Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

Der große Tag kam, der Kaiser auch. Die
Majestät ward gebührend empfangen, und endlich
von dem Marquis auf einen Balkon geführt, um die
lange Reihe der geschmückten Diener anzusehen, die
Prozessionsartig unten im Hofe vorbei zogen. Der
Poet und der Philosoph in ihren schönen weißen
damastnen Gewändern stolzirten an der Spitze des
Zuges, und in ihrer Mitte Mabuse in einem ähn-
lichen, doch weit schöneren Kleide. Damast von
solcher Pracht, so blendend weiß, mit so herrlichen
geschmackvollen Laubgewinden und Blumen hatte der
Kaiser noch nicht gesehen, auch lobte er ihn über
die maßen.

Bei der Tasel endlich, wo der Poet, der
Philosoph und der Maler in ihren schönen Kleidern
unter der übrigen geputzten Dienerschaar zur Auf-
wartung bereit dastanden, fiel des Kaisers Blick
abermals auf Mabusens vortrefflichen Damast; dem
Maler wurde gewinkt, näher zu treten, der Damast
blieb auch in der Nähe so schön, daß der Kaiser
einen Zipfel des Gewandes ergriff, um ihn besser
zu untersuchen, und nun erst entdeckte er die

Der große Tag kam, der Kaiſer auch. Die
Majeſtät ward gebührend empfangen, und endlich
von dem Marquis auf einen Balkon geführt, um die
lange Reihe der geſchmückten Diener anzuſehen, die
Prozeſſionsartig unten im Hofe vorbei zogen. Der
Poet und der Philoſoph in ihren ſchönen weißen
damaſtnen Gewändern ſtolzirten an der Spitze des
Zuges, und in ihrer Mitte Mabuſe in einem ähn-
lichen, doch weit ſchöneren Kleide. Damaſt von
ſolcher Pracht, ſo blendend weiß, mit ſo herrlichen
geſchmackvollen Laubgewinden und Blumen hatte der
Kaiſer noch nicht geſehen, auch lobte er ihn über
die maßen.

Bei der Taſel endlich, wo der Poet, der
Philoſoph und der Maler in ihren ſchönen Kleidern
unter der übrigen geputzten Dienerſchaar zur Auf-
wartung bereit daſtanden, fiel des Kaiſers Blick
abermals auf Mabuſens vortrefflichen Damaſt; dem
Maler wurde gewinkt, näher zu treten, der Damaſt
blieb auch in der Nähe ſo ſchön, daß der Kaiſer
einen Zipfel des Gewandes ergriff, um ihn beſſer
zu unterſuchen, und nun erſt entdeckte er die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0042" n="32"/>
        <p>Der große Tag kam, der Kai&#x017F;er auch. Die<lb/>
Maje&#x017F;tät ward gebührend empfangen, und endlich<lb/>
von dem Marquis auf einen Balkon geführt, um die<lb/>
lange Reihe der ge&#x017F;chmückten Diener anzu&#x017F;ehen, die<lb/>
Proze&#x017F;&#x017F;ionsartig unten im Hofe vorbei zogen. Der<lb/>
Poet und der Philo&#x017F;oph in ihren &#x017F;chönen weißen<lb/>
dama&#x017F;tnen Gewändern &#x017F;tolzirten an der Spitze des<lb/>
Zuges, und in ihrer Mitte Mabu&#x017F;e in einem ähn-<lb/>
lichen, doch weit &#x017F;chöneren Kleide. Dama&#x017F;t von<lb/>
&#x017F;olcher Pracht, &#x017F;o blendend weiß, mit &#x017F;o herrlichen<lb/>
ge&#x017F;chmackvollen Laubgewinden und Blumen hatte der<lb/>
Kai&#x017F;er noch nicht ge&#x017F;ehen, auch lobte er ihn über<lb/>
die maßen.</p><lb/>
        <p>Bei der Ta&#x017F;el endlich, wo der Poet, der<lb/>
Philo&#x017F;oph und der Maler in ihren &#x017F;chönen Kleidern<lb/>
unter der übrigen geputzten Diener&#x017F;chaar zur Auf-<lb/>
wartung bereit da&#x017F;tanden, fiel des Kai&#x017F;ers Blick<lb/>
abermals auf Mabu&#x017F;ens vortrefflichen Dama&#x017F;t; dem<lb/>
Maler wurde gewinkt, näher zu treten, der Dama&#x017F;t<lb/>
blieb auch in der Nähe &#x017F;o &#x017F;chön, daß der Kai&#x017F;er<lb/>
einen Zipfel des Gewandes ergriff, um ihn be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
zu unter&#x017F;uchen, und nun er&#x017F;t entdeckte er die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0042] Der große Tag kam, der Kaiſer auch. Die Majeſtät ward gebührend empfangen, und endlich von dem Marquis auf einen Balkon geführt, um die lange Reihe der geſchmückten Diener anzuſehen, die Prozeſſionsartig unten im Hofe vorbei zogen. Der Poet und der Philoſoph in ihren ſchönen weißen damaſtnen Gewändern ſtolzirten an der Spitze des Zuges, und in ihrer Mitte Mabuſe in einem ähn- lichen, doch weit ſchöneren Kleide. Damaſt von ſolcher Pracht, ſo blendend weiß, mit ſo herrlichen geſchmackvollen Laubgewinden und Blumen hatte der Kaiſer noch nicht geſehen, auch lobte er ihn über die maßen. Bei der Taſel endlich, wo der Poet, der Philoſoph und der Maler in ihren ſchönen Kleidern unter der übrigen geputzten Dienerſchaar zur Auf- wartung bereit daſtanden, fiel des Kaiſers Blick abermals auf Mabuſens vortrefflichen Damaſt; dem Maler wurde gewinkt, näher zu treten, der Damaſt blieb auch in der Nähe ſo ſchön, daß der Kaiſer einen Zipfel des Gewandes ergriff, um ihn beſſer zu unterſuchen, und nun erſt entdeckte er die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/42
Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/42>, abgerufen am 24.11.2024.