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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

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trübselige Leben des armen Jünglings währte so eine
ziemliche Weile fort, bis er eines Abends, den
vollen Milcheimer auf dem Kopf, vom Melken
heimkehrte. Seine Gedanken mochten wohl sehr ins
Weite schweifen, denn er vergaß einem Baume
aus dem Wege zu gehen, an den er mit dem Eimer
so heftig stieß, daß ihm dieser vom Kopfe fiel.
Traurig sah er die weiße Milch die schwarze Erde
tränken, und zugleich in der Ferne den Vater mit
einem so tüchtigen Knittel herbei eilen, daß ihm
sogleich die Lust verging, dessen Ankunft vollends
abzuwarten. Er lief davon, war so glücklich sich
die Nacht über in einem Heuschober vor dem ihm
drohenden Ungewitter verbergen zu können, und
schlich erst am Morgen heim zu seiner Mutter,
als der Vater, wie er wohl wußte, sich schon
längst auf dem Felde bei der Arbeit befand. Die
Mutter war eine gute, vernünftige Frau, welche
den höheren Beruf ihres Sohnes wohl einsah, und
gern seinem Glück die Freude, ihn um sich zu
haben, aufopfern mochte. Sie hing ihm einen wohl-
gefüllten Knappsack über die Schultern, gab ihm

trübſelige Leben des armen Jünglings währte ſo eine
ziemliche Weile fort, bis er eines Abends, den
vollen Milcheimer auf dem Kopf, vom Melken
heimkehrte. Seine Gedanken mochten wohl ſehr ins
Weite ſchweifen, denn er vergaß einem Baume
aus dem Wege zu gehen, an den er mit dem Eimer
ſo heftig ſtieß, daß ihm dieſer vom Kopfe fiel.
Traurig ſah er die weiße Milch die ſchwarze Erde
tränken, und zugleich in der Ferne den Vater mit
einem ſo tüchtigen Knittel herbei eilen, daß ihm
ſogleich die Luſt verging, deſſen Ankunft vollends
abzuwarten. Er lief davon, war ſo glücklich ſich
die Nacht über in einem Heuſchober vor dem ihm
drohenden Ungewitter verbergen zu können, und
ſchlich erſt am Morgen heim zu ſeiner Mutter,
als der Vater, wie er wohl wußte, ſich ſchon
längſt auf dem Felde bei der Arbeit befand. Die
Mutter war eine gute, vernünftige Frau, welche
den höheren Beruf ihres Sohnes wohl einſah, und
gern ſeinem Glück die Freude, ihn um ſich zu
haben, aufopfern mochte. Sie hing ihm einen wohl-
gefüllten Knappſack über die Schultern, gab ihm

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[134/0142] trübſelige Leben des armen Jünglings währte ſo eine ziemliche Weile fort, bis er eines Abends, den vollen Milcheimer auf dem Kopf, vom Melken heimkehrte. Seine Gedanken mochten wohl ſehr ins Weite ſchweifen, denn er vergaß einem Baume aus dem Wege zu gehen, an den er mit dem Eimer ſo heftig ſtieß, daß ihm dieſer vom Kopfe fiel. Traurig ſah er die weiße Milch die ſchwarze Erde tränken, und zugleich in der Ferne den Vater mit einem ſo tüchtigen Knittel herbei eilen, daß ihm ſogleich die Luſt verging, deſſen Ankunft vollends abzuwarten. Er lief davon, war ſo glücklich ſich die Nacht über in einem Heuſchober vor dem ihm drohenden Ungewitter verbergen zu können, und ſchlich erſt am Morgen heim zu ſeiner Mutter, als der Vater, wie er wohl wußte, ſich ſchon längſt auf dem Felde bei der Arbeit befand. Die Mutter war eine gute, vernünftige Frau, welche den höheren Beruf ihres Sohnes wohl einſah, und gern ſeinem Glück die Freude, ihn um ſich zu haben, aufopfern mochte. Sie hing ihm einen wohl- gefüllten Knappſack über die Schultern, gab ihm

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/142>, abgerufen am 21.11.2024.