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Schnitzler, Arthur: Liebelei. Berlin, 1896.

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Weiring.
Ja, das hab ich mir früher auch eingebildet, --
wie sie noch ein schönes junges Mädel war, -- und
bin mir selber weiß Gott wie gescheidt und edel
vorgekommen. Aber dann, später, wie so langsam
die grauen Haar' gekommen sind und die Runzeln,
und es ist ein Tag um den andern hingegangen
-- und die ganze Jugend -- und das junge Mädel
ist so allmälig -- man merkt ja sowas kaum --
das alte Fräulein geworden, -- da hab ich erst zu
spüren angefangen, was ich eigentlich gethan hab'!
Katharina.
Aber Herr Weiring --
Weiring.
Ich seh' sie ja noch vor mir, wie sie mir oft
gegenübergesessen ist am Abend, bei der Lampe, in
dem Zimmer da, und hat mich so angeschaut mit
ihrem stillen Lächeln, mit dem gewissen gottergebenen,
-- als wollt' sie mir noch für was danken; -- und
ich -- ich hätt' mich ja am liebsten vor ihr auf die
Kniee hingeworfen, sie um Verzeihung bitten, daß
ich sie so gut behütet hab' vor allen Gefahren --
und vor allem Glück!
(Pause).
Katharina.
Und es wär doch manche froh, wenn sie immer
Weiring.
Ja, das hab ich mir früher auch eingebildet, —
wie ſie noch ein ſchönes junges Mädel war, — und
bin mir ſelber weiß Gott wie geſcheidt und edel
vorgekommen. Aber dann, ſpäter, wie ſo langſam
die grauen Haar’ gekommen ſind und die Runzeln,
und es iſt ein Tag um den andern hingegangen
— und die ganze Jugend — und das junge Mädel
iſt ſo allmälig — man merkt ja ſowas kaum —
das alte Fräulein geworden, — da hab ich erſt zu
ſpüren angefangen, was ich eigentlich gethan hab’!
Katharina.
Aber Herr Weiring —
Weiring.
Ich ſeh’ ſie ja noch vor mir, wie ſie mir oft
gegenübergeſeſſen iſt am Abend, bei der Lampe, in
dem Zimmer da, und hat mich ſo angeſchaut mit
ihrem ſtillen Lächeln, mit dem gewiſſen gottergebenen,
— als wollt’ ſie mir noch für was danken; — und
ich — ich hätt’ mich ja am liebſten vor ihr auf die
Kniee hingeworfen, ſie um Verzeihung bitten, daß
ich ſie ſo gut behütet hab’ vor allen Gefahren —
und vor allem Glück!
(Pauſe).
Katharina.
Und es wär doch manche froh, wenn ſie immer
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[90/0096] Weiring. Ja, das hab ich mir früher auch eingebildet, — wie ſie noch ein ſchönes junges Mädel war, — und bin mir ſelber weiß Gott wie geſcheidt und edel vorgekommen. Aber dann, ſpäter, wie ſo langſam die grauen Haar’ gekommen ſind und die Runzeln, und es iſt ein Tag um den andern hingegangen — und die ganze Jugend — und das junge Mädel iſt ſo allmälig — man merkt ja ſowas kaum — das alte Fräulein geworden, — da hab ich erſt zu ſpüren angefangen, was ich eigentlich gethan hab’! Katharina. Aber Herr Weiring — Weiring. Ich ſeh’ ſie ja noch vor mir, wie ſie mir oft gegenübergeſeſſen iſt am Abend, bei der Lampe, in dem Zimmer da, und hat mich ſo angeſchaut mit ihrem ſtillen Lächeln, mit dem gewiſſen gottergebenen, — als wollt’ ſie mir noch für was danken; — und ich — ich hätt’ mich ja am liebſten vor ihr auf die Kniee hingeworfen, ſie um Verzeihung bitten, daß ich ſie ſo gut behütet hab’ vor allen Gefahren — und vor allem Glück! (Pauſe). Katharina. Und es wär doch manche froh, wenn ſie immer

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Zitationshilfe: Schnitzler, Arthur: Liebelei. Berlin, 1896, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_liebelei_1896/96>, abgerufen am 24.11.2024.