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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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während sich auf Mariens schön er Stirn einige Wol-
ken zeigten: sie dachte an die so nahe bevorstehende
Trennung von dem heißgeliebten Manne und hatte so
alle ihr zu Gebote stehende weibliche Verstellung nö-
thig, um ihr Geheimniß nicht vor dem früheren Ge-
liebten zu verrathen.

Nach dem Frühstück beurlaubte sich Arnold, der
mit der größesten Ungeduld dem Augenblick entgegen-
sah, wo er den ihm jetzt doppelt verhaßten Aufent-
halt verlassen könnte; nur die Trennung von der un-
glücklichen Dina fiel ihm schwer; nur der Gedanke,
die Sterbende völlig hülflos und in den Händen ihrer
Peiniger zurückzulassen, lastete auf seinem guten Her-
zen. Was aber konnte er im Grunde für sie thun?
worin ihr nützlich seyn? wie sie noch retten, da sie
dem Tode schon verfallen, unheilbar krank war?
Nicht einmal einen Trost in ihrer Sterbestunde würde
er ihr unter den obwaltenden Umständen haben brin-
gen können.

Sie begleitete ihn, wie er erwartet hatte, hin-
unter, um ihn auszulassen und die Thür wieder hin-
ter ihm zuzuschließen. Als sie unten mit ihm ange-
langt war, zog er die Papiere aus dem Busen und
reichte sie ihr schweigend dar. Sie erröthete leb-
haft beim Anblick derselben und sagte mit stocken-
dem Athem:

während ſich auf Mariens ſchön er Stirn einige Wol-
ken zeigten: ſie dachte an die ſo nahe bevorſtehende
Trennung von dem heißgeliebten Manne und hatte ſo
alle ihr zu Gebote ſtehende weibliche Verſtellung nö-
thig, um ihr Geheimniß nicht vor dem früheren Ge-
liebten zu verrathen.

Nach dem Frühſtück beurlaubte ſich Arnold, der
mit der größeſten Ungeduld dem Augenblick entgegen-
ſah, wo er den ihm jetzt doppelt verhaßten Aufent-
halt verlaſſen könnte; nur die Trennung von der un-
glücklichen Dina fiel ihm ſchwer; nur der Gedanke,
die Sterbende völlig hülflos und in den Händen ihrer
Peiniger zurückzulaſſen, laſtete auf ſeinem guten Her-
zen. Was aber konnte er im Grunde für ſie thun?
worin ihr nützlich ſeyn? wie ſie noch retten, da ſie
dem Tode ſchon verfallen, unheilbar krank war?
Nicht einmal einen Troſt in ihrer Sterbeſtunde würde
er ihr unter den obwaltenden Umſtänden haben brin-
gen können.

Sie begleitete ihn, wie er erwartet hatte, hin-
unter, um ihn auszulaſſen und die Thür wieder hin-
ter ihm zuzuſchließen. Als ſie unten mit ihm ange-
langt war, zog er die Papiere aus dem Buſen und
reichte ſie ihr ſchweigend dar. Sie erröthete leb-
haft beim Anblick derſelben und ſagte mit ſtocken-
dem Athem:

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[184/0192] während ſich auf Mariens ſchön er Stirn einige Wol- ken zeigten: ſie dachte an die ſo nahe bevorſtehende Trennung von dem heißgeliebten Manne und hatte ſo alle ihr zu Gebote ſtehende weibliche Verſtellung nö- thig, um ihr Geheimniß nicht vor dem früheren Ge- liebten zu verrathen. Nach dem Frühſtück beurlaubte ſich Arnold, der mit der größeſten Ungeduld dem Augenblick entgegen- ſah, wo er den ihm jetzt doppelt verhaßten Aufent- halt verlaſſen könnte; nur die Trennung von der un- glücklichen Dina fiel ihm ſchwer; nur der Gedanke, die Sterbende völlig hülflos und in den Händen ihrer Peiniger zurückzulaſſen, laſtete auf ſeinem guten Her- zen. Was aber konnte er im Grunde für ſie thun? worin ihr nützlich ſeyn? wie ſie noch retten, da ſie dem Tode ſchon verfallen, unheilbar krank war? Nicht einmal einen Troſt in ihrer Sterbeſtunde würde er ihr unter den obwaltenden Umſtänden haben brin- gen können. Sie begleitete ihn, wie er erwartet hatte, hin- unter, um ihn auszulaſſen und die Thür wieder hin- ter ihm zuzuſchließen. Als ſie unten mit ihm ange- langt war, zog er die Papiere aus dem Buſen und reichte ſie ihr ſchweigend dar. Sie erröthete leb- haft beim Anblick derſelben und ſagte mit ſtocken- dem Athem:

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/192>, abgerufen am 04.12.2024.