffen ließ. Nachdem nun Jacob neb&#x017F;t &#x017F;einer<lb/>
Frauen in denen Mitternachts-Stunden &#x017F;ich bey ihr<lb/>
einge&#x017F;tellet, ließ &#x017F;ie die&#x017F;e beyden &#x017F;ogleich zu &#x017F;ich in ihr<lb/>
Zimmer kommen, als in welchem ich mich gantz allein<lb/>
zu ihrer Aufwartung befand, nahm das kaum vor<lb/>
48. Stunden glu&#x0364;cklich zur Welt gebohrne Kind<lb/>
aus der Wiege heraus, gab es mir auf die Arme,<lb/>
und &#x017F;prach: <hi rendition="#fr">Jch be&#x017F;chwere euch alle 3. Per&#x017F;o-<lb/>
nen bey dem allma&#x0364;chtigen GOtte und der<lb/>
gantzen Hochheiligen Dreyfaltigkeit, daß ihr<lb/>
drey Per&#x017F;onen mir die&#x017F;es mein neugebohrnes<lb/>
Kind, auf Chri&#x017F;ti Blut und Gerechtigkeit,<lb/>
nach Chri&#x017F;tlicher Art und Wei&#x017F;e tauffen &#x017F;ollet,<lb/>
und de&#x017F;&#x017F;en Tauff-Zeugen werden wollet, in-<lb/>
dem ich durchaus nicht haben will, daß die&#x017F;e<lb/>
meine Tochter als eine Anbetherin des Feu-<lb/>
ers, der Sonne, Mond, Sterne, oder anderer<lb/>
Go&#x0364;tzen &#x017F;oll auferzogen werden.</hi></p><lb/>
              <p>Hierauf nahm ich die kleine <hi rendition="#aq">Mirzamanda</hi> mit<lb/>
uns in ein kleines Neben-Zimmer, allwo &#x017F;ie Jacob<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nach</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[452/0462] men, und zwar in einem mitten im Walde gelegnen groſſen Jagd-Hauſe, verlangte ſie mit aller Gewalt, daß ich bey ihr bleiben ſolte; ob ich nun zwar vor- ſchuͤtzte: wie ich eine Frau waͤre, die wohl einen Mann, aber doch niemahls ein Kind gehabt haͤtte, mich alſo zu dergleichen Begebenheiten gantz und gaꝛ nicht ſchickte, ſo muſte doch der Fuͤrſtin Wille erfuͤllet werden, und ich faſt gezwungener Weiſe, um nicht etwa die Ungnade des Fuͤrſten zu verdienen, bey der Fuͤrſtin bleiben, welche gantz heimlicher Weiſe nach dem Jacob und ſeiner Frau ſchickte, und dieſelben zu ſich beruffen ließ. Nachdem nun Jacob nebſt ſeiner Frauen in denen Mitternachts-Stunden ſich bey ihr eingeſtellet, ließ ſie dieſe beyden ſogleich zu ſich in ihr Zimmer kommen, als in welchem ich mich gantz allein zu ihrer Aufwartung befand, nahm das kaum vor 48. Stunden gluͤcklich zur Welt gebohrne Kind aus der Wiege heraus, gab es mir auf die Arme, und ſprach: Jch beſchwere euch alle 3. Perſo- nen bey dem allmaͤchtigen GOtte und der gantzen Hochheiligen Dreyfaltigkeit, daß ihr drey Perſonen mir dieſes mein neugebohrnes Kind, auf Chriſti Blut und Gerechtigkeit, nach Chriſtlicher Art und Weiſe tauffen ſollet, und deſſen Tauff-Zeugen werden wollet, in- dem ich durchaus nicht haben will, daß dieſe meine Tochter als eine Anbetherin des Feu- ers, der Sonne, Mond, Sterne, oder anderer Goͤtzen ſoll auferzogen werden. Hierauf nahm ich die kleine Mirzamanda mit uns in ein kleines Neben-Zimmer, allwo ſie Jacob nach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/462
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/462>, abgerufen am 25.11.2024.