einer Wuth und Verzweiflung, die deutlich zeigten, daß er den Tod suchte.
Es sollte ihm so gut nicht werden, mit den Waf- fen in der Hand auf dem Kampfplatze zu fallen: einer der Soldaten versetzte ihm mit dem Gewehrkol- ben einen solchen Schlag auf den Arm, daß die Kno- chen darin zersplitterten und die Andern benutzten seine Entwaffnung, um ihn zu Boden zu reißen, zu knebeln und zurück in das Gefängniß zu bringen.
Hier lag er lange in tiefer Ohnmacht. Als er aus derselben erwachte und denselben Wundarzt mit sich beschäftigt sah, welcher ihn schon früher verbun- den hatte, sagte er mit kaum vernehmbarer Stimme:
"C'est le commencement de la fin?" nicht wahr?"
Der junge Mann schwieg und sah vor sich nieder.
-- "Sie haben mir Wahrheit gelobt und müssen mir Wort halten," fuhr der Prophet fort: "es geht zu Ende mit mir! Wie lange kann es noch dauern?"
Der Wundarzt ergriff seine Hand und prüfte den Puls; dann sagte er mit leiser Stimme:
-- "Eine Stunde, höchstens zwei!"
-- "Gut, ich danke Jhnen, Sir! Und nun noch eine Bitte: bestellen Sie den jungen Deutschen, Mr. Arnold, augenblicklich zu mir her: ich muß ihn spre-
einer Wuth und Verzweiflung, die deutlich zeigten, daß er den Tod ſuchte.
Es ſollte ihm ſo gut nicht werden, mit den Waf- fen in der Hand auf dem Kampfplatze zu fallen: einer der Soldaten verſetzte ihm mit dem Gewehrkol- ben einen ſolchen Schlag auf den Arm, daß die Kno- chen darin zerſplitterten und die Andern benutzten ſeine Entwaffnung, um ihn zu Boden zu reißen, zu knebeln und zurück in das Gefängniß zu bringen.
Hier lag er lange in tiefer Ohnmacht. Als er aus derſelben erwachte und denſelben Wundarzt mit ſich beſchäftigt ſah, welcher ihn ſchon früher verbun- den hatte, ſagte er mit kaum vernehmbarer Stimme:
„C’est le commencement de la fin?“ nicht wahr?“
Der junge Mann ſchwieg und ſah vor ſich nieder.
— „Sie haben mir Wahrheit gelobt und müſſen mir Wort halten,“ fuhr der Prophet fort: „es geht zu Ende mit mir! Wie lange kann es noch dauern?“
Der Wundarzt ergriff ſeine Hand und prüfte den Puls; dann ſagte er mit leiſer Stimme:
— „Eine Stunde, höchſtens zwei!“
— „Gut, ich danke Jhnen, Sir! Und nun noch eine Bitte: beſtellen Sie den jungen Deutſchen, Mr. Arnold, augenblicklich zu mir her: ich muß ihn ſpre-
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einer Wuth und Verzweiflung, die deutlich zeigten,
daß er den Tod ſuchte.
Es ſollte ihm ſo gut nicht werden, mit den Waf-
fen in der Hand auf dem Kampfplatze zu fallen:
einer der Soldaten verſetzte ihm mit dem Gewehrkol-
ben einen ſolchen Schlag auf den Arm, daß die Kno-
chen darin zerſplitterten und die Andern benutzten
ſeine Entwaffnung, um ihn zu Boden zu reißen, zu
knebeln und zurück in das Gefängniß zu bringen.
Hier lag er lange in tiefer Ohnmacht. Als er
aus derſelben erwachte und denſelben Wundarzt mit
ſich beſchäftigt ſah, welcher ihn ſchon früher verbun-
den hatte, ſagte er mit kaum vernehmbarer Stimme:
„C’est le commencement de la fin?“ nicht
wahr?“
Der junge Mann ſchwieg und ſah vor ſich nieder.
— „Sie haben mir Wahrheit gelobt und müſſen
mir Wort halten,“ fuhr der Prophet fort: „es geht
zu Ende mit mir! Wie lange kann es noch dauern?“
Der Wundarzt ergriff ſeine Hand und prüfte
den Puls; dann ſagte er mit leiſer Stimme:
— „Eine Stunde, höchſtens zwei!“
— „Gut, ich danke Jhnen, Sir! Und nun noch
eine Bitte: beſtellen Sie den jungen Deutſchen, Mr.
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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/180>, abgerufen am 19.02.2025.
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