Bei beliebigen Relativen x, y würde ein solcher Satz inbezug auf y = a ; x und x = a ; y, wie man sogleich übersieht, keineswegs zu gelten brauchen -- woraus die Notwendigkeit unsrer Bemerkung S. 574 erhellt, dass für die Funktions- und Argumentwerte Elementbuchstaben verwendet werden müssen.
Von dem Begriff der Funktion als eines binären Relativs, d. i. vom Funktionsbegriff in seiner Anwendung auf den (ersten) Denkbereich 11der (Zahlen oder) Elemente, ist natürlich der Funktionsbegriff mit Beziehung auf den (zweiten) Denkbereich 12 der binären Relative, d. i. der Begriff der "Relativfunktion" -- wie er S. 35, 153 von uns erklärt worden -- wohl zu unterscheiden!
So, wie es bis jetzt für Funktionen und Argumente geschah, wollen wir auch sofort darangehn inbezug auf die Substitutionen alles für den Mathematiker Befremdliche wonicht Anstössige in unsern Auf- stellungen S. 569 sq. zu beheben oder aus dem Wege zu räumen und die Überzeugung von der wesentlichen Einheit des Substitutionsbegriffs in den beiderlei Disziplinen zu festigen.
"Befremdliches" ist auf den ersten Blick nicht wenig vorhanden: der Mathematiker ist es gewohnt mit Substitutionen zu operiren als mit "Pro- dukten" von "Cyklen"; hier aber werden wir sie erhalten als "Summen" von Elementepaaren, die sich in Cyklen ordnen lassen! Wie ist das zu reimen? Eine Summe sind wir gewohnt im Aussagenkalkul als eine Alter- native zu deuten, und dennoch wird auch unsre Substitution die gleichzeitige Ersetzung gewisser Elemente durch andre, nämlich der Relate in den Ele- mentepaaren durch ihre Korrelate fordern! Ein "identisches" kann das "Produkt" der Cyklen, aus denen eine Substitution "besteht", auch jeden- falls nicht sein, da solche Cyklen niemals ein Auge gemein haben, somit ihr identisches Produkt allemal verschwinden müsste. Und andres mehr: Schon dass die Substitution (auch "Permutation") von Hause aus einen Prozess, Vorgang, eine Operation bedeutet oder vorschreibt, das Relativ aber sich als fertiges Erzeugniss einer solchen, als ein Gebilde darstellt, könnte das behauptete Zusammenfallen beider paradox erscheinen lassen.
Ich will zu dergleichen Fragen zunächst einmal "Stellung nehmen", die Beweise in aller Form zum Teil später erst erbringend. Vor allem ist zu sagen:
Der relative Modul 1' ist -- beispielsweise -- eine Substitution (D 30). Denn für a = 1' erweisen sich alle vier Bedingungen A in 5) bis 8) auf den ersten Blick als erfüllt. Derselbe wird auch die identische Sub- stitution*) genannt und stellt ein Abbildungsprinzip vor, bei welchem jedes Element ausschliesslich Bild von sich selber (desgleichen auch sein eignes Objekt) sein soll. Eine solche Abbildung, die somit alles un- geändert lässt, pflegt auch die identische Abbildung genannt zu werden.
*) Die Substitutionentheorie bezeichnet ihn blos mit 1, welchen Namen wir hier dem absoluten Modul beigelegt haben. Cf. S. 34.
Zwölfte Vorlesung.
Bei beliebigen Relativen x, y würde ein solcher Satz inbezug auf y = a ; x und x = ă ; y, wie man sogleich übersieht, keineswegs zu gelten brauchen — woraus die Notwendigkeit unsrer Bemerkung S. 574 erhellt, dass für die Funktions- und Argumentwerte Elementbuchstaben verwendet werden müssen.
Von dem Begriff der Funktion als eines binären Relativs, d. i. vom Funktionsbegriff in seiner Anwendung auf den (ersten) Denkbereich 11der (Zahlen oder) Elemente, ist natürlich der Funktionsbegriff mit Beziehung auf den (zweiten) Denkbereich 12 der binären Relative, d. i. der Begriff der „Relativfunktion“ — wie er S. 35, 153 von uns erklärt worden — wohl zu unterscheiden!
So, wie es bis jetzt für Funktionen und Argumente geschah, wollen wir auch sofort darangehn inbezug auf die Substitutionen alles für den Mathematiker Befremdliche wonicht Anstössige in unsern Auf- stellungen S. 569 sq. zu beheben oder aus dem Wege zu räumen und die Überzeugung von der wesentlichen Einheit des Substitutionsbegriffs in den beiderlei Disziplinen zu festigen.
„Befremdliches“ ist auf den ersten Blick nicht wenig vorhanden: der Mathematiker ist es gewohnt mit Substitutionen zu operiren als mit „Pro- dukten“ von „Cyklen“; hier aber werden wir sie erhalten als „Summen“ von Elementepaaren, die sich in Cyklen ordnen lassen! Wie ist das zu reimen? Eine Summe sind wir gewohnt im Aussagenkalkul als eine Alter- native zu deuten, und dennoch wird auch unsre Substitution die gleichzeitige Ersetzung gewisser Elemente durch andre, nämlich der Relate in den Ele- mentepaaren durch ihre Korrelate fordern! Ein „identisches“ kann das „Produkt“ der Cyklen, aus denen eine Substitution „besteht“, auch jeden- falls nicht sein, da solche Cyklen niemals ein Auge gemein haben, somit ihr identisches Produkt allemal verschwinden müsste. Und andres mehr: Schon dass die Substitution (auch „Permutation“) von Hause aus einen Prozess, Vorgang, eine Operation bedeutet oder vorschreibt, das Relativ aber sich als fertiges Erzeugniss einer solchen, als ein Gebilde darstellt, könnte das behauptete Zusammenfallen beider paradox erscheinen lassen.
Ich will zu dergleichen Fragen zunächst einmal „Stellung nehmen“, die Beweise in aller Form zum Teil später erst erbringend. Vor allem ist zu sagen:
Der relative Modul 1' ist — beispielsweise — eine Substitution (D 30). Denn für a = 1' erweisen sich alle vier Bedingungen A in 5) bis 8) auf den ersten Blick als erfüllt. Derselbe wird auch die identische Sub- stitution*) genannt und stellt ein Abbildungsprinzip vor, bei welchem jedes Element ausschliesslich Bild von sich selber (desgleichen auch sein eignes Objekt) sein soll. Eine solche Abbildung, die somit alles un- geändert lässt, pflegt auch die identische Abbildung genannt zu werden.
*) Die Substitutionentheorie bezeichnet ihn blos mit 1, welchen Namen wir hier dem absoluten Modul beigelegt haben. Cf. S. 34.
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Zwölfte Vorlesung.
Bei beliebigen Relativen x, y würde ein solcher Satz inbezug auf
y = a ; x und x = ă ; y, wie man sogleich übersieht, keineswegs zu gelten
brauchen — woraus die Notwendigkeit unsrer Bemerkung S. 574 erhellt,
dass für die Funktions- und Argumentwerte Elementbuchstaben verwendet
werden müssen.
Von dem Begriff der Funktion als eines binären Relativs, d. i. vom
Funktionsbegriff in seiner Anwendung auf den (ersten) Denkbereich 11 der
(Zahlen oder) Elemente, ist natürlich der Funktionsbegriff mit Beziehung
auf den (zweiten) Denkbereich 12 der binären Relative, d. i. der Begriff
der „Relativfunktion“ — wie er S. 35, 153 von uns erklärt worden —
wohl zu unterscheiden!
So, wie es bis jetzt für Funktionen und Argumente geschah,
wollen wir auch sofort darangehn inbezug auf die Substitutionen alles
für den Mathematiker Befremdliche wonicht Anstössige in unsern Auf-
stellungen S. 569 sq. zu beheben oder aus dem Wege zu räumen und
die Überzeugung von der wesentlichen Einheit des Substitutionsbegriffs
in den beiderlei Disziplinen zu festigen.
„Befremdliches“ ist auf den ersten Blick nicht wenig vorhanden: der
Mathematiker ist es gewohnt mit Substitutionen zu operiren als mit „Pro-
dukten“ von „Cyklen“; hier aber werden wir sie erhalten als „Summen“
von Elementepaaren, die sich in Cyklen ordnen lassen! Wie ist das zu
reimen? Eine Summe sind wir gewohnt im Aussagenkalkul als eine Alter-
native zu deuten, und dennoch wird auch unsre Substitution die gleichzeitige
Ersetzung gewisser Elemente durch andre, nämlich der Relate in den Ele-
mentepaaren durch ihre Korrelate fordern! Ein „identisches“ kann das
„Produkt“ der Cyklen, aus denen eine Substitution „besteht“, auch jeden-
falls nicht sein, da solche Cyklen niemals ein Auge gemein haben, somit
ihr identisches Produkt allemal verschwinden müsste. Und andres mehr:
Schon dass die Substitution (auch „Permutation“) von Hause aus einen
Prozess, Vorgang, eine Operation bedeutet oder vorschreibt, das Relativ
aber sich als fertiges Erzeugniss einer solchen, als ein Gebilde darstellt,
könnte das behauptete Zusammenfallen beider paradox erscheinen lassen.
Ich will zu dergleichen Fragen zunächst einmal „Stellung nehmen“, die
Beweise in aller Form zum Teil später erst erbringend. Vor allem ist zu
sagen:
Der relative Modul 1' ist — beispielsweise — eine Substitution (D 30).
Denn für a = 1' erweisen sich alle vier Bedingungen A in 5) bis 8)
auf den ersten Blick als erfüllt. Derselbe wird auch die identische Sub-
stitution *) genannt und stellt ein Abbildungsprinzip vor, bei welchem
jedes Element ausschliesslich Bild von sich selber (desgleichen auch sein
eignes Objekt) sein soll. Eine solche Abbildung, die somit alles un-
geändert lässt, pflegt auch die identische Abbildung genannt zu werden.
*) Die Substitutionentheorie bezeichnet ihn blos mit 1, welchen Namen wir
hier dem absoluten Modul beigelegt haben. Cf. S. 34.
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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895, S. 576. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik03_1895/590>, abgerufen am 23.11.2024.
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