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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846.

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menen Worte nur als Hohn deuten, den Sie, um
Jhrer, weder von mir noch meinem Vater provocir-
ten Rache völlig genug zu thun, noch zu Jhren übri-
gen Beleidigungen hinzuzufügen belieben. Sie irren
sich aber, wenn Sie hoffen, mich dadurch noch mehr
zu betrüben; das Maß meines Unglücks ist voll und
jeder noch hinzugefügte bittre Tropfen würde nur
überfließen."

-- "Sie verkennen mich gänzlich," erwiederte
ihr Joe nach einer ziemlich langen Pause, während
welcher seine Blicke an ihren, durch den Zorn noch
erhöhten Reizen geschwelgt hatten; "beim Himmel,
Sie verkennen mich! Es liegt in den Umständen, daß
ich als schuldig vor Jhren Augen erscheinen muß, als
ein Mann, der Recht und Gerechtigkeit mit Füßen
tritt; allein nicht der Haß, sondern allein die Liebe,
die Liebe zu Jhnen, Flora, war die Triebfeder aller
meiner Handlungen. Jch sah Sie, Jhre unübertreff-
lichen Reize entzündeten ein unauslöschliches Feuer in
meinem Herzen und der Wunsch, Sie zu besitzen,
gewann eine solche Macht über mich, daß ich ihm
Befriedigung verschaffen, oder sterben mußte. Jch
warb bei Jhrem Vater um Jhre Hand -- denn
meine Lage war so, daß ich es wagen durfte, Sir
John um den Namen Sohn zu bitten -- ich warb
wiederholt, aber vergeblich, und so blieb mir endlich

menen Worte nur als Hohn deuten, den Sie, um
Jhrer, weder von mir noch meinem Vater provocir-
ten Rache völlig genug zu thun, noch zu Jhren übri-
gen Beleidigungen hinzuzufügen belieben. Sie irren
ſich aber, wenn Sie hoffen, mich dadurch noch mehr
zu betrüben; das Maß meines Unglücks iſt voll und
jeder noch hinzugefügte bittre Tropfen würde nur
überfließen.“

— „Sie verkennen mich gänzlich,“ erwiederte
ihr Joe nach einer ziemlich langen Pauſe, während
welcher ſeine Blicke an ihren, durch den Zorn noch
erhöhten Reizen geſchwelgt hatten; „beim Himmel,
Sie verkennen mich! Es liegt in den Umſtänden, daß
ich als ſchuldig vor Jhren Augen erſcheinen muß, als
ein Mann, der Recht und Gerechtigkeit mit Füßen
tritt; allein nicht der Haß, ſondern allein die Liebe,
die Liebe zu Jhnen, Flora, war die Triebfeder aller
meiner Handlungen. Jch ſah Sie, Jhre unübertreff-
lichen Reize entzündeten ein unauslöſchliches Feuer in
meinem Herzen und der Wunſch, Sie zu beſitzen,
gewann eine ſolche Macht über mich, daß ich ihm
Befriedigung verſchaffen, oder ſterben mußte. Jch
warb bei Jhrem Vater um Jhre Hand — denn
meine Lage war ſo, daß ich es wagen durfte, Sir
John um den Namen Sohn zu bitten — ich warb
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[142/0148] menen Worte nur als Hohn deuten, den Sie, um Jhrer, weder von mir noch meinem Vater provocir- ten Rache völlig genug zu thun, noch zu Jhren übri- gen Beleidigungen hinzuzufügen belieben. Sie irren ſich aber, wenn Sie hoffen, mich dadurch noch mehr zu betrüben; das Maß meines Unglücks iſt voll und jeder noch hinzugefügte bittre Tropfen würde nur überfließen.“ — „Sie verkennen mich gänzlich,“ erwiederte ihr Joe nach einer ziemlich langen Pauſe, während welcher ſeine Blicke an ihren, durch den Zorn noch erhöhten Reizen geſchwelgt hatten; „beim Himmel, Sie verkennen mich! Es liegt in den Umſtänden, daß ich als ſchuldig vor Jhren Augen erſcheinen muß, als ein Mann, der Recht und Gerechtigkeit mit Füßen tritt; allein nicht der Haß, ſondern allein die Liebe, die Liebe zu Jhnen, Flora, war die Triebfeder aller meiner Handlungen. Jch ſah Sie, Jhre unübertreff- lichen Reize entzündeten ein unauslöſchliches Feuer in meinem Herzen und der Wunſch, Sie zu beſitzen, gewann eine ſolche Macht über mich, daß ich ihm Befriedigung verſchaffen, oder ſterben mußte. Jch warb bei Jhrem Vater um Jhre Hand — denn meine Lage war ſo, daß ich es wagen durfte, Sir John um den Namen Sohn zu bitten — ich warb wiederholt, aber vergeblich, und ſo blieb mir endlich

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/148>, abgerufen am 28.11.2024.