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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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angaben, welchen ich noch dreymahl so viel zu geben
versprach, als ich ihnen schon gegeben hatte, wofer-
ne sie uns nur glücklich hin nach Candahar bräch-
ten.

Der Himmel halff, daß wir diese beschwer-
liche Reise nach vielen zurück gelegten Tagen und
Nächten glücklich überstunden, indem kein Fuhr-
werck zu bekommen war, und ich mit dem Kinde
zu Fusse nicht wohl fortkommen konte. Den Für-
sten traffen wir zu Hause an, und er stellete sich
über den Verlust seiner Liebste, nachdem ich ihm
alle Begebenheiten recht umständlich erzehlet, fast
untröstlich an, doch bemerckte ich, daß die Fräulein
von N. in wenig Tagen wieder bey Hofe zum Vor-
scheine kam, weilen aber dieses mich nichts an-
gieng, als war meine Haupt-Sache die Printzes-
sin, welche der Herr Vater als seinen Aug-Apffel
liebte, auf das allerbeste zu warten und zu pflegen,
wie nun der Fürst nicht allein meine Treue und
Fleiß, sondern auch die besondere, ja gantz unge-
meine Liebe, welche seine eintzige Tochter gegen
mich hegte, in Betrachtung zog, so gab er dieser
seiner Tochter einen eigenen Pallast ein, bestellete
mich zur Hofmeisterin und Pflegerin über diesel-
be, wie auch noch mehrere Bediente, und richtete
im übrigen die Hofstadt dieser kleinen Tochter
dergestalt ein, daß ich dieselbe mit einem Worte,
fürstlich nennen will.

Bey meiner kleinen untergebenen Printzeßin
versäumete ich also nichts, ihr das Christenthum
sogleich in der zarten Jugend einzuflössen, weßwe-
gen ich denn, so viel als nur immer möglich war,

die

angaben, welchen ich noch dreymahl ſo viel zu geben
verſprach, als ich ihnen ſchon gegeben hatte, wofer-
ne ſie uns nur gluͤcklich hin nach Candahar braͤch-
ten.

Der Himmel halff, daß wir dieſe beſchwer-
liche Reiſe nach vielen zuruͤck gelegten Tagen und
Naͤchten gluͤcklich uͤberſtunden, indem kein Fuhr-
werck zu bekommen war, und ich mit dem Kinde
zu Fuſſe nicht wohl fortkommen konte. Den Fuͤr-
ſten traffen wir zu Hauſe an, und er ſtellete ſich
uͤber den Verluſt ſeiner Liebſte, nachdem ich ihm
alle Begebenheiten recht umſtaͤndlich erzehlet, faſt
untroͤſtlich an, doch bemerckte ich, daß die Fraͤulein
von N. in wenig Tagen wieder bey Hofe zum Vor-
ſcheine kam, weilen aber dieſes mich nichts an-
gieng, als war meine Haupt-Sache die Printzeſ-
ſin, welche der Herr Vater als ſeinen Aug-Apffel
liebte, auf das allerbeſte zu warten und zu pflegen,
wie nun der Fuͤrſt nicht allein meine Treue und
Fleiß, ſondern auch die beſondere, ja gantz unge-
meine Liebe, welche ſeine eintzige Tochter gegen
mich hegte, in Betrachtung zog, ſo gab er dieſer
ſeiner Tochter einen eigenen Pallaſt ein, beſtellete
mich zur Hofmeiſterin und Pflegerin uͤber dieſel-
be, wie auch noch mehrere Bediente, und richtete
im uͤbrigen die Hofſtadt dieſer kleinen Tochter
dergeſtalt ein, daß ich dieſelbe mit einem Worte,
fuͤrſtlich nennen will.

Bey meiner kleinen untergebenen Printzeßin
verſaͤumete ich alſo nichts, ihr das Chriſtenthum
ſogleich in der zarten Jugend einzufloͤſſen, weßwe-
gen ich denn, ſo viel als nur immer moͤglich war,

die
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[458/0468] angaben, welchen ich noch dreymahl ſo viel zu geben verſprach, als ich ihnen ſchon gegeben hatte, wofer- ne ſie uns nur gluͤcklich hin nach Candahar braͤch- ten. Der Himmel halff, daß wir dieſe beſchwer- liche Reiſe nach vielen zuruͤck gelegten Tagen und Naͤchten gluͤcklich uͤberſtunden, indem kein Fuhr- werck zu bekommen war, und ich mit dem Kinde zu Fuſſe nicht wohl fortkommen konte. Den Fuͤr- ſten traffen wir zu Hauſe an, und er ſtellete ſich uͤber den Verluſt ſeiner Liebſte, nachdem ich ihm alle Begebenheiten recht umſtaͤndlich erzehlet, faſt untroͤſtlich an, doch bemerckte ich, daß die Fraͤulein von N. in wenig Tagen wieder bey Hofe zum Vor- ſcheine kam, weilen aber dieſes mich nichts an- gieng, als war meine Haupt-Sache die Printzeſ- ſin, welche der Herr Vater als ſeinen Aug-Apffel liebte, auf das allerbeſte zu warten und zu pflegen, wie nun der Fuͤrſt nicht allein meine Treue und Fleiß, ſondern auch die beſondere, ja gantz unge- meine Liebe, welche ſeine eintzige Tochter gegen mich hegte, in Betrachtung zog, ſo gab er dieſer ſeiner Tochter einen eigenen Pallaſt ein, beſtellete mich zur Hofmeiſterin und Pflegerin uͤber dieſel- be, wie auch noch mehrere Bediente, und richtete im uͤbrigen die Hofſtadt dieſer kleinen Tochter dergeſtalt ein, daß ich dieſelbe mit einem Worte, fuͤrſtlich nennen will. Bey meiner kleinen untergebenen Printzeßin verſaͤumete ich alſo nichts, ihr das Chriſtenthum ſogleich in der zarten Jugend einzufloͤſſen, weßwe- gen ich denn, ſo viel als nur immer moͤglich war, die

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/468>, abgerufen am 26.11.2024.