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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

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König Heinrich der achte von seinem Daseyn nichts
erfahren, weil Thomas Morus überzeugt war, daß
dieser einen Meister solcher Art nicht lange in seinem
Dienst lassen würde. Holbein war damit wohl zu-
frieden, er freute sich der sorglosen Existenz, und
wendete alle seine Zeit für seinen hohen Beschützer
und seine Kunst an. Mit Lust und Freude malte
er in lang entbehrter Ruhe den Großkanzler, dessen
Gemahlin, Verwandte und Freunde; auch gingen
mehrere historische Gemälde, nach des Großkanz-
lers eigner Angabe, aus der stillen Werkstatt her-
vor, so daß dieser, nach Verlauf der drei Jahre,
sich einer Reihe von Meisterwerken erfreute, deren
Besitz ihn mit jedem Tage mehr entzückte.

Jezt endlich dünkte es ihm Zeit, den seltnen
Meister ans Licht treten zu lassen, dessen Daseyn
er ohne Ungerechtigkeit gegen ihn und den König
nicht länger verborgen halten zu können glaubte.
Er lud zu diesem Zweck den König und den ganzen
Hof zu einem großen Feste ein, und führte dann
seine Gäste in einen Saal, wo Holbeins Ge-
mälde alle, nach der Reihe geordnet, im höchsten

König Heinrich der achte von ſeinem Daſeyn nichts
erfahren, weil Thomas Morus überzeugt war, daß
dieſer einen Meiſter ſolcher Art nicht lange in ſeinem
Dienſt laſſen würde. Holbein war damit wohl zu-
frieden, er freute ſich der ſorgloſen Exiſtenz, und
wendete alle ſeine Zeit für ſeinen hohen Beſchützer
und ſeine Kunſt an. Mit Luſt und Freude malte
er in lang entbehrter Ruhe den Großkanzler, deſſen
Gemahlin, Verwandte und Freunde; auch gingen
mehrere hiſtoriſche Gemälde, nach des Großkanz-
lers eigner Angabe, aus der ſtillen Werkſtatt her-
vor, ſo daß dieſer, nach Verlauf der drei Jahre,
ſich einer Reihe von Meiſterwerken erfreute, deren
Beſitz ihn mit jedem Tage mehr entzückte.

Jezt endlich dünkte es ihm Zeit, den ſeltnen
Meiſter ans Licht treten zu laſſen, deſſen Daſeyn
er ohne Ungerechtigkeit gegen ihn und den König
nicht länger verborgen halten zu können glaubte.
Er lud zu dieſem Zweck den König und den ganzen
Hof zu einem großen Feſte ein, und führte dann
ſeine Gäſte in einen Saal, wo Holbeins Ge-
mälde alle, nach der Reihe geordnet, im höchſten

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[96/0106] König Heinrich der achte von ſeinem Daſeyn nichts erfahren, weil Thomas Morus überzeugt war, daß dieſer einen Meiſter ſolcher Art nicht lange in ſeinem Dienſt laſſen würde. Holbein war damit wohl zu- frieden, er freute ſich der ſorgloſen Exiſtenz, und wendete alle ſeine Zeit für ſeinen hohen Beſchützer und ſeine Kunſt an. Mit Luſt und Freude malte er in lang entbehrter Ruhe den Großkanzler, deſſen Gemahlin, Verwandte und Freunde; auch gingen mehrere hiſtoriſche Gemälde, nach des Großkanz- lers eigner Angabe, aus der ſtillen Werkſtatt her- vor, ſo daß dieſer, nach Verlauf der drei Jahre, ſich einer Reihe von Meiſterwerken erfreute, deren Beſitz ihn mit jedem Tage mehr entzückte. Jezt endlich dünkte es ihm Zeit, den ſeltnen Meiſter ans Licht treten zu laſſen, deſſen Daſeyn er ohne Ungerechtigkeit gegen ihn und den König nicht länger verborgen halten zu können glaubte. Er lud zu dieſem Zweck den König und den ganzen Hof zu einem großen Feſte ein, und führte dann ſeine Gäſte in einen Saal, wo Holbeins Ge- mälde alle, nach der Reihe geordnet, im höchſten

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/106>, abgerufen am 21.11.2024.