Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.Nachdem er einige Augenblicke auch mich vom -- "Wie schön Sie sind!" nahm Braun das Jch wußte nicht, was ich ihm antworten sollte; Nachdem er einige Augenblicke auch mich vom — „Wie ſchön Sie ſind!“ nahm Braun das Jch wußte nicht, was ich ihm antworten ſollte; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0110" n="104"/> <p>Nachdem er einige Augenblicke auch mich vom<lb/> Kopf bis auf die Füße mit ſeinem prüfenden Blick<lb/> gemuſtert hatte, trat er zum Lager des Kranken, um<lb/> den Puls deſſelben zu unterſuchen. Dann richtete er<lb/> einige Fragen über das Entſtehen und die Dauer der<lb/> Krankheit an mich, nahm ſein Taſchenbuch hervor und<lb/> verſchrieb Etwas. Als das Recept fertig war, neigte<lb/> er ſich an Brigittens ziemlich taubes Ohr, und befahl<lb/> ihr, die Arzenei machen zu laſſen und ſo lange in der<lb/> Apotheke zu bleiben, bis ſie fertig ſeyn würde. Sie<lb/> ging und ich blieb allein mit Braun zurück, <hi rendition="#g">allein</hi><lb/> ſage ich, denn mein Vater, der in einem völlig be-<lb/> ſinnungsloſen Zuſtande dalag, zählte ja nicht.</p><lb/> <p>— „Wie ſchön Sie ſind!“ nahm Braun das<lb/> Wort, nachdem er mich eine Weile mit brennenden<lb/> Blicken betrachtet und dadurch zum lebhafteſten Errö-<lb/> then, zum Niederſenken der Augen gezwungen hatte;<lb/> „wie ſchön Sie ſind!“ wiederholte er, „und ich bin<lb/> ſeit einem Jahre in dieſer Stadt, ohne daß man mir<lb/> von Jhnen redete?“</p><lb/> <p>Jch wußte nicht, was ich ihm antworten ſollte;<lb/> meine Lippen bewegten ſich, ohne einen Laut hervor-<lb/> bringen zu können und hätte ich ihm geantwortet, ſo<lb/> würde ich ohne Zweifel etwas Unſchickliches geſagt ha-<lb/> ben, denn die Bezauberung, die dieſer außerordent-<lb/> liche Mann auf mich ausübte, war ſo groß, als die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [104/0110]
Nachdem er einige Augenblicke auch mich vom
Kopf bis auf die Füße mit ſeinem prüfenden Blick
gemuſtert hatte, trat er zum Lager des Kranken, um
den Puls deſſelben zu unterſuchen. Dann richtete er
einige Fragen über das Entſtehen und die Dauer der
Krankheit an mich, nahm ſein Taſchenbuch hervor und
verſchrieb Etwas. Als das Recept fertig war, neigte
er ſich an Brigittens ziemlich taubes Ohr, und befahl
ihr, die Arzenei machen zu laſſen und ſo lange in der
Apotheke zu bleiben, bis ſie fertig ſeyn würde. Sie
ging und ich blieb allein mit Braun zurück, allein
ſage ich, denn mein Vater, der in einem völlig be-
ſinnungsloſen Zuſtande dalag, zählte ja nicht.
— „Wie ſchön Sie ſind!“ nahm Braun das
Wort, nachdem er mich eine Weile mit brennenden
Blicken betrachtet und dadurch zum lebhafteſten Errö-
then, zum Niederſenken der Augen gezwungen hatte;
„wie ſchön Sie ſind!“ wiederholte er, „und ich bin
ſeit einem Jahre in dieſer Stadt, ohne daß man mir
von Jhnen redete?“
Jch wußte nicht, was ich ihm antworten ſollte;
meine Lippen bewegten ſich, ohne einen Laut hervor-
bringen zu können und hätte ich ihm geantwortet, ſo
würde ich ohne Zweifel etwas Unſchickliches geſagt ha-
ben, denn die Bezauberung, die dieſer außerordent-
liche Mann auf mich ausübte, war ſo groß, als die
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