Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.die ich von Welt und Leben gar nichts wußte, be- Mein Vater, der sich zu Anfang dagegen ge- Jetzt zögerte selbst die alte Brigitte, die sonst Herr Braun -- so nannte er sich -- war zu Jch saß in Schmerz und Nachdenken verloren Jch habe, fast immer in der Einsamkeit und Ab- die ich von Welt und Leben gar nichts wußte, be- Mein Vater, der ſich zu Anfang dagegen ge- Jetzt zögerte ſelbſt die alte Brigitte, die ſonſt Herr Braun — ſo nannte er ſich — war zu Jch ſaß in Schmerz und Nachdenken verloren Jch habe, faſt immer in der Einſamkeit und Ab- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0108" n="102"/> die ich von Welt und Leben gar nichts wußte, be-<lb/> unruhigte meine Seele in ſolchem Maße, daß ich ſelbſt<lb/> in Gefahr war, krank zu werden.</p><lb/> <p>Mein Vater, der ſich zu Anfang dagegen ge-<lb/> wehrt hatte, einen Arzt herbeizurufen, weil ein al-<lb/> ter Arzt, ſein ehemaliger Freund, mit Tode abge-<lb/> gangen war, wurde mit jedem Tage bedenklicher krank<lb/> und es kam endlich ſo weit, daß er ohne Beſinnung<lb/> im heftigſten Fieber lag.</p><lb/> <p>Jetzt zögerte ſelbſt die alte Brigitte, die ſonſt<lb/> gewohnt war, ſich dem Willen meines Vaters blind-<lb/> lings zu fügen, nicht länger, auf die Nachbarſchaft<lb/> zu gehen und ſich nach dem geſchickteſten Arzte zu er-<lb/> kundigen. Man nannte ihr einen, deſſen Kenntniſſe<lb/> man außerordentlich pries, und ſie lief zu ihm, um<lb/> ihn zu beſtellen.</p><lb/> <p>Herr <hi rendition="#g">Braun</hi> — ſo nannte er ſich — war zu<lb/> Hauſe, als Brigitte zu ihm kam, und folgte ihr ſo-<lb/> gleich, da ſie ihm den Zuſtand des Kranken als ſehr<lb/> bedenklich ſchilderte.</p><lb/> <p>Jch ſaß in Schmerz und Nachdenken verloren<lb/> neben dem Bette meines Vaters, als Braun eintrat.</p><lb/> <p>Jch habe, faſt immer in der Einſamkeit und Ab-<lb/> geſchiedenheit lebend, nur wenige Männer geſehen;<lb/> trotz dem glaube ich aber behaupten zu dürfen, daß<lb/> es unmöglich ſei, daß auch nur ein einziger Mann<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [102/0108]
die ich von Welt und Leben gar nichts wußte, be-
unruhigte meine Seele in ſolchem Maße, daß ich ſelbſt
in Gefahr war, krank zu werden.
Mein Vater, der ſich zu Anfang dagegen ge-
wehrt hatte, einen Arzt herbeizurufen, weil ein al-
ter Arzt, ſein ehemaliger Freund, mit Tode abge-
gangen war, wurde mit jedem Tage bedenklicher krank
und es kam endlich ſo weit, daß er ohne Beſinnung
im heftigſten Fieber lag.
Jetzt zögerte ſelbſt die alte Brigitte, die ſonſt
gewohnt war, ſich dem Willen meines Vaters blind-
lings zu fügen, nicht länger, auf die Nachbarſchaft
zu gehen und ſich nach dem geſchickteſten Arzte zu er-
kundigen. Man nannte ihr einen, deſſen Kenntniſſe
man außerordentlich pries, und ſie lief zu ihm, um
ihn zu beſtellen.
Herr Braun — ſo nannte er ſich — war zu
Hauſe, als Brigitte zu ihm kam, und folgte ihr ſo-
gleich, da ſie ihm den Zuſtand des Kranken als ſehr
bedenklich ſchilderte.
Jch ſaß in Schmerz und Nachdenken verloren
neben dem Bette meines Vaters, als Braun eintrat.
Jch habe, faſt immer in der Einſamkeit und Ab-
geſchiedenheit lebend, nur wenige Männer geſehen;
trotz dem glaube ich aber behaupten zu dürfen, daß
es unmöglich ſei, daß auch nur ein einziger Mann
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