Gouverneur mit seinen 2. Söhnen gantz zu un- terst an der Taffel saß; Es war also ein artiges Kleeblat, oben die Mutter mit den Töchtern und unten der Vater mit zwey Söhnen. Nachdem der Pocal herum war, stimmete der Gouverneur aus den kleinen Bechern erstlich noch Privat- Gesundheiten an, und zwar vor alle Personen, die sich an der Taffel befanden, bey einer jeden wurden nun 3. Canonen gelöset. Wir sassen also so lange biß über Mitternacht an der Taffel, und mein Bruder hatte sich wohl gehalten biß auf den letzten Mann.
Nach aufgehobener Taffel sahe sich ein je- der nach seiner Ruhe-Stelle um, mich und mei- nen Bruder aber, welcher etwas blaß aussahe, begleiteten der Gouverneur, dessen Gemahlin, Töchter und Söhne biß hinauf in das Obere Stockwerck, allwo uns zwey Zimmer angewiesen wurden, welche Communication mit einander hatten. Es trieb sie, wie die Dame sagte, nichts darzu an, als die Curiositee, um meines Bru- ders Haupt-Wunde verbinden zu sehen. Es hatte uns die Dame zwar einen Artzt recommen- dirt, dessen Kunst sie ungemein rühmete; allein, wir wolten unsere Schiffs-Barbier (welches in Wahrheit geschickte Männer waren, und noch gu- te Leute unter sich zu ihren Diensten hatten) nicht eyffersüchtig machen, weilen wir bedachten, daß wir vielleicht ihrer Hülffe in Zukunfft weiter nö- thig haben möchten. Da nun meines Bruders Schiffs-Barbier die Deckel und Pflaster von der Haupt-Wunde abgenommen, war dieses eben
nicht
Gouverneur mit ſeinen 2. Soͤhnen gantz zu un- terſt an der Taffel ſaß; Es war alſo ein artiges Kleeblat, oben die Mutter mit den Toͤchtern und unten der Vater mit zwey Soͤhnen. Nachdem der Pocal herum war, ſtimmete der Gouverneur aus den kleinen Bechern erſtlich noch Privat- Geſundheiten an, und zwar vor alle Perſonen, die ſich an der Taffel befanden, bey einer jeden wurden nun 3. Canonen geloͤſet. Wir ſaſſen alſo ſo lange biß uͤber Mitternacht an der Taffel, und mein Bruder hatte ſich wohl gehalten biß auf den letzten Mann.
Nach aufgehobener Taffel ſahe ſich ein je- der nach ſeiner Ruhe-Stelle um, mich und mei- nen Bruder aber, welcher etwas blaß ausſahe, begleiteten der Gouverneur, deſſen Gemahlin, Toͤchter und Soͤhne biß hinauf in das Obere Stockwerck, allwo uns zwey Zimmer angewieſen wurden, welche Communication mit einander hatten. Es trieb ſie, wie die Dame ſagte, nichts darzu an, als die Curioſitee, um meines Bru- ders Haupt-Wunde verbinden zu ſehen. Es hatte uns die Dame zwar einen Artzt recommen- dirt, deſſen Kunſt ſie ungemein ruͤhmete; allein, wir wolten unſere Schiffs-Barbier (welches in Wahrheit geſchickte Maͤnner waren, und noch gu- te Leute unter ſich zu ihren Dienſten hatten) nicht eyfferſuͤchtig machen, weilen wir bedachten, daß wir vielleicht ihrer Huͤlffe in Zukunfft weiter noͤ- thig haben moͤchten. Da nun meines Bruders Schiffs-Barbier die Deckel und Pflaſter von der Haupt-Wunde abgenommen, war dieſes eben
nicht
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0094"n="84"/><hirendition="#aq">Gouverneur</hi> mit ſeinen 2. Soͤhnen gantz zu un-<lb/>
terſt an der Taffel ſaß; Es war alſo ein artiges<lb/>
Kleeblat, oben die Mutter mit den Toͤchtern und<lb/>
unten der Vater mit zwey Soͤhnen. Nachdem<lb/>
der <hirendition="#aq">Pocal</hi> herum war, ſtimmete der <hirendition="#aq">Gouverneur</hi><lb/>
aus den kleinen Bechern erſtlich noch Privat-<lb/>
Geſundheiten an, und zwar vor alle Perſonen,<lb/>
die ſich an der Taffel befanden, bey einer jeden<lb/>
wurden nun 3. <hirendition="#aq">Canon</hi>en geloͤſet. Wir ſaſſen alſo<lb/>ſo lange biß uͤber Mitternacht an der Taffel, und<lb/>
mein Bruder hatte ſich wohl gehalten biß auf den<lb/>
letzten Mann.</p><lb/><p>Nach aufgehobener Taffel ſahe ſich ein je-<lb/>
der nach ſeiner Ruhe-Stelle um, mich und mei-<lb/>
nen Bruder aber, welcher etwas blaß ausſahe,<lb/>
begleiteten der <hirendition="#aq">Gouverneur,</hi> deſſen Gemahlin,<lb/>
Toͤchter und Soͤhne biß hinauf in das Obere<lb/>
Stockwerck, allwo uns zwey Zimmer angewieſen<lb/>
wurden, welche <hirendition="#aq">Communication</hi> mit einander<lb/>
hatten. Es trieb ſie, wie die <hirendition="#aq">Dame</hi>ſagte, nichts<lb/>
darzu an, als die <hirendition="#aq">Curioſitee,</hi> um meines Bru-<lb/>
ders Haupt-Wunde verbinden zu ſehen. Es<lb/>
hatte uns die <hirendition="#aq">Dame</hi> zwar einen Artzt <hirendition="#aq">recommen-<lb/>
dir</hi>t, deſſen Kunſt ſie ungemein ruͤhmete; allein,<lb/>
wir wolten unſere Schiffs-<hirendition="#aq">Barbier</hi> (welches in<lb/>
Wahrheit geſchickte Maͤnner waren, und noch gu-<lb/>
te Leute unter ſich zu ihren Dienſten hatten) nicht<lb/>
eyfferſuͤchtig machen, weilen wir bedachten, daß<lb/>
wir vielleicht ihrer Huͤlffe in Zukunfft weiter noͤ-<lb/>
thig haben moͤchten. Da nun meines Bruders<lb/>
Schiffs-<hirendition="#aq">Barbier</hi> die Deckel und Pflaſter von der<lb/>
Haupt-Wunde abgenommen, war dieſes eben<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nicht</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[84/0094]
Gouverneur mit ſeinen 2. Soͤhnen gantz zu un-
terſt an der Taffel ſaß; Es war alſo ein artiges
Kleeblat, oben die Mutter mit den Toͤchtern und
unten der Vater mit zwey Soͤhnen. Nachdem
der Pocal herum war, ſtimmete der Gouverneur
aus den kleinen Bechern erſtlich noch Privat-
Geſundheiten an, und zwar vor alle Perſonen,
die ſich an der Taffel befanden, bey einer jeden
wurden nun 3. Canonen geloͤſet. Wir ſaſſen alſo
ſo lange biß uͤber Mitternacht an der Taffel, und
mein Bruder hatte ſich wohl gehalten biß auf den
letzten Mann.
Nach aufgehobener Taffel ſahe ſich ein je-
der nach ſeiner Ruhe-Stelle um, mich und mei-
nen Bruder aber, welcher etwas blaß ausſahe,
begleiteten der Gouverneur, deſſen Gemahlin,
Toͤchter und Soͤhne biß hinauf in das Obere
Stockwerck, allwo uns zwey Zimmer angewieſen
wurden, welche Communication mit einander
hatten. Es trieb ſie, wie die Dame ſagte, nichts
darzu an, als die Curioſitee, um meines Bru-
ders Haupt-Wunde verbinden zu ſehen. Es
hatte uns die Dame zwar einen Artzt recommen-
dirt, deſſen Kunſt ſie ungemein ruͤhmete; allein,
wir wolten unſere Schiffs-Barbier (welches in
Wahrheit geſchickte Maͤnner waren, und noch gu-
te Leute unter ſich zu ihren Dienſten hatten) nicht
eyfferſuͤchtig machen, weilen wir bedachten, daß
wir vielleicht ihrer Huͤlffe in Zukunfft weiter noͤ-
thig haben moͤchten. Da nun meines Bruders
Schiffs-Barbier die Deckel und Pflaſter von der
Haupt-Wunde abgenommen, war dieſes eben
nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/94>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.