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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.

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seit seiner Trennung von dem Propheten erfaßt; denn
obgleich er sich durch diesen, ihm erst im höchsten
Grade verdächtigen, dann, als er ihn näher kennen
gelernt, von ihm verachteten Mann nicht hatte kö-
dern und durch eine feste Anstellung binden lassen, so
war ihm der Aufenthalt in Nauvoo, besonders in
der letzten Zeit, doch im höchsten Grade widerwärtig
gewesen und er konnte die Stadt kaum anders als
ein nur etwas größeres Gefängniß ansehen.

Dazu gesellten sich noch die geheimen Machina-
tionen des Propheten, der ihm seine ihm verhaßte
Freundschaft aufzudringen suchte, so wie sein Ver-
hältniß zu Marien, an deren Liebe er nicht mehr
zweifeln durfte, ohne sie doch erwiedern zu können.
Als Mann einer Frau gegenüberstehend, hatte ihn
dies in die schwierigste Lage gebracht, da ihm die Rit-
terlichkeit seines Wesens nicht erlaubte, Marie mit
ihrer Neigung so abzuweisen, wie er Joe Smith mit
seiner Zuvorkommenheit abgewiesen hatte.

Von allen diesen Fesseln und Unbequemlichkeiten
sah er sich jetzt durch einen raschen Entschluß befreit
und überdies durch Muth und Besonnenheit einer
großen Gefahr entrissen. Die ganze große Welt ge-
hörte wieder ihm an: er durfte seine Schritte lenken,
wohin er wollte und sich von der schönen Erde neh-
men, so viel er zu seiner Behaglichkeit bedurfte.

ſeit ſeiner Trennung von dem Propheten erfaßt; denn
obgleich er ſich durch dieſen, ihm erſt im höchſten
Grade verdächtigen, dann, als er ihn näher kennen
gelernt, von ihm verachteten Mann nicht hatte kö-
dern und durch eine feſte Anſtellung binden laſſen, ſo
war ihm der Aufenthalt in Nauvoo, beſonders in
der letzten Zeit, doch im höchſten Grade widerwärtig
geweſen und er konnte die Stadt kaum anders als
ein nur etwas größeres Gefängniß anſehen.

Dazu geſellten ſich noch die geheimen Machina-
tionen des Propheten, der ihm ſeine ihm verhaßte
Freundſchaft aufzudringen ſuchte, ſo wie ſein Ver-
hältniß zu Marien, an deren Liebe er nicht mehr
zweifeln durfte, ohne ſie doch erwiedern zu können.
Als Mann einer Frau gegenüberſtehend, hatte ihn
dies in die ſchwierigſte Lage gebracht, da ihm die Rit-
terlichkeit ſeines Weſens nicht erlaubte, Marie mit
ihrer Neigung ſo abzuweiſen, wie er Joe Smith mit
ſeiner Zuvorkommenheit abgewieſen hatte.

Von allen dieſen Feſſeln und Unbequemlichkeiten
ſah er ſich jetzt durch einen raſchen Entſchluß befreit
und überdies durch Muth und Beſonnenheit einer
großen Gefahr entriſſen. Die ganze große Welt ge-
hörte wieder ihm an: er durfte ſeine Schritte lenken,
wohin er wollte und ſich von der ſchönen Erde neh-
men, ſo viel er zu ſeiner Behaglichkeit bedurfte.

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[198/0204] ſeit ſeiner Trennung von dem Propheten erfaßt; denn obgleich er ſich durch dieſen, ihm erſt im höchſten Grade verdächtigen, dann, als er ihn näher kennen gelernt, von ihm verachteten Mann nicht hatte kö- dern und durch eine feſte Anſtellung binden laſſen, ſo war ihm der Aufenthalt in Nauvoo, beſonders in der letzten Zeit, doch im höchſten Grade widerwärtig geweſen und er konnte die Stadt kaum anders als ein nur etwas größeres Gefängniß anſehen. Dazu geſellten ſich noch die geheimen Machina- tionen des Propheten, der ihm ſeine ihm verhaßte Freundſchaft aufzudringen ſuchte, ſo wie ſein Ver- hältniß zu Marien, an deren Liebe er nicht mehr zweifeln durfte, ohne ſie doch erwiedern zu können. Als Mann einer Frau gegenüberſtehend, hatte ihn dies in die ſchwierigſte Lage gebracht, da ihm die Rit- terlichkeit ſeines Weſens nicht erlaubte, Marie mit ihrer Neigung ſo abzuweiſen, wie er Joe Smith mit ſeiner Zuvorkommenheit abgewieſen hatte. Von allen dieſen Feſſeln und Unbequemlichkeiten ſah er ſich jetzt durch einen raſchen Entſchluß befreit und überdies durch Muth und Beſonnenheit einer großen Gefahr entriſſen. Die ganze große Welt ge- hörte wieder ihm an: er durfte ſeine Schritte lenken, wohin er wollte und ſich von der ſchönen Erde neh- men, ſo viel er zu ſeiner Behaglichkeit bedurfte.

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/204>, abgerufen am 17.05.2024.