Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

§ 18. Studien.
erlaubten, b diejenige der moralischen Handlungen vorstellen (welche
beiden Sphären einander bekanntlich nicht durchaus decken). Alsdann
sind die Handlungen a b unbedingt zu billigen oder wenigstens nicht
zu beanstanden (es sei denn unter Gesichtspunkten, wie der Klugheit,
Zweckmässigkeit, u. a. auf die wir hier keine Rücksicht nehmen wollen),
die Handlungen a1 b1 sind unbedingt zu verwerfen; dagegen können wir
die Handlungen der Klasse a b1 + a1 b (= c), welche nur gesetzlich oder
nur moralisch, aber nicht beides zugleich sind, für den Augenblick --
nur um etwa einen kurzen Namen für die Klasse zu haben -- "strit-
tige" oder "fragwürdige" nennen, sofern sie von dem Interpreten des
Gesetzes eine andere Beurteilung zu erfahren haben als wie vom Stand-
punkte der Moral. Noch besser vielleicht wird man sie "Konflikts-
handlungen" nennen, weil Derjenige, der sie begeht oder sich vor sie
gestellt sieht, sich in Konflikt befindet oder in solchen gerät zwischen
seinem eigenen sittlichen Bewusstsein und demjenigen seiner Nation
soweit es in der Gesetzgebung zum Ausdruck gelangt ist.

Nach unserm Satze müssen dann auch die gesetzlichen Handlungen
entweder moralische oder aber Konfliktshandlungen sein, und um-
gekehrt. Desgleichen müssen diejenigen Handlungen welche frag-
würdig (Konfliktsh.) oder aber gesetzlich sind, moralische sein, und
umgekehrt.

Stellt man einen Ausdruck a b1 + a1 b symbolisch als eine Knüpfung
a b von a mit b dar, so ist diese Knüpfung einerseits, wie erwähnt, eine
kommutative, es ist a b = b a, zugleich ist sie nach Jevons' Satze auch
eindeutig umkehrbar, und befolgt in Bezug auf ihre Umkehrungen das Gesetz,
dass sooft c = a b ist, auch a = b c und b = c a sein muss. Man
beweise, dass allgemein auch:
(a b) a = b = a (b a)
sein wird. Die Knüpfung genügt überhaupt den Gesetzen des in Anhang 5
unter "Beleg 6" angeführten Algorithmus Q0. --

r) Wir haben gelernt, jede beliebige Subsumtion a b auf ver-
schiedene Arten in eine Gleichung umzuwandeln, welche ganz das
nämliche sagt -- cf. Th. 20) und 38).

Umgekehrt hingegen mochte eine Gleichung a = b nach Def. (1)
durch zwei als gleichzeitig geltend hingestellte Subsumtionen a b
und b a ersetzt werden.

Hier liegt die Frage nahe, ob es nicht auch angängig ist, jede
beliebige Gleichung umzuschreiben in eine einzige Subsumtion.

Diese Frage beantwortet in bejahendem Sinne -- das

§ 18. Studien.
erlaubten, b diejenige der moralischen Handlungen vorstellen (welche
beiden Sphären einander bekanntlich nicht durchaus decken). Alsdann
sind die Handlungen a b unbedingt zu billigen oder wenigstens nicht
zu beanstanden (es sei denn unter Gesichtspunkten, wie der Klugheit,
Zweckmässigkeit, u. a. auf die wir hier keine Rücksicht nehmen wollen),
die Handlungen a1 b1 sind unbedingt zu verwerfen; dagegen können wir
die Handlungen der Klasse a b1 + a1 b (= c), welche nur gesetzlich oder
nur moralisch, aber nicht beides zugleich sind, für den Augenblick —
nur um etwa einen kurzen Namen für die Klasse zu haben — „strit-
tige“ oder „fragwürdige“ nennen, sofern sie von dem Interpreten des
Gesetzes eine andere Beurteilung zu erfahren haben als wie vom Stand-
punkte der Moral. Noch besser vielleicht wird man sie „Konflikts-
handlungen“ nennen, weil Derjenige, der sie begeht oder sich vor sie
gestellt sieht, sich in Konflikt befindet oder in solchen gerät zwischen
seinem eigenen sittlichen Bewusstsein und demjenigen seiner Nation
soweit es in der Gesetzgebung zum Ausdruck gelangt ist.

Nach unserm Satze müssen dann auch die gesetzlichen Handlungen
entweder moralische oder aber Konfliktshandlungen sein, und um-
gekehrt. Desgleichen müssen diejenigen Handlungen welche frag-
würdig (Konfliktsh.) oder aber gesetzlich sind, moralische sein, und
umgekehrt.

Stellt man einen Ausdruck a b1 + a1 b symbolisch als eine Knüpfung
ab von a mit b dar, so ist diese Knüpfung einerseits, wie erwähnt, eine
kommutative, es ist ab = ba, zugleich ist sie nach Jevons' Satze auch
eindeutig umkehrbar, und befolgt in Bezug auf ihre Umkehrungen das Gesetz,
dass sooft c = ab ist, auch a = bc und b = ca sein muss. Man
beweise, dass allgemein auch:
(ab) ∘ a = b = a ∘ (ba)
sein wird. Die Knüpfung genügt überhaupt den Gesetzen des in Anhang 5
unter „Beleg 6“ angeführten Algorithmus Q0. —

ϱ) Wir haben gelernt, jede beliebige Subsumtion ab auf ver-
schiedene Arten in eine Gleichung umzuwandeln, welche ganz das
nämliche sagt — cf. Th. 20) und 38).

Umgekehrt hingegen mochte eine Gleichung a = b nach Def. (1)
durch zwei als gleichzeitig geltend hingestellte Subsumtionen ab
und ba ersetzt werden.

Hier liegt die Frage nahe, ob es nicht auch angängig ist, jede
beliebige Gleichung umzuschreiben in eine einzige Subsumtion.

Diese Frage beantwortet in bejahendem Sinne — das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0401" n="381"/><fw place="top" type="header">§ 18. Studien.</fw><lb/>
erlaubten, <hi rendition="#i">b</hi> diejenige der moralischen Handlungen vorstellen (welche<lb/>
beiden Sphären einander bekanntlich nicht durchaus decken). Alsdann<lb/>
sind die Handlungen <hi rendition="#i">a b</hi> unbedingt zu billigen oder wenigstens nicht<lb/>
zu beanstanden (es sei denn unter Gesichtspunkten, wie der Klugheit,<lb/>
Zweckmässigkeit, u. a. auf die wir hier keine Rücksicht nehmen wollen),<lb/>
die Handlungen <hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">b</hi><hi rendition="#sub">1</hi> sind unbedingt zu verwerfen; dagegen können wir<lb/>
die Handlungen der Klasse <hi rendition="#i">a b</hi><hi rendition="#sub">1</hi> + <hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">b</hi> (= <hi rendition="#i">c</hi>), welche nur gesetzlich oder<lb/>
nur moralisch, aber nicht beides zugleich sind, für den Augenblick &#x2014;<lb/>
nur um etwa einen kurzen Namen für die Klasse zu haben &#x2014; &#x201E;strit-<lb/>
tige&#x201C; oder &#x201E;fragwürdige&#x201C; nennen, sofern sie von dem Interpreten des<lb/>
Gesetzes eine andere Beurteilung zu erfahren haben als wie vom Stand-<lb/>
punkte der Moral. Noch besser vielleicht wird man sie &#x201E;Konflikts-<lb/>
handlungen&#x201C; nennen, weil Derjenige, der sie begeht oder sich vor sie<lb/>
gestellt sieht, sich in Konflikt befindet oder in solchen gerät zwischen<lb/>
seinem eigenen sittlichen Bewusstsein und demjenigen seiner Nation<lb/>
soweit es in der Gesetzgebung zum Ausdruck gelangt ist.</p><lb/>
          <p>Nach unserm Satze müssen dann auch die gesetzlichen Handlungen<lb/>
entweder moralische oder aber Konfliktshandlungen sein, und um-<lb/>
gekehrt. Desgleichen müssen diejenigen Handlungen welche frag-<lb/>
würdig (Konfliktsh.) oder aber gesetzlich sind, moralische sein, und<lb/>
umgekehrt.</p><lb/>
          <p>Stellt man einen Ausdruck <hi rendition="#i">a b</hi><hi rendition="#sub">1</hi> + <hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">b</hi> symbolisch als eine Knüpfung<lb/><hi rendition="#i">a</hi> &#x2218; <hi rendition="#i">b</hi> von <hi rendition="#i">a</hi> mit <hi rendition="#i">b</hi> dar, so ist diese Knüpfung einerseits, wie erwähnt, eine<lb/><hi rendition="#i">kommutative,</hi> es ist <hi rendition="#i">a</hi> &#x2218; <hi rendition="#i">b</hi> = <hi rendition="#i">b</hi> &#x2218; <hi rendition="#i">a</hi>, zugleich ist sie nach <hi rendition="#g">Jevons'</hi> Satze auch<lb/><hi rendition="#i">eindeutig umkehrbar,</hi> und befolgt in Bezug auf ihre Umkehrungen das Gesetz,<lb/>
dass sooft <hi rendition="#i">c</hi> = <hi rendition="#i">a</hi> &#x2218; <hi rendition="#i">b</hi> ist, auch <hi rendition="#i">a</hi> = <hi rendition="#i">b</hi> &#x2218; <hi rendition="#i">c</hi> und <hi rendition="#i">b</hi> = <hi rendition="#i">c</hi> &#x2218; <hi rendition="#i">a</hi> sein muss. Man<lb/>
beweise, dass allgemein auch:<lb/><hi rendition="#c">(<hi rendition="#i">a</hi> &#x2218; <hi rendition="#i">b</hi>) &#x2218; <hi rendition="#i">a</hi> = <hi rendition="#i">b</hi> = <hi rendition="#i">a</hi> &#x2218; (<hi rendition="#i">b</hi> &#x2218; <hi rendition="#i">a</hi>)</hi><lb/>
sein wird. Die Knüpfung genügt überhaupt den Gesetzen des in Anhang 5<lb/>
unter &#x201E;Beleg 6&#x201C; angeführten Algorithmus <hi rendition="#i">Q</hi><hi rendition="#sub">0</hi>. &#x2014;</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">&#x03F1;</hi>) Wir haben gelernt, jede beliebige Subsumtion <hi rendition="#i">a</hi> &#x22F9; <hi rendition="#i">b</hi> auf ver-<lb/>
schiedene Arten in <hi rendition="#i">eine</hi> Gleichung umzuwandeln, welche ganz das<lb/>
nämliche sagt &#x2014; cf. Th. 20) und 38).</p><lb/>
          <p>Umgekehrt hingegen mochte eine Gleichung <hi rendition="#i">a</hi> = <hi rendition="#i">b</hi> nach Def. (1)<lb/>
durch <hi rendition="#i">zwei</hi> als gleichzeitig geltend hingestellte Subsumtionen <hi rendition="#i">a</hi> &#x22F9; <hi rendition="#i">b</hi><lb/>
und <hi rendition="#i">b</hi> &#x22F9; <hi rendition="#i">a</hi> ersetzt werden.</p><lb/>
          <p>Hier liegt die Frage nahe, ob es nicht auch angängig ist, jede<lb/>
beliebige Gleichung umzuschreiben in <hi rendition="#i">eine einzige</hi> Subsumtion.</p><lb/>
          <p>Diese Frage beantwortet in bejahendem Sinne &#x2014; das</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[381/0401] § 18. Studien. erlaubten, b diejenige der moralischen Handlungen vorstellen (welche beiden Sphären einander bekanntlich nicht durchaus decken). Alsdann sind die Handlungen a b unbedingt zu billigen oder wenigstens nicht zu beanstanden (es sei denn unter Gesichtspunkten, wie der Klugheit, Zweckmässigkeit, u. a. auf die wir hier keine Rücksicht nehmen wollen), die Handlungen a1 b1 sind unbedingt zu verwerfen; dagegen können wir die Handlungen der Klasse a b1 + a1 b (= c), welche nur gesetzlich oder nur moralisch, aber nicht beides zugleich sind, für den Augenblick — nur um etwa einen kurzen Namen für die Klasse zu haben — „strit- tige“ oder „fragwürdige“ nennen, sofern sie von dem Interpreten des Gesetzes eine andere Beurteilung zu erfahren haben als wie vom Stand- punkte der Moral. Noch besser vielleicht wird man sie „Konflikts- handlungen“ nennen, weil Derjenige, der sie begeht oder sich vor sie gestellt sieht, sich in Konflikt befindet oder in solchen gerät zwischen seinem eigenen sittlichen Bewusstsein und demjenigen seiner Nation soweit es in der Gesetzgebung zum Ausdruck gelangt ist. Nach unserm Satze müssen dann auch die gesetzlichen Handlungen entweder moralische oder aber Konfliktshandlungen sein, und um- gekehrt. Desgleichen müssen diejenigen Handlungen welche frag- würdig (Konfliktsh.) oder aber gesetzlich sind, moralische sein, und umgekehrt. Stellt man einen Ausdruck a b1 + a1 b symbolisch als eine Knüpfung a ∘ b von a mit b dar, so ist diese Knüpfung einerseits, wie erwähnt, eine kommutative, es ist a ∘ b = b ∘ a, zugleich ist sie nach Jevons' Satze auch eindeutig umkehrbar, und befolgt in Bezug auf ihre Umkehrungen das Gesetz, dass sooft c = a ∘ b ist, auch a = b ∘ c und b = c ∘ a sein muss. Man beweise, dass allgemein auch: (a ∘ b) ∘ a = b = a ∘ (b ∘ a) sein wird. Die Knüpfung genügt überhaupt den Gesetzen des in Anhang 5 unter „Beleg 6“ angeführten Algorithmus Q0. — ϱ) Wir haben gelernt, jede beliebige Subsumtion a ⋹ b auf ver- schiedene Arten in eine Gleichung umzuwandeln, welche ganz das nämliche sagt — cf. Th. 20) und 38). Umgekehrt hingegen mochte eine Gleichung a = b nach Def. (1) durch zwei als gleichzeitig geltend hingestellte Subsumtionen a ⋹ b und b ⋹ a ersetzt werden. Hier liegt die Frage nahe, ob es nicht auch angängig ist, jede beliebige Gleichung umzuschreiben in eine einzige Subsumtion. Diese Frage beantwortet in bejahendem Sinne — das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/401
Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/401>, abgerufen am 22.11.2024.