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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

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zu unternehmen; vorher aber malte er noch den
Apostel Lukas, wie er die heilige Jungfrau mit
dem Christuskinde abbildet, und schenkte diese Tafel
der Harlemer Malergilde zum Angedenken. Dieses
Bild, von dem Karl von Mander uns mit großem
Lobe desselben eine Beschreibung mittheilt, wurde
zu dessen Zeit von der Obrigkeit der Stadt als ein
seltnes Kleinod hoch in Ehren gehalten und auf
dem Rathhause aufbewahrt, wo es vielleicht noch
zu finden ist. Maria, umstrahlt von Schönheit
und Anmuth, mit dem lieben freundlichen Kinde,
das auf einem über die Kniee der Mutter gebreite-
ten reichen Teppich sitzt, war ganz nach Schoreels
Weise gedacht und ausgeführt; zum Apostel Lukas
hatte ein wohlgestalteter Bäcker aus Harlem gesessen,
denn Martin Hemskerk war damals durchaus ge-
wöhnt, die Natur überall, wo er es konnte, zum
Vorbilde zu nehmen. Die Palette des Schutzpa-
trons der Maler war auf dieser Tafel mit so täu-
schender Wahrheit gemalt, daß sie wirklich hervor-
zustehen schien, und überhaupt das Ganze mit mög-
lichster Treue ausgeführt. Hinter dem Apostel

zu unternehmen; vorher aber malte er noch den
Apoſtel Lukas, wie er die heilige Jungfrau mit
dem Chriſtuskinde abbildet, und ſchenkte dieſe Tafel
der Harlemer Malergilde zum Angedenken. Dieſes
Bild, von dem Karl von Mander uns mit großem
Lobe deſſelben eine Beſchreibung mittheilt, wurde
zu deſſen Zeit von der Obrigkeit der Stadt als ein
ſeltnes Kleinod hoch in Ehren gehalten und auf
dem Rathhauſe aufbewahrt, wo es vielleicht noch
zu finden iſt. Maria, umſtrahlt von Schönheit
und Anmuth, mit dem lieben freundlichen Kinde,
das auf einem über die Kniee der Mutter gebreite-
ten reichen Teppich ſitzt, war ganz nach Schoreels
Weiſe gedacht und ausgeführt; zum Apoſtel Lukas
hatte ein wohlgeſtalteter Bäcker aus Harlem geſeſſen,
denn Martin Hemskerk war damals durchaus ge-
wöhnt, die Natur überall, wo er es konnte, zum
Vorbilde zu nehmen. Die Palette des Schutzpa-
trons der Maler war auf dieſer Tafel mit ſo täu-
ſchender Wahrheit gemalt, daß ſie wirklich hervor-
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lichſter Treue ausgeführt. Hinter dem Apoſtel

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[139/0147] zu unternehmen; vorher aber malte er noch den Apoſtel Lukas, wie er die heilige Jungfrau mit dem Chriſtuskinde abbildet, und ſchenkte dieſe Tafel der Harlemer Malergilde zum Angedenken. Dieſes Bild, von dem Karl von Mander uns mit großem Lobe deſſelben eine Beſchreibung mittheilt, wurde zu deſſen Zeit von der Obrigkeit der Stadt als ein ſeltnes Kleinod hoch in Ehren gehalten und auf dem Rathhauſe aufbewahrt, wo es vielleicht noch zu finden iſt. Maria, umſtrahlt von Schönheit und Anmuth, mit dem lieben freundlichen Kinde, das auf einem über die Kniee der Mutter gebreite- ten reichen Teppich ſitzt, war ganz nach Schoreels Weiſe gedacht und ausgeführt; zum Apoſtel Lukas hatte ein wohlgeſtalteter Bäcker aus Harlem geſeſſen, denn Martin Hemskerk war damals durchaus ge- wöhnt, die Natur überall, wo er es konnte, zum Vorbilde zu nehmen. Die Palette des Schutzpa- trons der Maler war auf dieſer Tafel mit ſo täu- ſchender Wahrheit gemalt, daß ſie wirklich hervor- zuſtehen ſchien, und überhaupt das Ganze mit mög- lichſter Treue ausgeführt. Hinter dem Apoſtel

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/147>, abgerufen am 20.05.2024.