Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

denen er in früheren Zeiten viele Wohlthaten erwiesen
hatte. Auch die Seinen wurden bei Freunden un-
tergebracht, und so waren alle einstweilen wieder
in Ruhe und Sicherheit.

Karl von Mander erhielt ein Altarblatt zu
malen, das ihm fünf und zwanzig Pfund flämisch
einbrachte; seine Frau beschenkte ihn im Laufe des
Jahres mit einem zweiten Kinde, und er wäre
gewiß bei seiner heitern Gemüthsart in dieser be-
schränkten Lage völlig zufrieden geblieben, wenn
nicht die Pest, diese furchtbare Begleiterin des
Krieges, ihn von neuem aus seinem Zufluchtsort
vertrieben hätte. Jeder Tag zählte neue Opfer
dieses entsetzlichsten aller Übel, Karl von Manders
in Courtray verheirathete Schwester mit allen den
Jhrigen gehörte unter die ersten, welche den Unter-
gang fanden, und so blieb diesem nichts übrig, als
Frau und Kinder durch schleunige Flucht zu retten.
Mit einigem Gepäcke und wenigem Gelde wanderten
sie aus den Thoren der unglücklichen Stadt, um sich
nach Brügge zu begeben; seine Frau trug, in warme
Decken eingehüllt, ihr neugebornes Kind, doch sie

denen er in früheren Zeiten viele Wohlthaten erwieſen
hatte. Auch die Seinen wurden bei Freunden un-
tergebracht, und ſo waren alle einſtweilen wieder
in Ruhe und Sicherheit.

Karl von Mander erhielt ein Altarblatt zu
malen, das ihm fünf und zwanzig Pfund flämiſch
einbrachte; ſeine Frau beſchenkte ihn im Laufe des
Jahres mit einem zweiten Kinde, und er wäre
gewiß bei ſeiner heitern Gemüthsart in dieſer be-
ſchränkten Lage völlig zufrieden geblieben, wenn
nicht die Peſt, dieſe furchtbare Begleiterin des
Krieges, ihn von neuem aus ſeinem Zufluchtsort
vertrieben hätte. Jeder Tag zählte neue Opfer
dieſes entſetzlichſten aller Übel, Karl von Manders
in Courtray verheirathete Schweſter mit allen den
Jhrigen gehörte unter die erſten, welche den Unter-
gang fanden, und ſo blieb dieſem nichts übrig, als
Frau und Kinder durch ſchleunige Flucht zu retten.
Mit einigem Gepäcke und wenigem Gelde wanderten
ſie aus den Thoren der unglücklichen Stadt, um ſich
nach Brügge zu begeben; ſeine Frau trug, in warme
Decken eingehüllt, ihr neugebornes Kind, doch ſie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0207" n="199"/>
denen er in früheren Zeiten viele Wohlthaten erwie&#x017F;en<lb/>
hatte. Auch die Seinen wurden bei Freunden un-<lb/>
tergebracht, und &#x017F;o waren alle ein&#x017F;tweilen wieder<lb/>
in Ruhe und Sicherheit.</p><lb/>
        <p>Karl von Mander erhielt ein Altarblatt zu<lb/>
malen, das ihm fünf und zwanzig Pfund flämi&#x017F;ch<lb/>
einbrachte; &#x017F;eine Frau be&#x017F;chenkte ihn im Laufe des<lb/>
Jahres mit einem zweiten Kinde, und er wäre<lb/>
gewiß bei &#x017F;einer heitern Gemüthsart in die&#x017F;er be-<lb/>
&#x017F;chränkten Lage völlig zufrieden geblieben, wenn<lb/>
nicht die Pe&#x017F;t, die&#x017F;e furchtbare Begleiterin des<lb/>
Krieges, ihn von neuem aus &#x017F;einem Zufluchtsort<lb/>
vertrieben hätte. Jeder Tag zählte neue Opfer<lb/>
die&#x017F;es ent&#x017F;etzlich&#x017F;ten aller Übel, Karl von Manders<lb/>
in Courtray verheirathete Schwe&#x017F;ter mit allen den<lb/>
Jhrigen gehörte unter die er&#x017F;ten, welche den Unter-<lb/>
gang fanden, und &#x017F;o blieb die&#x017F;em nichts übrig, als<lb/>
Frau und Kinder durch &#x017F;chleunige Flucht zu retten.<lb/>
Mit einigem Gepäcke und wenigem Gelde wanderten<lb/>
&#x017F;ie aus den Thoren der unglücklichen Stadt, um &#x017F;ich<lb/>
nach Brügge zu begeben; &#x017F;eine Frau trug, in warme<lb/>
Decken eingehüllt, ihr neugebornes Kind, doch &#x017F;ie<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[199/0207] denen er in früheren Zeiten viele Wohlthaten erwieſen hatte. Auch die Seinen wurden bei Freunden un- tergebracht, und ſo waren alle einſtweilen wieder in Ruhe und Sicherheit. Karl von Mander erhielt ein Altarblatt zu malen, das ihm fünf und zwanzig Pfund flämiſch einbrachte; ſeine Frau beſchenkte ihn im Laufe des Jahres mit einem zweiten Kinde, und er wäre gewiß bei ſeiner heitern Gemüthsart in dieſer be- ſchränkten Lage völlig zufrieden geblieben, wenn nicht die Peſt, dieſe furchtbare Begleiterin des Krieges, ihn von neuem aus ſeinem Zufluchtsort vertrieben hätte. Jeder Tag zählte neue Opfer dieſes entſetzlichſten aller Übel, Karl von Manders in Courtray verheirathete Schweſter mit allen den Jhrigen gehörte unter die erſten, welche den Unter- gang fanden, und ſo blieb dieſem nichts übrig, als Frau und Kinder durch ſchleunige Flucht zu retten. Mit einigem Gepäcke und wenigem Gelde wanderten ſie aus den Thoren der unglücklichen Stadt, um ſich nach Brügge zu begeben; ſeine Frau trug, in warme Decken eingehüllt, ihr neugebornes Kind, doch ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/207
Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/207>, abgerufen am 19.05.2024.