Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.den bei jener traurigen Veranlassung zu mir eintreten- Jhm, dem Sieggewohnten, dem Lebenserfahrenen, den bei jener traurigen Veranlaſſung zu mir eintreten- Jhm, dem Sieggewohnten, dem Lebenserfahrenen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0109" n="103"/> den bei jener traurigen Veranlaſſung zu mir eintreten-<lb/> den an Schönheit übertreffen könnte. Nicht ein Menſch,<lb/> ſondern eine der Geſtalten aus der Götter- und He-<lb/> roenzeit ſchien er zu ſeyn. Sein hoher Wuchs, ſeine<lb/> zugleich edle und ſtolze Haltung; ſeine regelmäßigen<lb/> Geſichtszüge; ſein glühendes dunkles Auge, das gleich<lb/> ſchön war, wenn es gebieteriſch oder freundlich blickte;<lb/> ſein ſanft gelocktes, ſeidenweiches dunkles Haar; ſeine<lb/> hohe Stirn, ſeine zugleich freundliche und doch auch<lb/> wieder ernſte Miene, verſetzten mich in ein Erſtaunen,<lb/> daß ich im erſten Augenblick gänzlich vergaß, zu wel-<lb/> chem Zwecke ich ihn hatte rufen laſſen und den Blick<lb/> nicht von ihm abzuwenden vermochte. Wie unſchick-<lb/> lich es für eine weibliche Perſon ſei, auf ſolche Weiſe<lb/> einen Mann, gleich einem ſchönen Portrait, anzuſehen,<lb/> wie doppelt unſchicklich dies für ein junges Mädchen ſei,<lb/> davon wußte ich nichts, und hätte ich es gewußt, ſo<lb/> würde ich es mir doch nicht haben verſagen können.</p><lb/> <p>Jhm, dem Sieggewohnten, dem Lebenserfahrenen,<lb/> konnte es nicht entgehen, welchen Eindruck er auf mich<lb/> machte und das Lächeln, welches ſeinen feinen Mund<lb/> umflog und ihn unendlich verſchönerte, hätte mir ver-<lb/> rathen können, daß er ſich durch mein naives Erſtau-<lb/> nen über ſeine Perſönlichkeit geſchmeichelt fühlte, wenn<lb/> ich nur einen kleinen Theil meiner Beſonnenheit ihm<lb/> gegenüber bewahrt hätte.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [103/0109]
den bei jener traurigen Veranlaſſung zu mir eintreten-
den an Schönheit übertreffen könnte. Nicht ein Menſch,
ſondern eine der Geſtalten aus der Götter- und He-
roenzeit ſchien er zu ſeyn. Sein hoher Wuchs, ſeine
zugleich edle und ſtolze Haltung; ſeine regelmäßigen
Geſichtszüge; ſein glühendes dunkles Auge, das gleich
ſchön war, wenn es gebieteriſch oder freundlich blickte;
ſein ſanft gelocktes, ſeidenweiches dunkles Haar; ſeine
hohe Stirn, ſeine zugleich freundliche und doch auch
wieder ernſte Miene, verſetzten mich in ein Erſtaunen,
daß ich im erſten Augenblick gänzlich vergaß, zu wel-
chem Zwecke ich ihn hatte rufen laſſen und den Blick
nicht von ihm abzuwenden vermochte. Wie unſchick-
lich es für eine weibliche Perſon ſei, auf ſolche Weiſe
einen Mann, gleich einem ſchönen Portrait, anzuſehen,
wie doppelt unſchicklich dies für ein junges Mädchen ſei,
davon wußte ich nichts, und hätte ich es gewußt, ſo
würde ich es mir doch nicht haben verſagen können.
Jhm, dem Sieggewohnten, dem Lebenserfahrenen,
konnte es nicht entgehen, welchen Eindruck er auf mich
machte und das Lächeln, welches ſeinen feinen Mund
umflog und ihn unendlich verſchönerte, hätte mir ver-
rathen können, daß er ſich durch mein naives Erſtau-
nen über ſeine Perſönlichkeit geſchmeichelt fühlte, wenn
ich nur einen kleinen Theil meiner Beſonnenheit ihm
gegenüber bewahrt hätte.
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