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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

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schreiten; alles ist in Bewegung, doch immer fern
von aller Übertreibung. Die drei Kreuze nehmen
die Mitte des Bildes ein; auf der den Hintergrund
bildenden Landschaft erblickt man Jerusalem und
viele hin und her Wandelnde unter den Mauern der
Stadt. Wunderschön ist der Kontrast zwischen dem
sterbenden Heiland und den in peinlicher Qual ver-
scheidenden Verbrechern ausgedrückt, nicht minder
auch der zwischen diesen beiden obwaltende Unter-
schied der Karaktere. Beider Sterben ist furchtbar,
doch fern von gräßlicher Verzerrung, ihre Physiog-
nomien gänzlich verschieden, so wie auch ihre Hal-
tung im Tode.

Angeklammert an den Fuß des Kreuzes,
welches den Erlöser trägt, mit dem vollen Ausdruck
wilden verzweiflenden Schmerzes, halb knieend,
halb aufgerichtet, blickt Magdalena zu ihm herauf,
fast zürnend dem Himmel, der dieß Ungeheure
geschehen läßt. Seitwärts erliegt die weinende
Mutter ihrem stilleren, doch nicht minder herzzer-
reißenden Schmerz. Johannes und Maria Salome
unterstützen, im eignen Jammer fast vergehend, die

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ſchreiten; alles iſt in Bewegung, doch immer fern
von aller Übertreibung. Die drei Kreuze nehmen
die Mitte des Bildes ein; auf der den Hintergrund
bildenden Landſchaft erblickt man Jeruſalem und
viele hin und her Wandelnde unter den Mauern der
Stadt. Wunderſchön iſt der Kontraſt zwiſchen dem
ſterbenden Heiland und den in peinlicher Qual ver-
ſcheidenden Verbrechern ausgedrückt, nicht minder
auch der zwiſchen dieſen beiden obwaltende Unter-
ſchied der Karaktere. Beider Sterben iſt furchtbar,
doch fern von gräßlicher Verzerrung, ihre Phyſiog-
nomien gänzlich verſchieden, ſo wie auch ihre Hal-
tung im Tode.

Angeklammert an den Fuß des Kreuzes,
welches den Erlöſer trägt, mit dem vollen Ausdruck
wilden verzweiflenden Schmerzes, halb knieend,
halb aufgerichtet, blickt Magdalena zu ihm herauf,
faſt zürnend dem Himmel, der dieß Ungeheure
geſchehen läßt. Seitwärts erliegt die weinende
Mutter ihrem ſtilleren, doch nicht minder herzzer-
reißenden Schmerz. Johannes und Maria Salome
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[35/0045] ſchreiten; alles iſt in Bewegung, doch immer fern von aller Übertreibung. Die drei Kreuze nehmen die Mitte des Bildes ein; auf der den Hintergrund bildenden Landſchaft erblickt man Jeruſalem und viele hin und her Wandelnde unter den Mauern der Stadt. Wunderſchön iſt der Kontraſt zwiſchen dem ſterbenden Heiland und den in peinlicher Qual ver- ſcheidenden Verbrechern ausgedrückt, nicht minder auch der zwiſchen dieſen beiden obwaltende Unter- ſchied der Karaktere. Beider Sterben iſt furchtbar, doch fern von gräßlicher Verzerrung, ihre Phyſiog- nomien gänzlich verſchieden, ſo wie auch ihre Hal- tung im Tode. Angeklammert an den Fuß des Kreuzes, welches den Erlöſer trägt, mit dem vollen Ausdruck wilden verzweiflenden Schmerzes, halb knieend, halb aufgerichtet, blickt Magdalena zu ihm herauf, faſt zürnend dem Himmel, der dieß Ungeheure geſchehen läßt. Seitwärts erliegt die weinende Mutter ihrem ſtilleren, doch nicht minder herzzer- reißenden Schmerz. Johannes und Maria Salome unterſtützen, im eignen Jammer faſt vergehend, die 3 *

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/45>, abgerufen am 21.11.2024.