Schnitzler, Arthur: Liebelei. Berlin, 1896.
das ganze Leben nur so vorbei gegangen ist, (sehr einfach, nicht pathetisch) ein Tag wie der andere, ohne Glück und ohne Liebe -- dann ist's vielleicht besser? Katharina. Aber Herr Weiring, denken Sie doch nur an das alte Fräul'n -- an Ihre Schwester! ... Aber es thut Ihnen noch weh, wenn man von ihr redt, Herr Weiring ... Weiring. Es thut mir noch weh, ja ... Katharina. Freilich ... wenn zwei Leut' so an einander gehängt haben ... ich hab's immer gesagt, so einen Bruder wie Sie find't man nicht bald. Weiring (abwehrende Bewegung). Katharina. Es ist ja wahr. Sie haben ihr doch als ein ganz junger Mensch Vater und Mutter ersetzen müssen. Weiring. Ja, ja -- Katharina. Das muß ja doch wieder eine Art Trost sein. Wenn man so weiß, daß man immer der Wohl- thäter und Beschützer von so einem armen Geschöpf gewesen ist --
das ganze Leben nur ſo vorbei gegangen iſt, (ſehr einfach, nicht pathetiſch) ein Tag wie der andere, ohne Glück und ohne Liebe — dann iſt’s vielleicht beſſer? Katharina. Aber Herr Weiring, denken Sie doch nur an das alte Fräul’n — an Ihre Schweſter! … Aber es thut Ihnen noch weh, wenn man von ihr redt, Herr Weiring … Weiring. Es thut mir noch weh, ja … Katharina. Freilich … wenn zwei Leut’ ſo an einander gehängt haben … ich hab’s immer geſagt, ſo einen Bruder wie Sie find’t man nicht bald. Weiring (abwehrende Bewegung). Katharina. Es iſt ja wahr. Sie haben ihr doch als ein ganz junger Menſch Vater und Mutter erſetzen müſſen. Weiring. Ja, ja — Katharina. Das muß ja doch wieder eine Art Troſt ſein. Wenn man ſo weiß, daß man immer der Wohl- thäter und Beſchützer von ſo einem armen Geſchöpf geweſen iſt — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#WEI"> <p><pb facs="#f0095" n="89"/> das ganze Leben nur ſo vorbei gegangen iſt,</p> <stage>(ſehr<lb/> einfach, nicht pathetiſch)</stage> <p>ein Tag wie der andere, ohne<lb/> Glück und ohne Liebe — dann iſt’s vielleicht beſſer?</p> </sp><lb/> <sp who="#KAT"> <speaker><hi rendition="#g">Katharina</hi>.</speaker><lb/> <p>Aber Herr Weiring, denken Sie doch nur an das<lb/> alte Fräul’n — an Ihre Schweſter! … Aber es<lb/> thut Ihnen noch weh, wenn man von ihr redt, Herr<lb/> Weiring …</p> </sp><lb/> <sp who="#WEI"> <speaker><hi rendition="#g">Weiring</hi>.</speaker><lb/> <p>Es thut mir noch weh, ja …</p> </sp><lb/> <sp who="#KAT"> <speaker><hi rendition="#g">Katharina</hi>.</speaker><lb/> <p>Freilich … wenn zwei Leut’ ſo an einander<lb/> gehängt haben … ich hab’s immer geſagt, ſo einen<lb/> Bruder wie Sie find’t man nicht bald.</p> </sp><lb/> <sp who="#WEI"> <speaker> <hi rendition="#g">Weiring</hi> </speaker> <stage>(abwehrende Bewegung).</stage> </sp><lb/> <sp who="#KAT"> <speaker><hi rendition="#g">Katharina</hi>.</speaker><lb/> <p>Es iſt ja wahr. Sie haben ihr doch als ein<lb/> ganz junger Menſch Vater und Mutter erſetzen<lb/> müſſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#WEI"> <speaker><hi rendition="#g">Weiring</hi>.</speaker><lb/> <p>Ja, ja —</p> </sp><lb/> <sp who="#KAT"> <speaker><hi rendition="#g">Katharina</hi>.</speaker><lb/> <p>Das muß ja doch wieder eine Art Troſt ſein.<lb/> Wenn man ſo weiß, daß man immer der Wohl-<lb/> thäter und Beſchützer von ſo einem armen Geſchöpf<lb/> geweſen iſt —</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [89/0095]
das ganze Leben nur ſo vorbei gegangen iſt, (ſehr
einfach, nicht pathetiſch) ein Tag wie der andere, ohne
Glück und ohne Liebe — dann iſt’s vielleicht beſſer?
Katharina.
Aber Herr Weiring, denken Sie doch nur an das
alte Fräul’n — an Ihre Schweſter! … Aber es
thut Ihnen noch weh, wenn man von ihr redt, Herr
Weiring …
Weiring.
Es thut mir noch weh, ja …
Katharina.
Freilich … wenn zwei Leut’ ſo an einander
gehängt haben … ich hab’s immer geſagt, ſo einen
Bruder wie Sie find’t man nicht bald.
Weiring (abwehrende Bewegung).
Katharina.
Es iſt ja wahr. Sie haben ihr doch als ein
ganz junger Menſch Vater und Mutter erſetzen
müſſen.
Weiring.
Ja, ja —
Katharina.
Das muß ja doch wieder eine Art Troſt ſein.
Wenn man ſo weiß, daß man immer der Wohl-
thäter und Beſchützer von ſo einem armen Geſchöpf
geweſen iſt —
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |