Glanz ihrer frischen Farbenpracht ihnen entgegen leuchteten.
Der König staunte beim Anblick so vieler Mei- sterwerke eines ihm sogar dem Namen nach unbe- kannten Künstlers. Er wanderte unermüdet von einem zum andern, überall traten Bekannte ihm wie lebend aus dem Rahmen entgegen. Die Wahr- heit, die Wärme des Kolorits, der Ausdruck der verschiedenartigsten Köpfe setzten ihn in immer neues Erstaunen. Die Anmuth der schönen Frauen, die er hier dargestellt sah, entzückte ihn. Der Sammet, der Atlas, der Schmuck, die goldnen Stickereien glänzten ihm wie in der Wirklichkeit entgegen, er war außer sich vor Freude und Bewunderung.
Mit ächt hofmännischer Geschmeidigkeit bot jetzt Thomas Morus seinem Könige alle diese Gemälde zum Geschenke, und der Erfolg dieser anscheinenden Freigebigkeit, die natürlicher Weise abgelehnt ward, entsprach vollkommen seiner Er- wartung, denn der König fragte nur nach dem Meister, der so Großes vermochte, und äußerte laut den Wunsch, diesen Mann in seinem Dienste
II. Bd. 7
Glanz ihrer friſchen Farbenpracht ihnen entgegen leuchteten.
Der König ſtaunte beim Anblick ſo vieler Mei- ſterwerke eines ihm ſogar dem Namen nach unbe- kannten Künſtlers. Er wanderte unermüdet von einem zum andern, überall traten Bekannte ihm wie lebend aus dem Rahmen entgegen. Die Wahr- heit, die Wärme des Kolorits, der Ausdruck der verſchiedenartigſten Köpfe ſetzten ihn in immer neues Erſtaunen. Die Anmuth der ſchönen Frauen, die er hier dargeſtellt ſah, entzückte ihn. Der Sammet, der Atlas, der Schmuck, die goldnen Stickereien glänzten ihm wie in der Wirklichkeit entgegen, er war außer ſich vor Freude und Bewunderung.
Mit ächt hofmänniſcher Geſchmeidigkeit bot jetzt Thomas Morus ſeinem Könige alle dieſe Gemälde zum Geſchenke, und der Erfolg dieſer anſcheinenden Freigebigkeit, die natürlicher Weiſe abgelehnt ward, entſprach vollkommen ſeiner Er- wartung, denn der König fragte nur nach dem Meiſter, der ſo Großes vermochte, und äußerte laut den Wunſch, dieſen Mann in ſeinem Dienſte
II. Bd. 7
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Glanz ihrer friſchen Farbenpracht ihnen entgegen
leuchteten.
Der König ſtaunte beim Anblick ſo vieler Mei-
ſterwerke eines ihm ſogar dem Namen nach unbe-
kannten Künſtlers. Er wanderte unermüdet von
einem zum andern, überall traten Bekannte ihm
wie lebend aus dem Rahmen entgegen. Die Wahr-
heit, die Wärme des Kolorits, der Ausdruck der
verſchiedenartigſten Köpfe ſetzten ihn in immer neues
Erſtaunen. Die Anmuth der ſchönen Frauen, die
er hier dargeſtellt ſah, entzückte ihn. Der Sammet,
der Atlas, der Schmuck, die goldnen Stickereien
glänzten ihm wie in der Wirklichkeit entgegen, er
war außer ſich vor Freude und Bewunderung.
Mit ächt hofmänniſcher Geſchmeidigkeit bot
jetzt Thomas Morus ſeinem Könige alle dieſe
Gemälde zum Geſchenke, und der Erfolg dieſer
anſcheinenden Freigebigkeit, die natürlicher Weiſe
abgelehnt ward, entſprach vollkommen ſeiner Er-
wartung, denn der König fragte nur nach dem
Meiſter, der ſo Großes vermochte, und äußerte
laut den Wunſch, dieſen Mann in ſeinem Dienſte
II. Bd. 7
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/107>, abgerufen am 16.02.2025.
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