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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

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Nach Verlauf einiger Jahre, während welchen
Schoreel sich fortwährend in Utrecht aufhielt, ent-
standen dort bedeutende Unruhen; die Stadt theilte
sich in zwei Partheien, von denen es die eine mit
ihrem Bischof, die andere mit dem Herzog von
Geldern hielt, die beide mit einander wegen gegen-
seitiger Ansprüche in Streit gerathen waren. Alle
Gräuel eines bürgerlichen Aufruhrs tobten Tag
und Nacht in den sonst so ruhigen Straßen, die
friedlich gesinnten Bürger entflohen, und auch
Schoreel fühlte sich bewogen seinen Wohnort einst-
weilen zu verändern.

Er zog nach Harlem, wo der Komthur des
Johanniter-Ordens, Simon Saen, ein warmer
Verehrer der Kunst, ihm mit offnen Armen und
großer Freude entgegen kam, und ihm sogleich
mehrere bedeutende Arbeiten auftrug. Einige von
diesen befanden sich noch zu Karl von Manders
Zeiten in Harlem, und Letzterer gedenkt ihrer mit
großem Lobe; vor Allem einer Darstellung der Taufe
des Heilands im Jordan, auf welcher Schoreel,
ganz im Geiste Raphaels, eine unendlich anmuthige

Nach Verlauf einiger Jahre, während welchen
Schoreel ſich fortwährend in Utrecht aufhielt, ent-
ſtanden dort bedeutende Unruhen; die Stadt theilte
ſich in zwei Partheien, von denen es die eine mit
ihrem Biſchof, die andere mit dem Herzog von
Geldern hielt, die beide mit einander wegen gegen-
ſeitiger Anſprüche in Streit gerathen waren. Alle
Gräuel eines bürgerlichen Aufruhrs tobten Tag
und Nacht in den ſonſt ſo ruhigen Straßen, die
friedlich geſinnten Bürger entflohen, und auch
Schoreel fühlte ſich bewogen ſeinen Wohnort einſt-
weilen zu verändern.

Er zog nach Harlem, wo der Komthur des
Johanniter-Ordens, Simon Saen, ein warmer
Verehrer der Kunſt, ihm mit offnen Armen und
großer Freude entgegen kam, und ihm ſogleich
mehrere bedeutende Arbeiten auftrug. Einige von
dieſen befanden ſich noch zu Karl von Manders
Zeiten in Harlem, und Letzterer gedenkt ihrer mit
großem Lobe; vor Allem einer Darſtellung der Taufe
des Heilands im Jordan, auf welcher Schoreel,
ganz im Geiſte Raphaels, eine unendlich anmuthige

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[70/0080] Nach Verlauf einiger Jahre, während welchen Schoreel ſich fortwährend in Utrecht aufhielt, ent- ſtanden dort bedeutende Unruhen; die Stadt theilte ſich in zwei Partheien, von denen es die eine mit ihrem Biſchof, die andere mit dem Herzog von Geldern hielt, die beide mit einander wegen gegen- ſeitiger Anſprüche in Streit gerathen waren. Alle Gräuel eines bürgerlichen Aufruhrs tobten Tag und Nacht in den ſonſt ſo ruhigen Straßen, die friedlich geſinnten Bürger entflohen, und auch Schoreel fühlte ſich bewogen ſeinen Wohnort einſt- weilen zu verändern. Er zog nach Harlem, wo der Komthur des Johanniter-Ordens, Simon Saen, ein warmer Verehrer der Kunſt, ihm mit offnen Armen und großer Freude entgegen kam, und ihm ſogleich mehrere bedeutende Arbeiten auftrug. Einige von dieſen befanden ſich noch zu Karl von Manders Zeiten in Harlem, und Letzterer gedenkt ihrer mit großem Lobe; vor Allem einer Darſtellung der Taufe des Heilands im Jordan, auf welcher Schoreel, ganz im Geiſte Raphaels, eine unendlich anmuthige

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/80>, abgerufen am 20.05.2024.