Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite
Ga
G.
Galgenfeld.

Am verdienten Stricke im Gal-
genfelde pralen
heißt nach der Sprache der
Scharfrichter hängen. Dieses zwar ist kurz;
allein ein Kramsvogel muß auch Butter haben.
Gehangen sind die Diebe lange worden. Man
muß also eine Brühe darüber her gießen und sie im
Galgenfelde pralen lassen. Freylich ist das
Pralen nicht weit her; und sie haben nicht viel
Ursache dazu: allein sie pralen doch; und pralen
ist doch ein so pralendes Wort.

Und ist denn der ein Held,
Der am verdienten Strick noch pralt im
Galgenfeld? Haller, 59 S.

Wir haben die Ehre, Sr. Gn. die Frage zu beant-
worten, und sagen: Nein! denn hat er den
Strick verdienet:
so ist er nicht ein Held, wenn
er auch in eisernen Ketten hienge und gar auf dem
Rade läge.

Gang ein eiserner.

Wir bemerken hierbey, daß
ein goldener Gang weit sanfter seyn muß; was
aber das schönste ist: so kann ihn ein hörendes
Ohr hören.
Es kann auch ein Fußtritt, oder
Schemel, darunter verstanden werden. Wie
singet oder träumet der göttliche Träumer?

Wenn du nun hören wirst um dich herum im
Dunkeln dahergehn
Gottes Fußtritt, (Schemel) den eisernen
Gang
des wandelnden (spatzierenge-
henden)
Richters,
Und
Ga
G.
Galgenfeld.

Am verdienten Stricke im Gal-
genfelde pralen
heißt nach der Sprache der
Scharfrichter haͤngen. Dieſes zwar iſt kurz;
allein ein Kramsvogel muß auch Butter haben.
Gehangen ſind die Diebe lange worden. Man
muß alſo eine Bruͤhe daruͤber her gießen und ſie im
Galgenfelde pralen laſſen. Freylich iſt das
Pralen nicht weit her; und ſie haben nicht viel
Urſache dazu: allein ſie pralen doch; und pralen
iſt doch ein ſo pralendes Wort.

Und iſt denn der ein Held,
Der am verdienten Strick noch pralt im
Galgenfeld? Haller, 59 S.

Wir haben die Ehre, Sr. Gn. die Frage zu beant-
worten, und ſagen: Nein! denn hat er den
Strick verdienet:
ſo iſt er nicht ein Held, wenn
er auch in eiſernen Ketten hienge und gar auf dem
Rade laͤge.

Gang ein eiſerner.

Wir bemerken hierbey, daß
ein goldener Gang weit ſanfter ſeyn muß; was
aber das ſchoͤnſte iſt: ſo kann ihn ein hoͤrendes
Ohr hoͤren.
Es kann auch ein Fußtritt, oder
Schemel, darunter verſtanden werden. Wie
ſinget oder traͤumet der goͤttliche Traͤumer?

Wenn du nun hoͤren wirſt um dich herum im
Dunkeln dahergehn
Gottes Fußtritt, (Schemel) den eiſernen
Gang
des wandelnden (ſpatzierenge-
henden)
Richters,
Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0183" n="157"/>
        <fw place="top" type="header">Ga</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">G.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head>Galgenfeld.</head>
            <p><hi rendition="#fr">Am verdienten Stricke im Gal-<lb/>
genfelde pralen</hi> heißt nach der Sprache der<lb/>
Scharfrichter <hi rendition="#fr">ha&#x0364;ngen.</hi> Die&#x017F;es zwar i&#x017F;t kurz;<lb/>
allein ein Kramsvogel muß auch Butter haben.<lb/><hi rendition="#fr">Gehangen &#x017F;ind die Diebe lange worden.</hi> Man<lb/>
muß al&#x017F;o eine Bru&#x0364;he daru&#x0364;ber her gießen und &#x017F;ie im<lb/><hi rendition="#fr">Galgenfelde pralen la&#x017F;&#x017F;en.</hi> Freylich i&#x017F;t das<lb/><hi rendition="#fr">Pralen</hi> nicht weit her; und &#x017F;ie haben nicht viel<lb/>
Ur&#x017F;ache dazu: allein &#x017F;ie <hi rendition="#fr">pralen</hi> doch; und <hi rendition="#fr">pralen</hi><lb/>
i&#x017F;t doch ein &#x017F;o <hi rendition="#fr">pralendes</hi> Wort.</p><lb/>
            <cit>
              <quote>Und i&#x017F;t denn der ein Held,<lb/><hi rendition="#fr">Der am verdienten Strick noch pralt im<lb/><hi rendition="#et">Galgenfeld? Haller, 59 S.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Wir haben die Ehre, <hi rendition="#fr">Sr. Gn.</hi> die Frage zu beant-<lb/>
worten, und &#x017F;agen: Nein! denn hat er <hi rendition="#fr">den<lb/>
Strick verdienet:</hi> &#x017F;o i&#x017F;t er nicht ein Held, wenn<lb/>
er auch in <hi rendition="#fr">ei&#x017F;ernen Ketten hienge</hi> und gar auf dem<lb/><hi rendition="#fr">Rade la&#x0364;ge.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Gang ein ei&#x017F;erner.</head>
            <p>Wir bemerken hierbey, daß<lb/>
ein <hi rendition="#fr">goldener Gang</hi> weit &#x017F;anfter &#x017F;eyn muß; was<lb/>
aber das &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te i&#x017F;t: &#x017F;o kann ihn ein <hi rendition="#fr">ho&#x0364;rendes<lb/>
Ohr ho&#x0364;ren.</hi> Es kann auch ein <hi rendition="#fr">Fußtritt,</hi> oder<lb/><hi rendition="#fr">Schemel,</hi> darunter ver&#x017F;tanden werden. Wie<lb/>
&#x017F;inget oder <hi rendition="#fr">tra&#x0364;umet</hi> der <hi rendition="#fr">go&#x0364;ttliche Tra&#x0364;umer?</hi></p><lb/>
            <cit>
              <quote>Wenn du nun ho&#x0364;ren wir&#x017F;t um dich herum <hi rendition="#fr">im</hi><lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Dunkeln</hi> dahergehn</hi><lb/>
Gottes <hi rendition="#fr">Fußtritt, (Schemel)</hi> den <hi rendition="#fr">ei&#x017F;ernen<lb/>
Gang</hi> des <hi rendition="#fr">wandelnden (&#x017F;patzierenge-<lb/>
henden)</hi> Richters,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/></quote>
            </cit>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0183] Ga G. Galgenfeld. Am verdienten Stricke im Gal- genfelde pralen heißt nach der Sprache der Scharfrichter haͤngen. Dieſes zwar iſt kurz; allein ein Kramsvogel muß auch Butter haben. Gehangen ſind die Diebe lange worden. Man muß alſo eine Bruͤhe daruͤber her gießen und ſie im Galgenfelde pralen laſſen. Freylich iſt das Pralen nicht weit her; und ſie haben nicht viel Urſache dazu: allein ſie pralen doch; und pralen iſt doch ein ſo pralendes Wort. Und iſt denn der ein Held, Der am verdienten Strick noch pralt im Galgenfeld? Haller, 59 S. Wir haben die Ehre, Sr. Gn. die Frage zu beant- worten, und ſagen: Nein! denn hat er den Strick verdienet: ſo iſt er nicht ein Held, wenn er auch in eiſernen Ketten hienge und gar auf dem Rade laͤge. Gang ein eiſerner. Wir bemerken hierbey, daß ein goldener Gang weit ſanfter ſeyn muß; was aber das ſchoͤnſte iſt: ſo kann ihn ein hoͤrendes Ohr hoͤren. Es kann auch ein Fußtritt, oder Schemel, darunter verſtanden werden. Wie ſinget oder traͤumet der goͤttliche Traͤumer? Wenn du nun hoͤren wirſt um dich herum im Dunkeln dahergehn Gottes Fußtritt, (Schemel) den eiſernen Gang des wandelnden (ſpatzierenge- henden) Richters, Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/183
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/183>, abgerufen am 24.11.2024.