Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.sich dann mit dem Gesichte gegen mich. Ich war überrascht, denn jetzt erst sah ich, wie schön sie war. Mehrere junge Leute, die sich an einem Seitentische der schlechtem Weine lustig machten, schienen, nach ihrer Art, nicht weniger Wohlgefallen an dem Mädchen zu finden. Zwei von ihnen waren aufgestanden und machten Miene, sich dem schönen Kinde zu nähern. Sie hatte es bemerkt und suchte ihnen auszuweichen; aber die muthwilligen Bursche vertraten ihr den Weg, und einer faßte sie ziemlich tölpisch an. Unwillig riß sie sich los und verdoppelte ihre Schritte, um über den Hofraum zu kommen. Als sie an mir vorbei ging, sah ich Thränen in ihren großen blauen Augen; ihre Wangen glühten, sie wandte das Gesicht hinweg, als schäme sie sich, einen Zeugen der ihr widerfahrenen Beleidigung zu haben. Unwillkürlich folgte ich der anziehenden Erscheinung, die, durch das Thor an meinem Wagen vorbei eilend, meinen Blicken bald entschwand. Paul, als er sie gewahr wurde, stutzte und sah schalkhaft lächelnd nach mir um. War's das? Ja, dann freilich! hörte ich ihn murmeln, als ich ihm näher kam. Nun, ist der Wagen fertig? fragte ich, -- Das geht so geschwind nicht, Herr! Aber der Meister macht es recht ordentlich. -- Sieh, wo der Postillon ist, erwiderte ich ernsthaft. Paul ging, mit drollig-bedenklichem Kopfschütteln. -- Ich sah mich nach den zwei Burschen um, deren ungeschliffenes Betragen das schöne Mädchen erröthen gemacht und mir, ohne ihr Verdienst sich dann mit dem Gesichte gegen mich. Ich war überrascht, denn jetzt erst sah ich, wie schön sie war. Mehrere junge Leute, die sich an einem Seitentische der schlechtem Weine lustig machten, schienen, nach ihrer Art, nicht weniger Wohlgefallen an dem Mädchen zu finden. Zwei von ihnen waren aufgestanden und machten Miene, sich dem schönen Kinde zu nähern. Sie hatte es bemerkt und suchte ihnen auszuweichen; aber die muthwilligen Bursche vertraten ihr den Weg, und einer faßte sie ziemlich tölpisch an. Unwillig riß sie sich los und verdoppelte ihre Schritte, um über den Hofraum zu kommen. Als sie an mir vorbei ging, sah ich Thränen in ihren großen blauen Augen; ihre Wangen glühten, sie wandte das Gesicht hinweg, als schäme sie sich, einen Zeugen der ihr widerfahrenen Beleidigung zu haben. Unwillkürlich folgte ich der anziehenden Erscheinung, die, durch das Thor an meinem Wagen vorbei eilend, meinen Blicken bald entschwand. Paul, als er sie gewahr wurde, stutzte und sah schalkhaft lächelnd nach mir um. War's das? Ja, dann freilich! hörte ich ihn murmeln, als ich ihm näher kam. Nun, ist der Wagen fertig? fragte ich, — Das geht so geschwind nicht, Herr! Aber der Meister macht es recht ordentlich. — Sieh, wo der Postillon ist, erwiderte ich ernsthaft. Paul ging, mit drollig-bedenklichem Kopfschütteln. — Ich sah mich nach den zwei Burschen um, deren ungeschliffenes Betragen das schöne Mädchen erröthen gemacht und mir, ohne ihr Verdienst <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0008"/> sich dann mit dem Gesichte gegen mich. Ich war überrascht, denn jetzt erst sah ich, wie schön sie war. Mehrere junge Leute, die sich an einem Seitentische der schlechtem Weine lustig machten, schienen, nach ihrer Art, nicht weniger Wohlgefallen an dem Mädchen zu finden. Zwei von ihnen waren aufgestanden und machten Miene, sich dem schönen Kinde zu nähern. Sie hatte es bemerkt und suchte ihnen auszuweichen; aber die muthwilligen Bursche vertraten ihr den Weg, und einer faßte sie ziemlich tölpisch an. Unwillig riß sie sich los und verdoppelte ihre Schritte, um über den Hofraum zu kommen. Als sie an mir vorbei ging, sah ich Thränen in ihren großen blauen Augen; ihre Wangen glühten, sie wandte das Gesicht hinweg, als schäme sie sich, einen Zeugen der ihr widerfahrenen Beleidigung zu haben. Unwillkürlich folgte ich der anziehenden Erscheinung, die, durch das Thor an meinem Wagen vorbei eilend, meinen Blicken bald entschwand. Paul, als er sie gewahr wurde, stutzte und sah schalkhaft lächelnd nach mir um. War's das? Ja, dann freilich! hörte ich ihn murmeln, als ich ihm näher kam.</p><lb/> <p>Nun, ist der Wagen fertig? fragte ich, — Das geht so geschwind nicht, Herr! Aber der Meister macht es recht ordentlich. — Sieh, wo der Postillon ist, erwiderte ich ernsthaft. Paul ging, mit drollig-bedenklichem Kopfschütteln. — Ich sah mich nach den zwei Burschen um, deren ungeschliffenes Betragen das schöne Mädchen erröthen gemacht und mir, ohne ihr Verdienst<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0008]
sich dann mit dem Gesichte gegen mich. Ich war überrascht, denn jetzt erst sah ich, wie schön sie war. Mehrere junge Leute, die sich an einem Seitentische der schlechtem Weine lustig machten, schienen, nach ihrer Art, nicht weniger Wohlgefallen an dem Mädchen zu finden. Zwei von ihnen waren aufgestanden und machten Miene, sich dem schönen Kinde zu nähern. Sie hatte es bemerkt und suchte ihnen auszuweichen; aber die muthwilligen Bursche vertraten ihr den Weg, und einer faßte sie ziemlich tölpisch an. Unwillig riß sie sich los und verdoppelte ihre Schritte, um über den Hofraum zu kommen. Als sie an mir vorbei ging, sah ich Thränen in ihren großen blauen Augen; ihre Wangen glühten, sie wandte das Gesicht hinweg, als schäme sie sich, einen Zeugen der ihr widerfahrenen Beleidigung zu haben. Unwillkürlich folgte ich der anziehenden Erscheinung, die, durch das Thor an meinem Wagen vorbei eilend, meinen Blicken bald entschwand. Paul, als er sie gewahr wurde, stutzte und sah schalkhaft lächelnd nach mir um. War's das? Ja, dann freilich! hörte ich ihn murmeln, als ich ihm näher kam.
Nun, ist der Wagen fertig? fragte ich, — Das geht so geschwind nicht, Herr! Aber der Meister macht es recht ordentlich. — Sieh, wo der Postillon ist, erwiderte ich ernsthaft. Paul ging, mit drollig-bedenklichem Kopfschütteln. — Ich sah mich nach den zwei Burschen um, deren ungeschliffenes Betragen das schöne Mädchen erröthen gemacht und mir, ohne ihr Verdienst
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