Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

heit und ächte Schönheit gänzlich aus ihrem Ge-
biete. Der bloße Schein gewann immer mehr
den lauten Beifall der verblendeten Menge, und
so ließ auch Karl von Mander vom Strome sich
hinreißen, um so mehr, da sein lebhafter Geist
ohnehin schon ihn allem Neuen gewaltig zutreiben
mußte. Sein in Antwerpen geborner Landsmann
Bartholomäus Spranger, den er als Hofmaler
Pius des fünften in Ehre und Ansehen in Rom
lebend fand, trug vor Allem durch Lehre und
Beispiel dazu bei, jeden Funken ächten Kunstge-
fühls vollends in ihm zu ersticken, und die edlen
alten Meister seines Vaterlandes, nebst ihren,
der Natur nachgebildeten herrlichen Werken, aus
seinem Gedächtnisse zu tilgen.

Bartholomäus Spranger war in der damaligen
Zeit einer der berühmtesten Verbreiter des überhand
nehmenden falschen Geschmacks, und wurde, ohner-
achtet der in seinen Werken herrschenden Unnatur,
dennoch selbst vom Papste und vom Kaiser Rudolph
dem zweiten hochgeehrt. Beide ernannten ihn zum
Hofmaler, der Papst räumte ihm eine Wohnung in

heit und ächte Schönheit gänzlich aus ihrem Ge-
biete. Der bloße Schein gewann immer mehr
den lauten Beifall der verblendeten Menge, und
ſo ließ auch Karl von Mander vom Strome ſich
hinreißen, um ſo mehr, da ſein lebhafter Geiſt
ohnehin ſchon ihn allem Neuen gewaltig zutreiben
mußte. Sein in Antwerpen geborner Landsmann
Bartholomäus Spranger, den er als Hofmaler
Pius des fünften in Ehre und Anſehen in Rom
lebend fand, trug vor Allem durch Lehre und
Beiſpiel dazu bei, jeden Funken ächten Kunſtge-
fühls vollends in ihm zu erſticken, und die edlen
alten Meiſter ſeines Vaterlandes, nebſt ihren,
der Natur nachgebildeten herrlichen Werken, aus
ſeinem Gedächtniſſe zu tilgen.

Bartholomäus Spranger war in der damaligen
Zeit einer der berühmteſten Verbreiter des überhand
nehmenden falſchen Geſchmacks, und wurde, ohner-
achtet der in ſeinen Werken herrſchenden Unnatur,
dennoch ſelbſt vom Papſte und vom Kaiſer Rudolph
dem zweiten hochgeehrt. Beide ernannten ihn zum
Hofmaler, der Papſt räumte ihm eine Wohnung in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0198" n="190"/>
heit und ächte Schönheit gänzlich aus ihrem Ge-<lb/>
biete. Der bloße Schein gewann immer mehr<lb/>
den lauten Beifall der verblendeten Menge, und<lb/>
&#x017F;o ließ auch Karl von Mander vom Strome &#x017F;ich<lb/>
hinreißen, um &#x017F;o mehr, da &#x017F;ein lebhafter Gei&#x017F;t<lb/>
ohnehin &#x017F;chon ihn allem Neuen gewaltig zutreiben<lb/>
mußte. Sein in Antwerpen geborner Landsmann<lb/>
Bartholomäus Spranger, den er als Hofmaler<lb/>
Pius des fünften in Ehre und An&#x017F;ehen in Rom<lb/>
lebend fand, trug vor Allem durch Lehre und<lb/>
Bei&#x017F;piel dazu bei, jeden Funken ächten Kun&#x017F;tge-<lb/>
fühls vollends in ihm zu er&#x017F;ticken, und die edlen<lb/>
alten Mei&#x017F;ter &#x017F;eines Vaterlandes, neb&#x017F;t ihren,<lb/>
der Natur nachgebildeten herrlichen Werken, aus<lb/>
&#x017F;einem Gedächtni&#x017F;&#x017F;e zu tilgen.</p><lb/>
        <p>Bartholomäus Spranger war in der damaligen<lb/>
Zeit einer der berühmte&#x017F;ten Verbreiter des überhand<lb/>
nehmenden fal&#x017F;chen Ge&#x017F;chmacks, und wurde, ohner-<lb/>
achtet der in &#x017F;einen Werken herr&#x017F;chenden Unnatur,<lb/>
dennoch &#x017F;elb&#x017F;t vom Pap&#x017F;te und vom Kai&#x017F;er Rudolph<lb/>
dem zweiten hochgeehrt. Beide ernannten ihn zum<lb/>
Hofmaler, der Pap&#x017F;t räumte ihm eine Wohnung in<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0198] heit und ächte Schönheit gänzlich aus ihrem Ge- biete. Der bloße Schein gewann immer mehr den lauten Beifall der verblendeten Menge, und ſo ließ auch Karl von Mander vom Strome ſich hinreißen, um ſo mehr, da ſein lebhafter Geiſt ohnehin ſchon ihn allem Neuen gewaltig zutreiben mußte. Sein in Antwerpen geborner Landsmann Bartholomäus Spranger, den er als Hofmaler Pius des fünften in Ehre und Anſehen in Rom lebend fand, trug vor Allem durch Lehre und Beiſpiel dazu bei, jeden Funken ächten Kunſtge- fühls vollends in ihm zu erſticken, und die edlen alten Meiſter ſeines Vaterlandes, nebſt ihren, der Natur nachgebildeten herrlichen Werken, aus ſeinem Gedächtniſſe zu tilgen. Bartholomäus Spranger war in der damaligen Zeit einer der berühmteſten Verbreiter des überhand nehmenden falſchen Geſchmacks, und wurde, ohner- achtet der in ſeinen Werken herrſchenden Unnatur, dennoch ſelbſt vom Papſte und vom Kaiſer Rudolph dem zweiten hochgeehrt. Beide ernannten ihn zum Hofmaler, der Papſt räumte ihm eine Wohnung in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/198
Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/198>, abgerufen am 20.05.2024.